18.04.2024

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04.04.09 / Eisbären statt Endgericht?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-09 vom 04. April 2009

Eisbären statt Endgericht?
von Hinrich E. Bues

Die 16 Ermordeten von Winnenden sind beerdigt, die Trauerreden gehalten und unzählige Kerzen aufgestellt worden; aber die Frage nach Konsequenzen steht weiter im Raum.

Derzeit stoßen alle Rufe nach schärferen Gesetzen oder anderen Maßnahmen auf taube Ohren. Nach Erfurt und Berlin ist Winnenden bereits der dritte große Amoklauf hierzulande – und über 60 Nachahmungstäter sollen sich bereits gemeldet haben. Deutschland ist nach den USA das Land mit der zweithöchsten Quote an Amokläufern. Allein das zeigt, daß eine Veränderung in unseren Köpfen, vor allen Dingen in der Erziehung unserer Kinder angesagt ist.

Woran es beim Amokläufer tatsächlich gefehlt hat, ist schwer zu sagen. Wogegen ist er eigentlich Amok gelaufen? Aufgewachsen in einem wohlhabenden Elternhaus hat es bei ihm wahrscheinlich an nichts gefehlt. Er hatte alle Chancen des Lebens. Er hat keine davon genutzt, sondern 16 Familien in unermeßliches Leid gestürzt.

Eltern tragen die Erziehungsverantwortung für ihre Kinder und brauchen dennoch Unterstützung bei Wertevermittlung durch Schule und Kirche. Tim K. wurde vor zwei Jahren in der evangelischen Kirche konfirmiert. Hat er dort nichts Eindeutiges über das fünfte Gebot oder das Jüngste Gericht gelernt und stattdessen über die Probleme der Eisbären diskutiert?

Sicherlich darf man die Schule und die Lehrer nicht mit allen Dingen überfordern, die die Elternhäuser nicht geleistet haben. Aber ist nicht eine Werteerziehung, wie sie noch vor 40 Jahren in der Schule normal war, weitgehend abhanden gekommen? Zuerst hat man Schulgebet und Schulgottesdienste abgeschafft, dann in einigen Bundesländern den Religionsunterricht. Schule sollte hauptsächlich Spaß bringen und die sogenannten Sekundärtugenden wie Fleiß, Pünktlichkeit, Ordnung, Ehrlichkeit und Höflichkeit brauchte man scheinbar nicht mehr. Heute fürchten sich viele Lehrer vor dem Gang in die Schule, weil Gewalt und Disziplinlosigkeit herrschen. Daher sollten Lehrer und Eltern gemeinsam daran arbeiten, daß das Lehrpersonal wieder den Respekt erhält, den es verdient und für seine Arbeit braucht.

Winnenden hat gezeigt, wie wichtig die Kirche für die Mehrheit der Bevölkerung ist. Tausende besuchten Gottesdienste, um Hilfe in dieser unfaßbaren Situation zu finden. Für die Geistlichen war es schwer angesichts dieses mörderischen Treibens, überhaupt Worte zu finden. Aber dienen die Geistlichen der Gerechtigkeit, wenn sie behaupten, Opfer wie Täter dürften gleichermaßen auf Gottes Barmherzigkeit bauen? Der Täter habe nicht gewußt, was er tue und könne die Vergebung Gottes empfangen, wie es im Fürbittengebet bei der zentralen Trauerfeier hieß? Damit verharmlost man das Leid der Familien und die mörderische Energie des Täters. Mit einer seichten Verkündigung eines „lieben Gottes“ vermittelt man gerade nicht die Werte, die biblisch geboten und für unser aller Überleben notwendig sind.

Foto: Offizielle Trauerfeier für die Opfer des Amoklaufs von Winnenden: Schiefe Fürbittengebete verharmlosen das Leid der Opfer. Womöglich hat bei der Erziehung des Mörders Tim K. auch die Kirche versagt.


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