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11.04.09 / Die strafrechtliche Seite

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-09 vom 11. März 2009

Die strafrechtliche Seite
von Hinrich E. Bues

Wer das Desaster um die HSH Nordbank AG verfolgt, reibt sich derzeit verwundert die Augen. Fast täglich werden neue Details bekannt, und die Löcher in der Bankbilanz werden immer größer. Die 2,8 Milliarden Euro Verlust für 2008, die HSH Nordbank-Chef Nonnenmacher im Februar bekanntgab, wirken angesichts neuer Risiken und Zahlen der mehrheitlich landeseigenen Bank fast schon harmlos. Nun spricht man davon, daß die jüngst beschlossene Kapitalspritze von drei Milliarden Euro schon Ende 2009 verfrühstückt sein wird. Die Existenz des Bundeslandes Schleswig-Holstein steht inzwischen auf dem Spiel. Wer trägt für dieses beispiellose Desaster eigentlich die Verantwortung? Sollten Politiker, Manager und Wirtschaftsprüfer dafür nicht auch finanziell oder strafrechtlich belangt werden können?

Die Strafanzeigen des Hamburger Staranwaltes Gerhard Strate weisen in diese Richtung. Strate will die Verantwortlichen und auch die Bankprüfer wegen „Untreue in besonders schwerem Fall“ zur Rechenschaft gezogen sehen. Das ist wagemutig, weil es hier um große Summen und damit um hohe Prozeßkosten geht. Zudem sind Verurteilungen wegen Untreue hierzulande äußerst selten. Dennoch hat es Strate, der durch Prozesse in aussichtslosen Revisionsfällen berühmt geworden ist, schon öfter geschafft, erfolgreich in juristisches Niemandsland vorzustoßen.

Brisantes Material für seine Klage dürfte Strate aus den Einlassungen des ehemaligen Wirtschaftsministers von Schleswig-Holstein, Werner Marnette, erhalten. Der erfahrene Wirtschaftsmann, der 13 Jahre lang Europas größten Kupferproduzenten leitete, beklagt in einem Interview, daß er es „mit Politikern zu hatte, die sich scheuten, Zahlen zur Kenntnis zu nehmen“. Das taten sie, so Marnette, nicht etwa aus Faulheit oder Nachlässigkeit, sondern ganz planmäßig. Sie wollten sich aus Selbstschutz einfach nicht gründlich mit den Zahlen der Nordbank beschäftigen, weil sie ja dann zum Mitwisser werden und als solcher haftbar gemacht werden könnten. Auch dem HSH-Vorstand wirft Marnette eine „fortwährende Nicht-Informationspolitik“ gegenüber Aufsichtsrat und Landesregierung vor.

Mit dieser Politik der Verdrängung konnte man zunächst weitgehend sorglos leben. Noch im Mai 2008 schwärmte Hamburgs Finanzsenator Michael Freytag von der Bank mit den Worten: „Um eine solche Bank werden wir beneidet.“ Ein Jahr später will jeder lieber so schnell wie möglich das sinkende Schiff verlassen. Zumal Marnette verriet, daß 64 Prozent des von der Nordbank finanzierten Schiffsportfolios von den Rating-Agenturen schlechter als „A“ eingestuft worden sein sollen. Und die Nordbank ist weltweit der Schiffsfinanzierer Nr. 1. Die mögliche Verlustsumme mag man sich gar nicht vorstellen.

Foto: Auskunftsfreudig: Der zurückgetretene schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Werner Marnette klagt an. Einige der von ihm gelieferten Informationen könnten für seine ehemaligen Politiker-Kollegen juristische Konsequenzen haben.


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