28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
28.03.09 / »Der Dollar wird geschlachtet« / Die US-Zentralbank bläht die Geldmenge auf – Hat Fed-Chef Bernanke auch eine Strategie gegen Inflation?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-09 vom 28. März 2009

»Der Dollar wird geschlachtet«
Die US-Zentralbank bläht die Geldmenge auf – Hat Fed-Chef Bernanke auch eine Strategie gegen Inflation?

Mit über 1,1 Billionen Dollar neuem Notenbankgeld soll die US-Konjunktur angekurbelt werden. Notenbankchef Ben Bernanke versichert, er habe eine Ausstiegsstrategie, um trotz der enormen Geldschöpfung Inflation zu vermeiden. Kritiker befürchten indessen nicht weniger als die „Schlachtung“ des US-Dollars.

Die US-Notenbank Federal Reserve erwartet nicht mehr, daß sich die am Boden liegende US-Konjunktur im laufenden Jahr erholen wird. Mit klassischer Zinspolitik ist dem Problem nicht beizukommen, denn die Notenbankzinsen liegen schon bei nahe Null. Dennoch ist noch keine Erholung des Kreditmarktes erkennbar, der seit Ende 2008 nur noch ein Zehntel des Umfangs von Mitte 2007 aufweist. Darum entschied sich die US-Notenbank zu einem radikalen Schritt: Die Rezession soll durch den massiven Aufkauf von hypothekengesicherten Anleihen im Wert von bis zu 1,25 Billionen Dollar, umgerechnet gut 875 Milliarden Euro, bekämpft werden. Das sind 750 Millionen Dollar mehr, als zunächst in Aussicht gestellt. Zusätzlich will die Federal Reserve im nächsten Halbjahr länger laufende US-Staatsanleihen im Wert von bis zu 300 Milliarden Dollar „vom Markt nehmen“.

Gerade letzteres, die Finanzierung des Staatshaushaltes aus Notenbankmitteln gilt unter Ökonomen allerdings geradezu als Todsünde wider die eigene Währung, als Expreßfahrschein in die Inflation und als typisch für Bananenrepubliken, in denen Staatspräsident und Notenbankchef demselben Clan angehören.

Da der amerikanische Leitzins aber schon nahe Null liegt und die US-Konjunktur weiter abschmiert, blieben der US-Notenbank kaum andere Mittel. Schon vor einiger Zeit hatte Ben Bernanke, Präsident der Federal Reserve, verlauten lassen: „In einer richtigen Krisensituation muß eine Notenbank notfalls auch Ketchup kaufen.“ Gemeint war, daß die Stabilisierung der Wirtschaft auch durch sogenannte „Offenmarktpolitik“, also den Aufkauf von Wertpapieren erreicht werden müsse. Dies gilt unter Ökonomen als prinzipell zulässig, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Die aufgekauften Papiere müssen erstens werthaltig sein und es dürfen zweitens keine Staatsanleihen sein. Da die Notenbank nämlich selbst Teil des öffentlichen Sektors ist, gliche letzteres dem Versuch einer hungrigen Schlange, durch Verzehr des eigenen Schwanzes satt zu werden.

Die US-Notenbank verstößt nun aber gleich gegen beide dieser Grundsätze. Aufgekauft werden ausgerechnet „toxische“ Papiere − dies offenbar zu Preisen weit über dem Verkehrswert, wobei über die Umverteilungseffekte dieses Schrittes wenig in den Zeitungen steht. Und eben Staatsanleihen. Nun ist Bernanke selbst ein angesehener Wirtschaftswissenschaftler, der die möglichen Folgen kennt. Doch ihn treibt die schlechte Erfahrung der Wirtschaftskrise nach 1929. Seiner Meinung nach zog sie sich deswegen so quälend hin, weil den Banken nicht mit frischem Geld geholfen worden sei.

Von der Radikalität der jüngsten Entscheidung zeigten sich Beobachter indes überrascht. Commerzbank-Experte Bernd Weidensteiner griff Bernankes Bonmot auf und erklärte: „Die Fed kauft alles außer Ketchup.“ Der Fed bleibe grundsätzlich nichts anderes übrig, „als das Feuer zu löschen, auch wenn die Möbel dabei kaputt gehen“. Für den Augenblick sei die Entscheidung  also richtig. Aber mittelfristig?

„Mittelfristig wird diese Politik allerdings ein Bumerang sein und eine Inflationsspirale in Gang setzen“, urteilte Harm Bankholz, Experte der Uni Credit. Mögliche inflationäre Konsequenzen würden zunächst ausgeblendet und erst dann bekämpft, wenn sie sich zeigten. „Der Dollar wird geschlachtet“, kommentierten Frankfurter Devisenhändler die US-Entscheidung ungerührt.

Tatsächlich bläht die Fed mit der neuesten Entscheidung ihre Bilanzsumme von 1,9 auf mindestens 2,9 Billionen Dollar auf, manche Beobachter erwarten dadurch sogar einen Anstieg auf 4,5 Billionen Euro. Jeder Geldschein ist nun einmal eine Forderung an die Zentralbank und erscheint dort auf der Passivseite als Verbindlichkeit. Das von Notenbankchef Bernanke angekündigte „frische Geld“ entspricht nicht weniger als neun Prozent des US-amerikanischen Bruttoinlandsproduktes. Würde der Betrag tatsächlich nachfragewirksam, was die Notenbank ja an sich will, wäre zumindest mittelfristig ein enormer Teuerungsschub die Folge, Sparguthaben würden teilweise entwertet. Da Sparen in den USA aber unpopulär ist, wird darauf wenig Rücksicht genommen, eher im Gegenteil: Riesige Dollarguthaben liegen im Ausland, sie sind das Spiegelbild der gigantischen Schulden der USA. Die Auswirkungen einer Inflationspolitik auf diese Guthaben sind aus US-amerikanischer Sicht aber völlig unproblematisch, um nicht zu sagen: reizvoll.

Der Schritt der Federal Reserve besorgt indes nicht nur (ausländische) Gläubiger, er setzt auch die Exportwirtschaft anderer Länder unter Druck. Ein schwacher Dollar verteuert die Exporte aus dem Euroraum in die USA und belastet damit die europäische Wirtschaft. Unter Zugzwang stehen auch die Zentralbanken anderer Länder. Nullzinspolitik und Wertpapieraufkauf finden inzwischen auch in Großbritannien und Japan statt. Die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main widersteht bislang solchen Versuchungen. Gerade die deutsche Seite lehnt eine Dienstbarkeit der EZB für die Politik ab und hebt die Unabhängigkeit der Zentralbank hervor. Weit eindeutiger als andere Notenbanken ist die EZB der Geldwertstabilität verpflichtet und nicht politischen Wachstumszielen. Gleichwohl sind in Frankfurt auch Käufe von Unternehmensanleihen im Gespräch.

Skeptiker verweisen darauf, daß bereits die jetzige Krise durch Alan Greenspans Politik des leichten Geldes maßgeblich verursacht wurde. Jetzt werde die nächste Krise programmiert, eine Währungskrise des US-Dollar, warnte Eberhardt Unger, Chefvolkswirt von Fairesearch in der ARD. Zwar betont Bernanke zuletzt, die Fed wisse schon, wie sie Inflationsgefahren eindämmen könne, wenn die Konjunktur wieder anspringe. Doch konkret wurde er nicht. Angesichts der enormen Risiken der US-Geldmengenpolitik fragte die angesehene „Financial Times“ besorgt, ob die Fed etwas über die Banken wisse, was sonst niemand weiß.  J. Vielhaber/K. Badenheuer

Foto: Wie ein Bumerang: Experten sind sicher, daß die Geldpolitik der Fed zu Inflation führen wird − die Frage ist nur wann.           


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren