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11.04.09 / Hilfe, Oma klaut! / Die Zahl der Verbrechen, die von über 60jährigen begangen werden, steigt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-09 vom 11. März 2009

Hilfe, Oma klaut!
Die Zahl der Verbrechen, die von über 60jährigen begangen werden, steigt

Die Alterskriminalität hat in den letzten zehn Jahren um 30 Prozent zugenommen. Hauptursache dafür ist die steigende Zahl alter Menschen, und schwere Straftaten sind ziemlich selten.

Ein verstohlener Blick nach links und rechts und schwups ist die begehrte Ware in der Tasche verschwunden. Doch schon legt sich eine Hand auf die Schulter von Elisabeth M. und die 78jährige blickt direkt in die Augen des Kaufhausdetektives. Zu lange und auffällig ist die ältere Dame durch das Geschäft gestrichen, verdächtig unruhig wirkte ihr ganzes Auftreten. Zum dritten Mal innerhalb von vier Jahren muß die Seniorin mit einer sehr kleinen Rente nun vor den Richter treten.

Der Fall der Rentnerin Elisabeth M. ist keine Seltenheit, denn die Alterskriminalität in Deutschland nimmt zu. Während 1997 noch insgesamt 115.983 Delikte gezählt wurden, waren es 2007 149.634. Das ist eine Steigerung um rund 30 Prozent. Allerdings ist Deutschland kein Sonderfall. Auch in anderen Ländern steigt die Anzahl der Delikte, die von Personen über 60 Jahren begangen werden. Die Schweiz beispielsweise hat in den letzten 20 Jahren eine Zunahme von 131 Prozent zu verzeichnen, in Japan hat sich die Alterskriminalität im selben Zeitraum gar verfünffacht. Doch nur ein Teil der Täter wird straffällig, weil er sich wie Elisabeth M. aufgrund seiner kleinen Rente kaum etwas leisten kann. Zwar gibt es in allen betroffenen Ländern auch Altersarmut, doch ist sie gemessen an dem, was in dieser Hinsicht noch auf die westlichen Industrienationen zukommen wird, Nebensache: Gut ausgebaute soziale Netze und Wohlfahrtsdienste helfen jenen, die Hilfe brauchen. Gerade kleine Delikte wie Diebstahl und Beleidigung werden von Senioren eher aus Einsamkeit begangen. „Früher wurden alte Leute in Japan mit besonderer Wertschätzung und Rücksicht behandelt. Die meisten lebten mit ihren Kindern zusammen“, so ein japanischer Experte. „Aber damit ist es jetzt vorbei, und viele alte Menschen sind isoliert und einsam.“ Diese Diagnose ist auch auf Deutschland übertragbar. Das Leben in anonymen Wohnblocks hat dazu geführt, daß die Senioren Abwechslung suchen. Ein Diebstahl ist ein kleines Abenteuer und außerdem kann man per Diebstahl Dinge erwerben, mit denen man sich vielleicht die Liebe der selten vorbeischauenden Verwandten erkaufen kann.

Doch diese Gründe erklären den Anstieg der Alterskriminalität nur zu einem kleinen Teil. Denn auch wenn der Blick auf die Statistik den Eindruck vermittelt, daß Senioren immer häufiger kriminell werden, so stimmt dies nur bedingt. Vergleicht man die Anzahl der von Alten verübten Delikte mit der anderer Altersgruppen, so fällt auf, daß sie im Zeitraum von 1997 bis 2007 anteilig nur von 5,1 Prozent auf 6,5 Prozent gestiegen sind. Alte Menschen sind also immer noch deutlich seltener kriminell als jüngere Menschen, obwohl die über 60jährigen inzwischen über 20 Prozent der Bevölkerung stellen. Daß es in absoluten Zahlen mehr Straftaten gibt, liegt schlicht daran, daß es mehr Alte gibt.

Allerdings sind die Delikte, die Senioren begehen, auch von einer geringeren Schwere als die der jüngeren Täter. Ladendiebstähle, Schwarzfahren, Betrug und Sachbeschädigung, Körperverletzung und Beleidigung überwiegen. Gefährliche Kriminalität und auch Gewalt gehen kaum von alten Menschen aus − sie sind viel häufiger deren Opfer.             R. Bellano

Foto: Ein Geschenk für die Enkel: Mit einer schmalen Rente läßt sich die Liebe der Verwandten nicht mal erkaufen. Einige Senioren greifen dann zum Äußersten und klauen die Präsente.

 

Zeitzeugen

Ronald Biggs – Zum Lachen ist dem berühmten Postzugräuber lange nicht mehr zumute. Seine Tat beging er zwar im Alter von 34 Jahren zusammen mit 17 weiteren Tätern, doch im Alter muß er nun die Konsequenzen tragen. 2001 entschied der 1929 in London Geborene aus gesundheitlichen Gründen nach 30 Jahren in Brasilien im Exil, sich den britischen Behörden zu stellen. Der 71jährige hatte bereits einen Schlaganfall gehabt und konnte nicht mehr sprechen, daher hoffte er auf Milde in seinem Heimatland. Doch Biggs wurde sofort nach seiner Landung in das Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh gebracht. Nach weiteren Schlaganfällen und einem Herzinfarkt wurde er 2005 in ein normales Gefängnis verlegt. Der Kriminelle, der mit seinen Kumpanen nach heutigem Wert etwa 30 Millionen Pfund erbeutete, soll im Spätsommer, kurz vor seinem 80. Geburtstag, begnadigt werden.

 

Räuberisches Rentner-Trio – 2005 wurde das wohl älteste Bankräuber-Trio Deutschlands hinter Gitter gebracht. Mit Maschinenpistolen und einer Handgranaten-Attrappe waren die zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung 63-, 73- und 74jährigen in Bank-Filialen gestürmt und hatten Angestellte und Kunden bedroht. Innerhalb von 16 Jahren (1988−2004) soll so mehr als eine Million Euro zusammengekommen sein. Der 73jährige beging die Überfälle, weil er nach insgesamt 40 Jahren im Gefängnis keine Rente erhielt. Nach seiner Entlassung 1999 im Alter von 67 Jahren hätte er nicht gewußt, wie man Freiheit gestaltet, und weitergeraubt.

 

Joachim K. – Der 63jährige Dieb schaffte es im Jahr 2008 sogar in die „Bild“-Zeitung, wenn auch auf weniger rühmliche Weise: Ganz Deutschland konnte Aufnahmen einer Videokamera sehen, die den  Elmshorner dabei zeigten, wie er die teuren Teakholz-Gartenmöbel seiner im Urlaub befindlichen Nachbarn mitten in der Nacht „abtransportierte“.

 

Klaus Zumwinkel – Nur dank vieler juristischer Kniffe und Wohlwollen ist der ehemalige Postchef einer Haftstrafe entgangen. Der 65jährige hat nach eigenen Angaben über eine Stiftung in Liechtenstein Steuern in Höhe von knapp 970000 Euro hinterzogen. Für Aufregung sorgte der zu zwei Jahren auf Bewährung Verurteilte auch nach seinem Prozeß, als er sich Pensionsansprüche in Höhe von 20 Millionen Euro in einer Summe auszahlen ließ.


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