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02.05.09 / Als es begann / Geburtsstunde des »American way of life« im Nachkriegsdeutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-09 vom 02. Mai 2009

Als es begann
Geburtsstunde des »American way of life« im Nachkriegsdeutschland

GI ist eine Bezeichnung für einen Infanterie-Soldaten der Streitkräfte der Vereinigten Staaten. Fragt man in Deutschland einen älteren Menschen, der 1945 noch ein Kind war, so wird dieser mit dem Ausdruck „GI“ wahrscheinlich (Hershey)Schokolade, Zigaretten und das freundliche Lächeln eines schwarzen oder weißen US-Soldaten assoziieren. Junge Leute hingegen können mit diesem Begriff heute nur noch wenig anfangen.

Doch wer waren eigentlich diese zum Teil gelobhudelten und zum Teil mit äußerster Vorsicht betrachteten GIs? Die Historikerin Maria Höhn gibt in ihrem Buch „Amis, Cadillacs und ,Negerliebchen‘ – GIs im Nachkriegsdeutschland“ gleich mehrere Antworten auf diese Frage.

Für manche Deutsche waren die Hunderttausenden in der Bundesrepublik stationierten US-Soldaten zunächst lediglich Besatzer. Doch schon bald wurden sie zu großzügigen Nachbarn, Freunden, Liebhabern und Ehepartnern.

Viele deutsche Frauen heirateten in den unsicheren Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg, in denen Hunger und Entbehrung noch zu sehr im Gedächtnis haften geblieben waren, einen dieser GIs, die Sicherheit und finanzielle Sorgenfreiheit verhießen. Doch wäre es unfair zu behaupten, die deutschen Frauen hätten die Amerikaner ausschließlich ihres Geldes wegen geheiratet.

Der „American way of life“ eroberte die Herzen vieler Deutscher, vor allem der jüngeren geradezu im Sturm. Jeanshosen, Petticoats, Jazz Musik und Cadillacs, Frauen, die ihr eigenes Geld verdienten, und Männer, die im Haushalt auch mal mit anpackten, verhießen eine nie gekannte Freiheit und Fortschritt.

Doch zeigt die Autorin Maria Höhn nicht nur die positiven, sondern auch so manche Schattenseite der rasanten Amerikanisierung auf und die Befürchtungen vieler Bürger, Politiker und Geistlicher, dem hiermit einhergehenden moralischen Sittenverfall, vor allem den der Prostitution der deutschen Frauen sowie der „schwarz-weiß Sexualität“, keinen Einhalt gebieten zu können.

Am Beispiel der Gemeinde Baumholder verdeutlicht die Autorin die unterschiedlichen Stimmungen der deutschen Einwohner und die Entwicklung der Einstellung der dort lebenden Menschen zu der Stationierung der US-Streitkräfte. Mit so mancher verkrusteten Tradition wurde gebrochen, und der plötzliche Wirtschaftsaufschwung schaffte Vertrauen.

„Auf der offensichtlichen Ebene verlief die Modernisierung von Wirtschaftsstrukturen während der 50er Jahre in einem viel rasanterem Tempo, und sie betraf auch breitere Bevölkerungsschichten … Deutsche hielten Militäranlagen instand, sie kochten und putzten für die Soldaten, bügelten und nähten ihre Kleidung und ihre Uniformen. Die Friseurgeschäfte, Bowlingbahnen, Kinos und viele Clubs der GIs auf den Militärbasen wurden von Deutschen geführt. Wichtiger noch aber war, daß die Amerikaner Freizeit- und Konsumverhalten in die deutschen Gemeinden brachten.“ Doch ließen die GIs die deutschen Anwohner nicht nur für sich arbeiten, sondern waren auch bestrebt, ein gutes Verhältnis zu ihnen aufzubauen. Gemeinsame Feste mit dem beliebten Soft Ice, amerikanischen Zeichentrickfilmen und die, von amerikanischen Offiziersfrauen gebackenen Cup-Cakes ließen so manches Kinderherz höher schlagen.

Die Stationierung im Nachkriegsdeutschland verhieß jedoch auch gerade für die schwarzen GIs eine nie gekannte Freiheit: „Auch manche weiße US-Soldaten, die in den 50er Jahren in Deutschland stationiert waren, zeigten sich überrascht darüber, wie selbstverständlich die Deutschen die schwarzen GIs akzeptierten … Die für viele schwarze GIs neue Erfahrung bewirkte bei ihnen eine Bewußtseinsveränderung, die ihnen erlaubte, die Verhältnisse zuhause in den USA kritischer als zuvor zu sehen … Nach ihrer Rückkehr in die Vereinigten Staaten berichteten viele schwarze Soldaten von einem regelrechten Schock, sich nach einer dreijährigen Atempause in Deutschland nun wieder mit den rassistischen Jim-Crow-Gesetzen [der Rassentrennung] auseinandersetzen zu müssen.“

In „Amis, Cadillacs und ,Negerliebchen‘“ beleuchtet die Historikerin Maria Höhn die Sonnen- und Schattenseiten der Stationierung der US-Soldaten im Nachkriegsdeutschland und setzt ihren Fokus somit auf einen für die deutsche Geschichte entscheidenden Wendepunkt, auf eine Zeit, in der vieles in der Schwebe hing und entscheidende Grundsteine für unsere heutige Bundesrepublik Deutschland gelegt wurden.      A. Ney

Maria Höhn: „Amis, Cadillacs und ,Negerliebchen‘ – GIs im Nachkriegsdeutschland“, Verlag für Berlin-Brandenburg 2008, gebunden, 395 Seiten, 24,95 Euro


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