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28.03.09 / Sprechen Sie »Masurisch« / Aufforderung die eigene Mundart zu bewahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-09 vom 28. März 2009

Sprechen Sie »Masurisch«
Aufforderung die eigene Mundart zu bewahren

Wilhelm v. Gottberg, Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, hat auf dem Deutschlandtreffen 2008 die Besinnung auf „unsere“ Mundarten angemahnt. PAZ-Leser Hans-Joachim Rapelius regt an, „das Masurische“ detailliert zu behandeln. Das betrifft mich, da ich von meiner masurischen Familie noch zahlreiche Ausdrücke im Ohr habe, die auf slawisch-deutschen Sprachmix verweisen. Aber was sind Masuren und Masurisch?

Das südostpreußische Masuren war zwar ein fester Begriff, aber geographisch nie eindeutig festgelegt. Es bezeichnete die Region an der Masurischen Seenplatte, zwischen den Städten Allenstein im Westen und Lyck im Osten gelegen. Sie wurde vom Deutschen Orden ab dem 14. Jahrhundert kolonisiert, wobei man eine Zuwanderung aus dem polnischen Süden gern tolerierte. Die ethnische Gemengelage setzte sich sprachlich fort: Deutsch als Amtssprache, daneben Polnisch und slawisches Masurisch, in dem sogar religiöse Literatur erschien. So beschrieb es der deutsche Slawist Reinhold Trautmann 1948, der auf eine Besonderheit verwies: Weit über Masuren hinaus griff das „Masurieren“, eine Sprachkonvention, welche die für das Polnische typischen Nasal- und Zischlaute nicht kannte.

Die Krakauer Linguistin Maria Brzezina hat 1989 in ihrer Studie „Polszczyzna Niemców“ (Das Polnische der Deutschen) Strukturen und Lexik dieser Sprechweisen untersucht, ging dabei aber von der rein polnischen Ethnizität der Sprecher aus. Kann man das so dezidiert sagen? Westlich schloß an Masuren das Ermland an, woher Ulrich Fox stammt, der 2006 seine sehr lesenswerte Autobiographie veröffentlichte. In ihr erwähnt er häufig die „deutsch-polnische Mundart“ seiner Heimat, was kein Bekenntnis zum „Polentum“ einschloß. In Masuren war es ähnlich, aber auch komplizierter, denn hier war die ethnische Koexistenz von Deutschen, Polen, Litauern, Russen etc. „unschärfer“: Das Ethnonym „Masur“ stand für eine regionale Bevölkerungszugehörigkeit oder für autochthoner Slawe (mit historisch unklarer Identität).

Ich habe 1989 die polnische Kollegin Brzezina auf das ostpreußische „Kultbuch“ von E. Johann  Laube „Förster Dachs erzählt“ hingewiesen, das ganz nebenbei auch eine wunderbare Studie zu masurischen „Regiolekten“ ist – erstellt von „Augustus Dachs, Königlich Preußischer Förster auf Försterei Maldeuten in Masuren“. Und wenn der spricht, lacht das Slawistenherz.

Er erzählt vom Nachkömmling in einer Familie und fügt hinzu, „Wiskrobek nennen wir das hier“ – was polnisch „Ausgekratzter“ heißt. Wenn er flucht, dann zweisprachig „Hundeblut“ oder „Psiakrew“. Anreden erfolgen im korrekten Vokativ („Karlu“), Begrüßungen gleich im slawischen Originalton: „Dobrydzin, Pan Förster“. Weiter geht’s mit Kabache (Hütte), Kibitka (Pferdewagen), Krowa (Kuh), Pareske (Schuh), plinzen (weinen) und so fort  – bis hin zu „makkaronisch“ zweisprachigen Bildungen wie „grifflachen“, in dem das polnische „krzyw“ (schief) steckt. Förster Dachs liebte sein Masuren, läßt aber den Leser allein, wenn es um ethnische Differenzierungen geht: „Unsere masurischen Bauernjungs sind geschickt zu alles“ ist positiv gemeint, ein „Lorbas von Masur“ halb positiv und „der Masur als Sorte von Wilddiebens“ eindeutig negativ. Aus dem Kontext erschließt sich in etwa, wer was war, und diese regionale Einheit in ethnischer Vielfalt hat sich in Resten bis heute erhalten. Wolf Oschlies


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