24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
11.04.09 / Schlimmer als in Bayern und Sachsen / Das Desaster der Nordbank bedroht den Bestand zweier Bundesländer – Weitere Löcher befürchtet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-09 vom 11. März 2009

Schlimmer als in Bayern und Sachsen
Das Desaster der Nordbank bedroht den Bestand zweier Bundesländer – Weitere Löcher befürchtet

Wäre der Fall der HSH-Nordbank nicht so ernst, man könnte von einer „Soap“ sprechen, denn dafür sind alle Zutaten vorhanden: Verluste in Milliarden-Höhe, der „notwendige“ Rücktritt eines Wirtschaftsministers, ratlose Politiker, Parlamentarier und jetzt die Strafanzeige eines Staranwaltes gegen die Verantwortlichen der Bank wegen „Untreue in besonders schwerem Fall“.

Noch prangt über der Arena, in der der Hamburger SV seine Fußballspiele absolviert, das stolze Logo der HSH Nordbank. Wie lange diese Liaison zwischen Spitzen-Fußball und Pleite-Bank noch anhalten wird, ist derzeit fraglich. Zieht die Bank, an der Hamburg und Schleswig-Holstein mit jeweils rund 40 Prozent beteiligt sind, sogar demnächst beide Länder mit in die Pleite?

In der letzten Woche ging es Schlag auf Schlag. Erst warf der Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein, Werner Marnette, nach nur neun Monaten im Amt, entnervt das Handtuch. „Die Umstände bereiten mir große Sorge“, erklärte der CDU-Politiker mit Blick auf das Krisenmanagement seiner Kabinettskollegen in Sachen HSH. „Meine Warnungen und Ratschläge sind zu keinem Zeitpunkt berücksichtigt worden“, klagte Marnette nach seinem Rücktritt. Der ehemalige Chef der Norddeutschen Affinerie (heute: Aurubis), dessen fachliche Kompetenz in Wirtschafts- und Finanzfragen unumstritten ist, galt in Kieler Politiker-Kreisen zuletzt nur noch als Störenfried. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) bezeichnete den Rücktritt Marnettes daher erleichtert als „notwendig“. Kompetente Ratschläge in Sachen HSH-Nordbank mochte der gemütliche Landesvater offenbar nicht mehr hören. Innerhalb weniger Stunden präsentierte Carstensen mit Jörn Biel (parteilos) einen Nachfolger, ohne überhaupt die eigene Landtagsfraktion zu konsultieren. Das sorgte unter den Parlamentariern für böses Blut.

Mitglieder der beiden Landesparlamente, die sich in der vergangenen Woche zu einem Ja zu der neuen Geldspritze von drei Milliarden Euro und einer weiteren Bürgschaft in Höhe von zehn Milliarden Euro durchrangen, sprachen von einer Wahl „zwischen Pest und Cholera“. Alternativlos schienen die Geldspritzen für die Fehlspekulationen der mehrheitlich landeseigenen Bank in Höhe von bis zu 13 Milliarden Euro; eine Summe, die den Jahresetat des reichen Hamburg um 30 Prozent übersteigt. Hätte man sich diesem Schritt verweigert, wäre die gesamte Wirtschaft des Nordens gefährdet gewesen.

Es ist der berühmte Domino-Effekt, den die politisch Verantwortlichen fürchteten und der die Parlamentarier zu risikoreichen Entscheidungen drängt. Die HSH Nordbank ist weltweit die Nr. 1 in der Schiffsfinanzierung und versorgt zudem zwischen 50 und 60 Prozent der mittelständischen Wirtschaft in beiden Bundesländern mit Geld. Somit wären bei einem Zusammenbruch der Bank Hunderttausende Arbeitsplätze und auch das wirtschaftlich schwache und schon jetzt hoch verschuldete Bundesland Schleswig-Holstein im Ganzen gefährdet gewesen. Verglichen mit den eher noch stärker in die Schlagzeilen gekommenen Landesbanken Bayerns und Sachsens haben die Nordlichter noch riskanter spekuliert. Jedenfalls sind die Verluste pro Kopf etwa doppelt so hoch wie in Bayern und Sachsen.

An diesem Punkt setzt der Hamburger Staranwalt Gerhard Strate an. Zusammen mit dem Geschäftsführer Aram Ockert stellte er vor einer Woche „Strafanzeige gegen Verantwortliche der HSH Nordbank AG wegen Verdachts der Untreue in einem besonders schweren Fall“. Nach den Worten von Strate haben frühere Vorstandsmitglieder der Nordbank ihre Vermögensfürsorgepflicht sträflich verletzt. So habe das Institut kurz vor Auslauf der Gewährträgerhaftung billig Kredite aufgenommen und mit diesem Geld hoch riskante Papiere gekauft. Viele dieser Papiere seien so riskant gewesen, daß sie bei der Bundesbank nicht beleihbar gewesen seien, so der Jurist. Zeitweise habe das Volumen derartiger Papiere bei rund 30 Milliarden Euro gelegen. Dadurch sei ein sogenanntes „erhöhtes Klumpenrisiko“, das die Bank in ihrem Bestand gefährde, aufgetreten.

Mit einer zweiten Strafanzeige gehen Strate und Ockert gegen die in den Jahren 2004 bis 2007 tätigen Abschlußprüfer der HSH Nordbank AG wegen „Beihilfe zur Untreue in einem besonders schweren Fall“ vor. Hier wird es besonders brisant für die Politiker, die im Aufsichtsrat des Bankinstituts gewirkt haben oder wirken. Dazu zählen die Finanzminister der beiden Bundesländer, Wolfgang Peiner, Michael Freitag und Rainer Wiegard (alle CDU). Letzterer hatte bei seiner Amtseinführung 2005 gesagt: „Das ist mein Traumjob!“ – so steht es noch immer auf der Website des Schleswig-Holsteinischen Finanzministeriums.                 Hinrich E. Bues

Foto: Lange Gesichter bei Peter Harry Carstensen (l.) und Ole von Beust: Das Debakel der HSH ist ein Schlag ins Kontor.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren