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28.03.09 / Die Balken biegen sich / Warum nimmt Schäuble die neue Pfeiffer-Studie ernst?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-09 vom 28. März 2009

Die Balken biegen sich
Warum nimmt Schäuble die neue Pfeiffer-Studie ernst?

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich „erschrocken“ über den Befund: Laut einer Untersuchung des Hannoveraner „Kriminologischen Instituts Niedersachsen“ (KFN) haben angeblich 3,8 Prozent aller 15jährigen bestätigt, Mitglied einer „Kameradschaft oder rechten Gruppe“ zu sein. Bei den Jungen seien es im Befragungszeitraum 2007 und 2008  4,9, bei den Mädchen immerhin 2,6 Prozent gewesen. Die Forscher des Institutsleiters Christian Pfeiffer (SPD) hatten bundesweit insgesamt 44610 15jährige befragt.

Das Beste an der Studie: Sie kann nicht stimmen, wie eine einfache Rechung zeigt. 1992 wurden in Deutschland rund etwa 730000 deutsche Kinder geboren – das sind genau die 15jährigen des Jahres 2007, auf die sich Pfeiffers Studie bezog. Wären unter ihnen 3,8 Prozent „Mitglieder einer Kameradschaft oder rechten Gruppe“, dann wären das knapp 28000 Jugendliche.

Daß BundesinnenministerSchäuble Pfeiffer diese Behauptung anscheinend abnimmt, verblüfft, wenn man nur einen Blick in den − vom Bundesinnenminister persönlich herausgegebenen – Verfassungschutzbericht des Jahres 2007 wirft. Dort heißt es auf Seite 59: „Das Personenpotenzial der Neonazi-Szene stieg im Jahr 2007 auf 4400 (2006: 4200). Die Szene organisiert sich größtenteils in sogenannten Kameradschaften, das heißt in kleinen Gruppen, die zur Vermeidung staatlicher Verbotsmaßnahmen den Anschein fester Vereinsstrukturen vermeiden ...“ Da der Verfassungschutzbericht an anderer Stelle keine weiteren „rechten Gruppen“ mit womöglich deutlich höherer Mitgliederzahl nennt, sind das offenbar genau die „Kameradschaften oder rechten Gruppen“ nach denen das KFN gefragt hatte. Im Klartext: Pfeiffer behauptet über sechsmal mehr organisierte Rechtsradikale allein unter den 15jährigen, als diese unappetitlichen Formationen unter allen Jahrgängen tatsächlich hatten.

Selbst wenn Pfeiffer alle 15jährigen Mitglieder der Jungen Union, der Kolping-Jugend, der christlichen Pfadfinder und der Freiwilligen Feuerwehr als „organisierte Rechte“ mitgerechnet und mit Neonazis in einen Topf geworfen hätte, wäre er kaum auf eine so große Zahl gekommen.

Bezeichnenderweise war das KFN auf Anfrage der Preußischen Allgemeinen Zeitung denn auch nicht bereit, Angaben über die Methode seiner Ausarbeitung zu machen oder die Formulierung der Fragestellung offenzulegen. Diese blieben „grundsätzlich“ unter Verschluß, erklärte eine Sprecherin. Was Christan Pfeiffer angeht, so sei daran erinnert, daß dieser Träger des Bundesverdienstkreuzes und frühere niedersächsiche Justizminister im Jahre 2000 mit einem unrichtigen Gutachten eine Schlüsselrolle bei der Auslösung des sogenannten Sebnitz-Skandals gespielt hat. Damals stand eine ganze Kleinstadt wochenlang unter Extremismusverdacht. Bundesinnenminister Schäuble hat auch diese Erfahrung nicht davon abgehalten, Pfeiffers neue „Untersuchung“ ernstzunehmen. K.B./H.H.


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