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28.03.09 / Freude an der Bewegung / Ausstellungen in München und in Berlin widmen sich dem Thema Ballett – Legendäre »Ballets Russes«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-09 vom 28. März 2009

Freude an der Bewegung
Ausstellungen in München und in Berlin widmen sich dem Thema Ballett – Legendäre »Ballets Russes«

Eine der ersten Ballettaufführungen fand 1499 anläßlich der Vermählung des Herzogs von Mailand mit Isabel von Aragon in Tortona, Italien, statt. Das Publikum feierte die Darbietung mit großem Applaus, das Ballett wurde zu einem Gesprächsthema des gesamten italienischen Adels.

Im Verlauf der Jahrhunderte hat sich das Ballett zu einer eigenen Kunstform entwickelt. 1661 gründete Ludwig XIV. die Académie Royale de danse in Paris. In dieser Zeit erfuhr das Ballett eine enorme Weiterentwicklung und wurde zunehmend von Berufstänzern ausgeführt. Nachdem zunächst – wie im Theater – nur Männer auftreten durften, war es ab 1681 auch Frauen gestattet, öffentlich zu tanzen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzte in Westeuropa und Nordamerika ein verstärktes Interesse am Ballett ein, unter anderem ausgelöst durch die Gründung der Ballets Russes durch den Impresario Serge Dia-ghilew 1909. Die Truppe stammte aus Sankt Petersburg, feierte ihre Erfolge in Paris und hatte großen Einfluß auf den US-amerikanischen Tanz. Namen wie die der Ausnahmetänzer Anna Pawlowa (1881–1931) und Waslaw Nijinski (1889–1950) oder des Choreographen George Balanchine (1904–1983) sind Ballettfreunden auch heute noch ein Begriff. Sie machten das russische Ballett zu einer Sensation. Eine Ausstellung im Deutschen Theatermuseum München widmet sich derzeit diesem Phänomen. Unter dem Titel „Schwäne und Feuervögel – Die Ballets Russes 1909–1929 – Russische Bildwelten in Bewegung“ beschreibt die Ausstellung Atmosphäre und Theaterrealität ausgewählter Inszenierungen (zum Beispiel „Petruschka“, „Le Sacre du Printemps“, „Les Noces“) und präsentiert in diesem Zusammenhang bislang nicht gezeigtes Material. Zu sehen sind Bilder, Kostüme, Notate, vielfach auch aus dem Herkunftsland, aus Rußland.

Es war der russische Unternehmer Sergej Diaghilew (1872–1929), der immer neue Schwärme von Künstlern jeglicher Couleur – Tänzer, Choreographen, Komponisten, Bildende Künstler – in seinen legendären „Ballets Russes“ zu versammeln wußte und sie auf Reisen durch Europa und die ganze Welt schickte. Diaghilew besaß die ausgesprochene Fähigkeit, Künstler und Kunst zusammenzubringen. 1899 wurde er künstlerischer Berater des kaiserlichen Theaters in Moskau und inszenierte dort zahlreiche Opern und Ballette. Nicht immer aber war er mit seinen Unternehmungen finanziell erfolgreich. Auch war er ein leidenschaftlicher Sammler, unter anderem faszinierten ihn Puschkin-Briefe und Autogramme. Freunde unterstützten ihn, so die französische Modeschöpferin Coco Chanel.

1910 gastierte die Truppe aus Sankt Petersburg erstmals auch in Berlin. Elemente der Commedia dell’arte, Exotik und neuartige Technik sowie die ausgefallenen Kostüme begeisterten das Publikum und faszinierten nicht zuletzt auch bildende Künstler.

Diaghilew arbeitete mit den bedeutendsten Komponisten seiner Zeit zusammen. So brachte er am 25. Juni 1910 Strawinskis „Der Feuervogel“ erfolgreich auf die Bühne.

Als Bühnenbildner arbeiteten für ihn neben Léon Bakst und Alexander Benois auch so berühmte Maler wie Henri Matisse, Georges Braque, Maurice Utrillo, Jean Cocteau und Pablo Picasso.

Eine Kabinettausstellung im Berliner Bröhan-Museum zeigt jetzt etwa 200 Porzellanfiguren aus berühmten Manufakturen wie auch aus der Produktion kleinerer Porzellanfabriken. Unter dem Titel „Tanzende Figuren aus den Sammlungen Alain Bernard und Wladimir Malakow“ sind Kleinplastiken zu sehen, die Tanz und Tänzer in all ihren Facetten thematisieren. Hinter fast jeder Figur verbirgt sich ein konkreter Tänzer in einer berühmt gewordenen Rolle.

Die Porzellanfiguren geben auch Einblick in den modernen Ausdruckstanz, der um 1900 bis in die 1920er Jahre weltweit Triumphe feierte. Isadora Duncan (1877–1927) ist nur eine prominente Vertreterin dieser Stilrichtung. Skandalös für die damalige Zeit: Sie tanzte korsettlos und barfuß sowie in griechisch-römischen Gewändern, die den Blick auf die entblößten Arme und Beine weitgehend freigaben.

Tragisch war ihr Ende: Als sie mit einem Begleiter in einem offenen Sportwagen in Nizza spazieren fahren wollte, verfing sich ihr langer roter Seidenschal, den sie um den Hals geschlungen hatte, vor der Abfahrt in den Radspeichen, was ihr bei der Anfahrt des Wagens das Genick brach.

Die Porzellanfiguren in der Berliner Ausstellung zeigen einmal mehr die Freude an der Bewegung und die Lust am Tanzen. Kaum ein Motiv ist für die figürliche Porzellanplastik so geeignet wie der Tanz, stamme er nun aus dem klassischen Ballett oder dem modernen Ausdruckstanz.     Silke Osman

Die Ausstellung im Deutschen Theatermuseum, Galeriestraße 4 a (Hofgartenarkaden) ist bis zum 24. Mai dienstags bis sonntags von 10 bis 16 Uhr geöffnet, Eintritt 4 / 3 Euro.

Die Ausstellung im Bröhan-Museum, Schloßstraße 1 a, Berlin, ist bis zum 31. Mai dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr zu sehen, Eintritt 6 / 4 Euro.

Foto: Temperamentvoll: Anna Pawlowa in einem indischen Tanz (Porzellanfabrik Fraureuth, 1925, Sammlung Bernard)


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