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11.04.09 / Aus der Sicht eines Polen / Adam Krzeminski über die deutsch-polnische Nachbarschaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-09 vom 11. März 2009

Aus der Sicht eines Polen
Adam Krzeminski über die deutsch-polnische Nachbarschaft

Das Büchlein breitet genau die These aus, die sein zweiteiliger Titel verkündet: „Testfall für Europa – Deutsch-Polnische Nachbarschaft muß gelingen“. Der Autor, Adam Krzeminski, ist Mitarbeiter des Warschauer Wochenmagazins „Polityka“, gilt als Deutschland-Kenner und hat 1999 sogar das Große Bundesverdienstkreuz erhalten.

Daran ist bereits abzusehen, daß er sich dem deutsch-polnischen Verhältnis in konstruktiver Weise widmet. Er tut das hier in essayistisch-burschikosem Stil, macht aus seinem Herzen nirgendwo eine Mördergrube und vermittelt so ganz direkt, wie viele Empfindlichkeiten im deutsch-polnischen Verhältnis immer noch zu berücksichtigen sind, auch wenn der Autor diesem mit Nachdruck bescheinigt, daß es trotz der nationalistischen Eskapaden der Kaczynski-Zwillinge in Entwicklung ist.

Eingehen auf die Belange der aus den deutschen Ostgebieten Vertriebenen darf man deshalb aber von ihm nicht erwarten, denn, so der Autor, die Berufung auf historische Ungerechtigkeiten bringe heutzutage nichts mehr. Dabei äußert er sich ausgiebig zur „Geschichtspolitik“, gönnt deren positive Deutung aber eher seinem Volke als den Deutschen. Schließlich könne das erste Opfer der NS-Aggression nicht irgendwann seinerseits Täter gewesen sein! Das darf man als „handelsübliche“ und durchsichtige Sophisterei bezeichnen.

Mit Polens Beitritt zu Nato und EU sei eine vollkommen neue außenpolitische Orientierung entstanden. Über die Nato spielen die USA auch bei der EU-Osterweiterung mit. Das müßte zum Ergebnis haben, daß Warschau nicht mehr beständig vor seinen beiden größeren Nachbarn auf der Hut sein muß, Deutschland und Rußland. Aber so ohne weiteres verschwinden historische Konstellationen nicht, noch dazu, wenn sie in der Geographie grundgelegt sind. Der Plan für eine direkte deutsch-russische Pipeline durch die Ostsee wird denn auch übel vermerkt. Den Deutschen und Franzosen wird vorgeworfen, daß sie sich 2002/2003 im Streit um die Legitimität des US-Krieges gegen den Irak eine europäische Führungsrolle angemaßt hätten. Mit dem „Weimarer Dreieck“ habe Polen ein gemeinsames Gremium mit Deutschland und Frankreich gefunden, habe aber bald feststellen müssen, daß besonders Frankreich nicht daran interessiert gewesen sei, auf das dem Vorantreiben der europäischen Integration dienende „Tandem“ auch noch Polen als gleichberechtigten Dritten aufsteigen zu lassen.

Hinter dem Mißtrauen gegen enge deutsch-französische Zusammenarbeit steht auch die in Polen sicherlich nicht nur vom Autor gehegte Befürchtung, daß deutsch-französische Zusammenarbeit leicht durch eine solche dieser beiden Staaten mit Rußland ergänzt werden könnte – und daß dann wieder das Gespenst des Hitler-Stalin-Paktes auftauchen würde. Nun sind aber Berlin und Paris unumgehbare Partner in der EU, der Krzeminski sehr gerne angehört. Gegen Unzumutbarkeiten von Berlin und Paris würde dann nur wieder eine Hinwendung zu den USA helfen, wie schon in der Irak-Krise. So kommt Krzeminski zu dem Wunsch, daß Polen niemals in die Lage gebracht werden möchte, zwischen den USA und Europa wählen zu müssen.

Er gibt auch polnische „Minderwertigkeitskomplexe“ gegenüber den Großen in der EU zu. Deshalb fordert er eine aus der Osterweiterung zwingend abzuleitende Ost-Verlagerung des Schwerpunktes der EU, wobei Polen als der relativ gewichtigste Staat zwischen Deutschland und Rußland mehr Mitspracherecht gewinnen müßte. Vielleicht beruht die hochgemütige Auffassung, daß das deutsch-polnische Verhältnis ein Gradmesser für die Arbeitsatmosphäre in der EU sei, auf dem – natürlich nicht einzugestehenden – Wunsch, den Großen notfalls wenigstens Schwierigkeiten machen zu können, wenn man von ihnen schon vernachlässigt wird.    Bernd Rill

Adam Krzeminski: „Testfall für Europa – Deutsch-Polnische Nachbarschaft muß gelingen“, Körber, Hamburg 2008, broschiert, 110 Seiten, 10 Euro


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