19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
28.03.09 / Zwei Besuche in 24 Stunden / Angela Merkel umwirbt den BdV – Aber erneut Warnung vor »Umschreibung der Geschichte«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-09 vom 28. März 2009

Zwei Besuche in 24 Stunden
Angela Merkel umwirbt den BdV – Aber erneut Warnung vor »Umschreibung der Geschichte«

Mit gleich zwei Besuchen in nur 24 Stunden hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Vertriebenen umworben. Sie bekannte sich zum Recht des BdV, zu entscheiden, wen er in den Rat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ entsenden will. Substanzielle Zusagen blieben aber aus.

Wenn es nur um das politische Signal der Präsenz ginge, dann könnten sich die deutschen Vertriebenen über Angela Merkel in keiner Weise beklagen. Bereits mehrfach besuchte sie die zentralen Kundgebungen zum Tag der Heimat, außerdem ist sie, wie BdV-Präsidentin Erika Steinbach beim Jahresempfang des BdV in Berlin würdigte, die erste und bisher einzige deutsche Regierungschefin, die einem Jahresempfang des BdV die Ehre erwies − und das nun bereits zum dritten Mal.

Steinbach kritisierte in keiner Weise das große Schweigen der CDU-Vorsitzenden, als es um die Besetzung der drei dem BdV zustehenden Sitze im Stiftungsrat des in Berlin geplanten Dokumentationszentrums ging, im Gegenteil. „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“ lobte sie am Dienstag voriger Woche im Berliner Opernpalais den Einsatz Merkels, ohne den das Zentrum gar nicht erst in den Koalitionsvertrag gekommen wäre. Auch habe Merkel nie zum Nachteil der Vertriebenen gesprochen − im Gegensatz zu ihrem Vorgänger, der dies sogar von Warschau aus getan habe.

Merkel ihrerseits warb um Verständnis dafür, daß Fortschritte bei der Errichtung der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ nur möglich geworden seien, indem der Bund der Vertriebenen den für seine Präsidentin vorgesehenen Sitz nun unbesetzt lasse.

Etwas unklar blieb dabei, ob dieser Verzicht aus Sicht der Bundeskanzlerin endgültig ist oder nicht. Während Merkel nämlich das prinzipielle Recht des BdV betonte, die ihm zustehenden drei Sitze nach eigener Entscheidung zu besetzen, und Steinbach sogar vom „wunderbaren Damoklesschwert“ ihrer möglicherweise späteren Nominierung für diese Funktion sprach, pochte die SPD sofort darauf, daß der Verzicht auf die Nominierung Steinbachs endgültig sein müsse. Genauer gesagt: SPD-Fraktionschef Peter Struck forderte in überraschend schneidigem Ton, eine „ganz klare Erklärung der Bundesregierung und des Bundes der Vertriebenen, daß Frau Steinbach niemals diesem Gremium angehören wird“.

Legt man diese drei Äußerungen nebeneinander auf den „Seziertisch“, so bleibt in der Tat die Hoffnung, daß Frau Steinbach das ihr zustehende Mandat später − gewiß nicht mehr vor der Bundestagswahl – noch wahrnehmen könne: Gäbe es eine feste Absprache zwischen Union und SPD gegen Steinbach, daß diese nicht zum Zuge kommen werde, hätte Struck keine entsprechende „klare Erklärung“ einfordern müssen. Wer allerdings das politische Geschäft kennt, weiß, daß eine solche Absprache dennoch existieren kann, Struck dies aber wegen vereinbarter Vertraulichkeit nicht öffentlich machen konnte und deswegen hilfsweise die bereits gegebene Zusage erst noch einforderte.

Wie sehr die Debatte über das Thema „Zentrum“ von innenpolitischen Überlegungen − sprich den bevorstehnden Wahlen − geprägt ist, gab an diesem Abend auch Frau Steinbach zu erkennen, als sie den Verzicht auf ihre Nominierung ganz mit der Blockadehaltung der SPD begründete und genau wie die Kanzlerin die unsäglichen polnischen Attacken gegen ihre Person unerwähnt ließ. Nahezu 2000 Anschreiben habe sie, Steinbach, in Sachen „Zentrum“ erhalten und wisse daher, daß vielen Menschen die Solidarität Merkels mit den deutschen Vertriebenen nicht bekannt sei. „Deshalb sage ich es hier mit allem Nachdruck: Die deutsche Bundeskanzlerin steht an unserer Seite.“

Bereits am Tag darauf sprach Merkel erneut vor Vertriebenen, als sie die Schlußrede auf dem Kongreß „Wandel und Erinnerung“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hielt. Zu der Veranstaltung luden Fraktionschef Volker Kauder und der Vorsitzende der Vertriebenengruppe der Fraktion, Jochen-Konrad Fromme. Auch sonst war das Treffen mit drei Podiumsdiskussionen und zwei Impulsreferaten breit und prominent besetzt, zu den Referenten gehörten Hellmuth Karasek und Michael Stürmer.

Inhaltlich brachte der Kongreß indessen wenig wirkliche Impulse. Auch Fraktionschef Volker Kauder, gewiß ein eher Konservativer in der CDU und zudem Kind vertriebener Jugoslawiendeutscher, warnte vor einer Umschreibung der Geschichte und erklärte ähnlich wie Merkel am Vortag („Wir kennen Ursache und Wirkung“), „der Nationalsozialismus war die Ursache für Flucht und Vertreibung“.

Diese simple Kausalität, die übrigens zwischen dem Versailler Vertrag und der Machtergreifung Hitlers wohl niemand so ziehen würde, wurde in den 1950er Jahren in Deutschland fast nur von SED und KPD vertreten. In den neunziger Jahren hat Joschka Fischer sie in den Diskurs der Demokraten eingebracht, heute ist sie am konservativen Flügel der Union angekommen.

Die „Umschreibung der Geschichte“, vor der die CDU-Spitze warnt, hat hier also bereits stattgefunden (siehe auch Seite 8).                         Konrad Badenheuer

 

Auch in Polen Kritik an Bartoszewski

Die maßlosen Attacken des polnischen Staatssekretärs Wladyslaw Bartoszewski gegen BdV-Präsidentin Erika Steinbach haben nun auch in Polen ein kritisches Echo gefunden. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, genauer deren Warschau-Korrespondent Konrad Schuller, berichtete, hätten Ministerpräsident Donald Tusk und sein Staatssekretär Bartoszewski nach dem vorläufigen Verzicht des BdV auf die Nominierung Steinbachs zwar „einen Augenblick im Siegeskranz geglänzt“. Doch hätten Bartoszewski und ein Teil der Medien es nach diesem „Sieg über die in Warschau zur Staatsfeindin stilisierte Frau Steinbach“ versäumt, die Angriffe rechtzeitig einzustellen. Da es offenbar auch in Polen als grober Schnitzer gilt, nach einem solchen „Erfolg“ – so fragwürdig er auch sein mag – „nachzukarten“, habe sich Bartoszewski nun Kritik zugezogen. Von Sympathien für Frau Steinbach ist man offenbar noch weit entfernt, doch wird die Frage gestellt, ob das Vorgehen taktisch klug gewesen sei. So wird Bartoszewski vorgeworfen, daß Frau Steinbach durch die von ihm vorgenommene Gleichsetzung mit dem Holocaust-Leugner Williamson „erst jetzt zu einer wirklich wichtigen Politikerin geworden ist“. Der frühere polnische Außenminister Rotfeld empfahl der Regierung Tusk, den BdV zu ignorieren, da es sich „nicht lohne“ sich so intensiv mit Frau Steinbach auseinanderzusetzen. Wieder andere fragen unter Hinweis auf die Statuten der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“, ob Polen nicht besser beraten gewesen wäre, Frau Steinbach im Stiftungsrat zu „tolerieren“, weil sie so am besten zu „kontrollieren“ sei. Kritik fand auch Bartoszewskis Attacke auf den „SZ“-Korrespondenten Thomas Urban. „Ein Mitglied der polnischen Regierung, das einen deutschen Journalisten ein Schwein nennt, das ist nichts anderes als ein Angriff auf die freie Presse“, schrieb die Zeitung „Dziennik“.

Foto: Bei der CDU hat die Harmonie nicht gelitten: Erika Steinbach drückt Angela Merkel.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren