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25.04.09 / Wird jetzt scharf geschossen? / Immer mehr Länder kommen zu der Einsicht, daß Piraten eine harte Hand brauchen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-09 vom 25. April 2009

Wird jetzt scharf geschossen?
Immer mehr Länder kommen zu der Einsicht, daß Piraten eine harte Hand brauchen

Frankfurter Anwälte wollen der Piraterie verdächtigte Somalier auf Kosten des deutschen Staates verteidigen und verklagen gleich vier deutsche Ministerien.

„Man hat nicht damit gerechnet, daß zwei deutsche Anwälte so verrückt und engagiert sind und nach Kenia fahren, um sich darum zu kümmern.“ Der Frankfurter Anwalt Oliver Wallasch sieht sich als Vertreter eines Entrechteten. Für seinen 19jährigen Mandanten Mohammed A. gelte genau wie für alle anderen Beschuldigten die Unschuldsvermutung. Für Wallasch ist die Unterbringung seines unter Piraterieverdacht stehenden Mandanten in einem Gefängnis in Mombasa menschenunwürdig. Auch sei die Überstellung des Somaliers an kenianische Behörden unrechtsmäßig, schließlich sei der junge Mann nur am Bord des Schnellbootes, das am 3. März den Frachter „MV Courier“ entern wollte, gewesen, weil er eine „Passage nach Jemen“ bezahlt habe. Da man trotz Fotos von der Festnahme durch Soldaten der Fregatte „Rheinland-Pfalz“ nicht beweisen könne, warum welcher der Festgenommenen an Bord des Bootes gewesen sei, fordert Wallasch 10000 Euro Schadensersatz und Übernahme der Anwaltskosten. Und da die Waffen der Festgenommenen − wie die kenanische Justiz bereits mehrfach bemängelte − aus „Sicherheitsgründen“ von der deutschen Marine im Meer versenkt worden sind, gäbe es auch keine Beweismittel. Außerdem will Wallasch die Verlegung des Prozesses nach Deutschland.

Gleich vier deutsche Ministerien (Außen, Innen, Verteidigung und Justiz) verklagt der Strafverteidiger, dessen Engagement weitgehend als absurdes Theater kommentiert wird. Für die meisten sind schwer bewaffnete Soldaten, die in erpresserischer Absicht ein deutsches Handelsschiff kapern wollen – was nur durch das Eingreifen deutscher Marine-Soldaten vereitelt wird –, keine Opfer. Doch Wallasch und sein Kanzleikollege Michael Koch sehen das anders. Auf der deutschen Fregatte „Rheinland-Pfalz“ hätten die Festgenommenen wenigstens noch einen eigenen Schlafplatz gehabt. Auch seien sie medizinisch versorgt worden und hätten aus Rücksicht auf ihre Religion spezielles Essen erhalten. Im kenianischen Gefängnis sei all das nicht der Fall. Außerdem sei die Einhaltung von grundlegenden Verfahrensrechten in Kenia trotz Abkommen mit der EU nicht bewiesen − der am Mittwoch begonnene Piraten-Prozeß ist der erste seiner Art.

Während die Bundesregierung Wallaschs Klage als ausgesprochenes Ärgernis betrachtet – laut kenianischem Recht ist eine Verteidigung durch einen deutschen Anwalt nicht möglich, wie drei in Mombasa inhaftierte Staatsangehörige bereits leidvoll erfahren mußten –, werden vor der Küste Somalias im Wochentakt neue Schiffe entführt. Die Piraten zeigen sich unbeeindruckt von der Präsenz internationaler Marine, zumal sie bis jetzt nicht wirklich etwas zu befürchten hatten. Doch das soll sich jetzt ändern. „Piraten werden künftig mit allen militärischen und polizeilichen Mitteln bis hin zum Einsatz von Anti-Terror-Einheiten hart bekämpft“, so der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl. Er erhält Unterstützung vom Bundeswehrverband, der die bisherigen Maßnahmen als „nicht ausreichend“ kritisiert. Man käme nicht umhin, auch die Mutterschiffe, von denen die Schnellboote aus agieren, anzugreifen, so der Verbandsvorsitzende Ulrich Kirsch.

Diese Einsicht wurde jedoch erst von den USA hoffähig gemacht. „Diese Piraten sind Kriminelle. Es sind bewaffnete Banden auf hoher See“, hatte US-Außenministerin Hillary Clinton wenige Tage zuvor verkündet.

Mildernde Umstände für die Piraten wie ihre Armut und Rechtlosigkeit ließ Clinton nicht gelten. „Bevor das Haus wieder aufgebaut wird, muß erst das Feuer gelöscht werden. Und im Moment haben wir ein tobendes Feuer.“ Zu dem von ihr vorgeschlagenen Maßnahmenpaket gehören engere internationale Zusammenarbeit, höhere Sicherheitsstandards an Bord von Schiffen sowie eine Verbesserung der Lage in Somalia. Die Schaffung eines internationalen Gerichtshofes liegt jedoch in weiter Ferne, da es keinen gemeinsamen Konsens über dessen Ausgestaltung gibt. Außerdem ist die Frage der Finanzierung offen.   Rebecca Bellano

Foto: Festgenommen, aber bald wieder freigelassen: Die Piraten haben nichts zu befürchten.

 

Zeitzeugen

Oliver Wallasch – Dem Frankfurter Rechtsanwalt wird mit der Übernahme der Interessenvertretung des 19jährigen, unter Piraterieverdacht stehenden Mohammed A. Profilierungssucht unterstellt. Wie der 1969 geborene Bergisch-Gladbacher an seinen in Kenia inhaftierten, somalischen Mandaten gekommen ist, möchte er mit Hinweis auf die anwaltliche Schweigepflicht nicht mitteilen. Er jedenfalls sieht sich als Vertreter eines Entrechteten. Oliver Wallasch war bereits 2008 Strafverteidiger in einem medienwirksamen Prozeß. Damals vertrat er Nikolai H. Dieser hatte einen Holzklotz von einer Autobahnbrücke in Niedersachsen geworfen und so eine 33jährige Frau in einem vorbeifahrenden Auto getötet. Wallasch warf den damaligen Ermittlern fehlende „Sensibilität für die Drogenproblematik“ von Nikolai H. vor.

 

Jürgen Trittin – Als Vertreter des Auswärtigen Ausschusses ist der grüne Politiker nach Kenia gereist. Er soll den Ablauf des Prozesses gegen die neun Männer beobachten, die am 3. März von der deutschen Marine vor der somalischen Küste festgenommen wurden. Trittins Aufgabe ist es, zu überprüfen, ob die kenianischen Behörden auch die zugesicherten rechtsstaatlichen Bedingungen einhalten. Der 54jährige Spitzenkandidat der Grünen ist für die Einrichtung eines internationalen Gerichtshofes für die Piraten.

 

Salah Hadschi Bahdon – Der Pirat kommt aus dem Hafenort Eyl in der halbautonomen Region Puntland in Somalia. Seine Aussage ging um die Welt: „Vor Jahren lebten wir noch vom Fischfang, doch jetzt haben wir viel Geld.“ Vor seinem Haus liegen etliche gekaperte Schiffe vor Anker, für die seine Hintermänner das Lösegeld aushandeln. Eyl sei heute ein „kleines Paradies“.

 

François Grignon – Er ist der Leiter des Afrikaprogramms der unabhängigen Konfliktforschungsorganisation „International Crisis Group“ (ICG) mit Sitz in Brüssel und Nairobi. Nach eingehenden Studien hält er die Lage am Horn von Afrika für „die explosivste des Kontinents“. Die 165 Millionen hier lebenden Menschen stünden in der Gefahr, in den Kampf gegen den Terror verwickelt zu werden.


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