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21.03.09 / Zu viel Risiko / Soziologe verliert sich in Theorien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-09 vom 21. März 2009

Zu viel Risiko
Soziologe verliert sich in Theorien

Die Wohlstandsruhe, in der sich unsere Gesellschaft nach der Katastrophe von Tschernobyl wieder eingerichtet hatte, sei angesichts diverser globaler Gefahren endgültig an ihr Ende gelangt, befindet der Gesellschaftstheoretiker Ulrich Beck, geboren 1944 in Stolp.

Bereits nach Tschernobyl hatte er den Begriff Risikogesellschaft kreiert und zum Titel eines Buches gemacht. Mittlerweile, so gesteht der Professor an der London School of Economics und der Universität von München, beschleiche ihn ein Gefühl der Rührung beim Lesen des Buches. Im 21. Jahrhundert sei der Traum von immerwährender Prosperität endgültig ausgeträumt, habe sich der Zusammenprall der Kulturen tatsächlich ereignet.

Nicht aus Fehlern, sondern aus den Erfolgen der Modernisierung seien die größten Gefahren und Unsicherheiten entstanden einschließlich der Möglichkeit der Selbstvernichtung. Dabei gehe von der Klimaerwärmung die höchste Gefahr aus. Die Industrialisierung sei in einen „Prozeß der Selbstauflösung“ eingetreten, stellt der Soziologe fest. Die Rede von der Wissensgesellschaft gelte nicht mehr. Inzwischen bilden alle Nationen gemeinsam eine „Weltrisikogesellschaft“; diesen Titel trägt Becks neues, im Wissenschaftsjargon abgefaßtes Werk, das dem geneigten Leser ein ziemlich hohes Maß an Konzentration abverlangt.

Darin beschäftigt er sich vorwiegend mit den Wahrnehmungen möglicher globaler Risiken. Sämtliche vorstellbaren Katastrophen, seien es ökologische, ökonomische und terroristische, haben globale Auswirkungen oder könnten sie erreichen.

Als Verursacher der meisten Gefahren benennt Beck die transnationalen Konzerne. Dementsprechend bestehe nur noch die Möglichkeit, die Kräfte transnational zu bündeln, um wirksam gegenzusteuern. Doch genau gegen diese Bestrebungen sind bereits erhebliche Widerstände auszumachen, es zeichne sich ein Ringen zwischen zivilgesellschaftlichen Bewegungen und Großkonzernen wegen der zu treffenden Maßnahmen ab.

Der Autor rückt die „Zwangskonsumenten der Gefahren“ ins Blickfeld: Diejenigen, die die Vorteile der Risiken genießen, und seien es Kriegführende der jeweils stärkeren Seite, sind nicht dieselben wie jene, die die Nachteile ausbaden müssen.

Der ständig verwendete Begriff „Risiko“ und das Verharren in der Theorie angesichts konkreter Bedrohungen dienen nicht der Aufklärung von Sachverhalten, um die es letztendlich geht. Das ist aber auch nicht die vorrangige Aufgabe der Soziologie.

Beck dringt einstweilen darauf, daß die globalen Risiken endlich konsequent zu Ende gedacht werden, um ein internationales Kooperieren herbeizuführen, ja, zu erzwingen. Darin läge die einzige Chance. Der Handlungsdruck erhöhe sich ansonsten allzu langsam.          Dagmar Jestrzemski

Ulrich Beck: „Weltrisikogesellschaft – Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit“, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2008, broschiert, 439 Seiten, 19,80 Euro


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