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09.05.09 / Sparprogramme allenthalben / Der deutsche Anlagen- und Maschinenbau ist exportstark – und darum jetzt ein Opfer der Krise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-09 vom 09. Mai 2009

Sparprogramme allenthalben
Der deutsche Anlagen- und Maschinenbau ist exportstark – und darum jetzt ein Opfer der Krise

Der erfolgsverwöhnte deutsche Anlagen- und Maschinenbau wird von der Wirtschaftskrise besonders hart getroffen. Einer der führenden deutschen Industriezweige mit fast einer Million Beschäftigten verkauft rund drei Viertel seiner Produkte im Ausland. In normalen Zeiten ist das ein Trumpf, jetzt ist es eine schwere Bürde. 

Viele der führenden Unternehmen wie Gildemeister, Kuka, Gea oder Jungheinrich sind gezwungen, schmerzhafte Sparprogramme aufzulegen. Allein mit Kurzarbeit dürfte die Branche der Krise aber nicht Herr werden. Experten rechnen mit Entlassungen auch bei den Stammbelegschaften und mit dem Verlust von 25000 Arbeitsplätzen.

In den ersten vier Monaten 2009 konnte sich die deutsche Wirtschaft nicht aus dem Sog des weltwirtschaftlichen Abschwungs befreien. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) gab Ende April für die Branche sogar einen Einbruch der Auftragseingänge von 41 Prozent im Inlands- und von 32 Prozent im Auslandsgeschäft bekannt. „Das Vorjahresniveau der Maschinenbauorders wurde im März 2009 abermals drastisch verfehlt“, beklagte Ralph Wiechers. Allerdings sieht der VDMA-Chefvolkswirt einen Lichtblick: „Im Verlauf konnte im Auslandsgeschäft das Niveau der Vormonate Dezember 2008 bis Februar 2009 erstmals leicht übertroffen werden.“ Einen Grund zur Entwarnung sah der Branchenexperte darin indes noch nicht. Im Gesamtjahr werde es zu einem Produktionsrückgang von zehn bis 20 Prozent kommen.

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sieht in der diesjährigen wirtschaftlichen Talfahrt „weit überwiegend die Folge des massiven weltwirtschaftlichen Einbruchs und des damit verbundenen, massiven Rückgangs unseres Exports“. Mit seinen beiden Konjunkturprogrammen habe Deutschland seine Hausaufgaben gemacht und den Abschwung abgefedert. Ein drittes Programm wäre kontraproduktiv, würde es doch Investoren, Konsumenten und Steuerzahler verunsichern. Zudem seien im nächsten Jahr die Perspektiven besser.

Die Finanz- und Konjunkturkrise hat nicht bloß die Auslandsnachfrage einbrechen lassen. Auch die Finanzierung des Exportgeschäftes wurde schwieriger. Darum sieht das Konjunkturpaket II der Bundesregierung eine Ausweitung der hermesgedeckten Exportfinanzierung vor. Das nutzt dem exportabhängigen Maschinenbau. Doch der VDMA spricht im Zuge der Krise auch ein leidiges Thema an. So verlangt der Verband, die einzelfallorientierte Exportkontrolle bei sicherheitsrelevanten Ausfuhren zugunsten einer Leitlinienregelung abzuschaffen. Mit der staatlichen Exportkontrolle soll die ungehinderte Ausfuhr sensibler oder militärisch nutzbarer Technologien in Problemstaaten verhindert werden.

Auch das massive chinesische Konjunkturprogramm hat die Aufmerksamkeit der Branche geweckt. Zwar fördert es zu 75 Prozent Infrastrukturprojekte. Doch dafür bedarf es geeigneter Ausrüstung. Nicht zuletzt deswegen lagen die chinesischen Anlageinvestitionen im März 2009 um 30 Prozent über dem Vorjahresniveau – ein weltweit ziemlich einzigartiger Wert. Beobachter sehen jedoch stark protektionistische Züge bei den Verwaltungen der chinesischen Provinzen, die der Zentralregierung die Projekte vorschlagen. Darum bleibt zunächst abzuwarten, inwieweit der deutsche Maschinen- und Anlagenbau vom chinesischen Steuergeld profitiert.

Die Hannover-Messe im April 2009 zeigte dessen ungeachtet eine teilweise aufgeräumte Stimmung unter den deutschen Industrieteilnehmern. „Die Hannover-Messe ist ihrer Rolle als Stimmungsbarometer nachgekommen“, kommentierte VDMA-Hauptgeschäftsführer Hannes Hesse. Gleichwohl sei in einigen Teilbranchen des Maschinenbaus, wie beispielsweise der Druck- und Textilmaschinen, „die Lage insgesamt schlecht“. Vor allem die Ausstellungen über Energieeffizienz und über „grüne“ Spitzentechnologien habe die weltgrößte Industrieschau dieses Jahr wieder zum Erfolg gemacht.

Derweil üben sich Ikonen der deutschen Industrie in Kostensenkung. Der große Maschinenbau- und Nutzfahrzeugkonzern MAN, der unlängst seinen Anlagenbau MAN Ferrostaal nach Abu Dhabi veräußert hat, muß über 500 Millionen Euro einsparen, nachdem Gewinn und Auftragseingang zu Jahresbeginn um die Hälfte eingebrochen sind. Der Bielefelder Maschinenbauer Gildemeister hatte 2008 noch sein bestes Geschäftsjahr. Für 2009 rechnet das Traditionsunternehmen, das wie alle Werkzeugmaschinenbauer unter dem Abwärtstrend der Automobilindustrie leidet, mit Umsatzeinbrüchen von über zehn Prozent.

Inzwischen hat der deutsche Maschinenbau noch an einer anderen Front zu kämpfen. Parallel zur Hannover-Messe fand in Karlsruhe die „Resale“ statt: eine Ausstellung für Gebrauchtmaschinen. 514 Aussteller aus 30 Ländern waren vertreten. Während es in Hannover Zukunftsvisionen gebe, biete die „Resale“ laut Veranstalter das Handfeste. Damit sind Gebrauchtmaschinen namhafter Hersteller zu Schnäppchenpreisen gemeint. Während die Nachfrage früher oft aus Entwicklungs- und Schwellenländern kam, sehen sich in Zeiten der Krise auch Vertreter deutscher Fertigungsunternehmen um. Auch große Unternehmen der Maschinenbaubranche wie Gildemeister oder Jungheinrich überlassen inzwischen dieses Geschäft nicht mehr nur den Zwischenhändlern, sondern zeigen in Karlsruhe selbst Präsenz.      Jost Vielhaber

Foto: Messe für Gebrauchtmaschinen: Früher kauften hier vor allem Schwellenländer. Nun fragen auch deutsche Firmen nach.


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