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04.04.09 / Ein Buch für Deutschland / Ismail Boro über die Defizite bei der Integration der Türken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-09 vom 04. April 2009

Ein Buch für Deutschland
Ismail Boro über die Defizite bei der Integration der Türken

„Die getürkte Republik – Woran die Integration in Deutschland scheitert“ lautet der vielversprechende Titel des neuen Buches von Ismail Boro. Wer jedoch eine sachliche Analyse erwartet, wird hier enttäuscht, denn der 1953 in der Türkei geborene Werkstoffwissenschaftler läßt in erster Linie sein Herz sprechen.

Der Türke, der 2002 mit seiner deutschen Frau und den gemeinsamen drei Kindern deutschlandweit in der ARD-Dokumentation „Schwarzwaldhaus 1902“ zu sehen war, hat ein Buch verfaßt, das in erster Linie seine Beobachtungen, seine Erfahrungen und seine Meinung wiedergibt. Doch interessanterweise kommt er dem Kern des Problems, nämlich der Antwort auf die Frage, warum die Integration vor allem der Türken in Deutschland scheitert, näher als so mancher Mitarbeiter eines Forschungsinstituts. Daß er hin und wieder polemisiert und die Extreme betont, gibt seinen Aussagen erst die richtige Würze.

Allerdings darf man ihn auch nicht immer für voll nehmen, weist er doch selbst im Vorwort darauf hin, daß alles Geschriebene äußerst subjektiv ist. „Ich beschreibe in diesem Buch aufrichtig und ehrlich die Realität. Meine Realität, die ich sehe und als wahr empfinde. Ohne Hintergedanken. Und ohne Berechnung. Dieses Buch ist nicht gegen die Türkei und nicht gegen die Türken. Denn das bin ich meinen Eltern schuldig. Dieses Buch ist für Deutschland und für Deutsche. Denn das bin ich meinen Kindern und Deutschland schuldig.“

Ein wenig merkwürdig ist, daß Boros Buch in der Türkei beginnt, indem er den Fall des dort zeitweise inhaftierten minderjährigen Deutschen Marco nacherzählt. Das verwundert, da es doch eigentlich um das Thema Integration der Türken in Deutschland geht. Allerdings schildert der Autor auch an diesem Beispiel, wie die beiden Länder zueinander stehen, um dann zur Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion überzugehen, die, in Deutschland auch als DITIB bekannt, von Ankara aus geleitet, weitgehend das religiöse Leben der Türken in Deutschland lenkt. Dazu Boro: „Wer heute ein Frauenbild zeichnet und es predigt, das aus dem vorigen Jahrhundert stammt, verliert jegliche Legitimation, als Gesprächspartner ernst genommen und als Ansprechpartner akzeptiert zu werden.“

Amüsant sind seine fiktiven Dialoge, in denen er die Argumente türkischer wie deutscher Gesprächspartner aufs Korn nimmt. Zum Thema doppelte Staatsbürgerschaft heißt es beispielswiese: „Haben also die türkischen Organisationen und die Freunde der Türken mit ihrer Behauptung Recht, daß die doppelte Staatsbürgerschaft die Gesellschaft ein ganzes Stück nach vorne bringen würde? Ja, es sieht so aus. Aber bevor wir uns endgültig festlegen, eine Verständnisfrage noch. Warum eigentlich möchten diese Menschen ihre türkische Staatsbürgerschaft nicht aufgeben? ,Wir sehen uns als Türken und wollen Türken bleiben!‘ ,Und außerdem könnten wir Schwierigkeiten mit unserem Eigentum in der Türkei haben.‘ Das ist verständlich. Eine letzte Frage noch: ,Für wie blöd haltet ihr die Deutschen eigentlich?!‘“

Vor allem der türkische Ministerpräsident Erdogan, aber auch die deutsche Integrationsbeauftragte Maria Böhmer sind Boro ein Graus. Der eine bezeichne Assimilation als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, und die andere betone zu sehr das Trennende zwischen Deutschen und Türken und gehe zu wenig emotional auf Gemeinsamkeiten ein.

Aber auch bei den deutschen Medien entdeckt Boro so manche Kuriosität. So fragt er, warum er in der türkischen Zeitung „Hürriyet“ gelesen hat, daß die überlebenden Kinder des rechtsextremen Brandanschlages in Mölln des Jahres 1992 sich inzwischen für die deutsche Staatsbürgerschaft entschieden haben. Hingegen berichtete keine deutsche Zeitung davon. Ist man in Deutschland nicht stolz, wenn Türken, die derartiges erleben mußten, trotzdem noch ein klares Bekenntnis zu Deutschland leisten?

Hat Deutschland kein Interesse an den Hinzugekommenen und einem „Wir“? Doch ohne „Wir“ gibt es auch keine Integration, so Boro.    Bel

Ismail Boro: „Die getürkte Republik – Woran die Integration in Deutschland scheitert“, Heyne, München 2008, geb., 224 Seiten, 17,95 Euro


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