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09.05.09 / »Ein Franke zieht ins Preußenland« / Ausstellung im Kulturzentrum Ostpreußen über den Hochmeister des Deutschen Ordens Siegfried von Feuchtwangen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-09 vom 09. Mai 2009

»Ein Franke zieht ins Preußenland«
Ausstellung im Kulturzentrum Ostpreußen über den Hochmeister des Deutschen Ordens Siegfried von Feuchtwangen

Siegfried von Feuchtwangen – ein Staatsmann mit Weitblick. Seine Lebensgeschichte, die 700 Jahre zurückliegt, wird in der Ausstellung „Ein Franke zieht ins Preußenland“ im Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen beschrieben.

Zahlreiche Hintergründe aus der Geschichte des Deutschen Ordens erläuterte Professor Dr. Klaus Militzer in seinem Einführungsvortrag, um das Wirken von Siegfried von Feuchtwangen zu erklären. Militzer ist an der Philosophischen Fakultät für Mittlere und Neuere Geschichte an der Universität zu Köln tätig.

Im Jahr 1298 werde Siegfried von Feuchtwangen als Deutschmeister geführt, in den Geschichtsbüchern werde er in den Jahren 1299 und 1300 als Komtur von Wien bezeichnet, so Militzer. Der Orden befand sich zu dieser Zeit in einem Zustand der inneren Zerstrittenheit, nachdem 1291 mit der Kreuzritterburg Montfort und der Stadt Akkon die letzten Bastionen im Heiligen Land verlorengegangen waren.

Die Templer und die Johanniter verlegten ihren Sitz nach Zypern, der damals regierende Hochmeister Konrad von Feuchtwangen den Hauptsitz des Deutschen Ordens jedoch nach Venedig, da er für einen neuen Angriff auf die palästinensische Küste die Flotte der Venezianer benötigt hätte. Die preußischen Ordensbrüder in Preußen und Livland wollten aber stärker berücksichtigt werden, denn ihre Macht  in den baltischen Staaten wurde seit etwa 1240 immer stärker.

Konrads Nachfolger Gottfried von Hohenlohe mußte dem Ordenskapitel schwören, daß er Venedig als Haupthaus des Ordens halten würde. Das Kapitel schränkte zudem seine Entscheidungs- und auch seine Reisefreiheit ein. Nach einem Konflikt mit der Kirche verlor der Orden im Jahre 1303 einen Teil seiner Besitzungen bei Venedig und Neapel, Hohenlohe mußte in Elbing abdanken und Siegfried von Feuchtwangen wurde am 18. Oktober 1303 zu seinem Nachfolger gewählt.

Während sich Siegfried in seinen ersten Amtsjahren am Hauptsitz des Ordens in Venedig aufhielt und wegen eines Streites mit seinem Vorgänger nicht viel bewegen konnte, vertraten ihn die Landmeister von Preußen, Konrad von Sack, und von Livland, Gottfried von Rogge. Beide trieben den Aufbau des Ordensstaates im Norden voran. Durch die Freundschaft Siegfrieds mit Wenzel II., dem König von Polen und Böhmen, hatte der Ordensstaat keine Feinde im Westen und Süden und freie Verbindung ins Reich. 1305 stellte der französische König Philipp IV. die Existenzrechte aller Ritterorden in Frage. Der Kampf gegen die Heiden in Preußen und Livland war das neue Ordensziel, das die ständige Anwesenheit des Hochmeisters erforderte. Bereits 1307 wurden erste Vorbereitungen für die Verlegung des Hauptsitzes getroffen. Nach dem Erwerb von Pommerellen und Danzig lag die Marienburg im Zentrum des Ordensterritoriums, die geopolitische Lage des Staates hatte sich verändert.

Die sofortige Verlegung wurde dann 1309 während eines Generalkapitels in die Ordensburg Marienburg, die damals nur aus dem Hochschloß bestand, beschlossen. An der heutigen Stelle des Mittelschlosses stand die Vorburg mit Stallungen und Wohnungen der Soldaten. Das Ordensarchiv blieb weiter in Venedig.

Auf der Marienburg begann Siegfried mit dem Aufbau eines geordneten Staates mit weltlicher Prägung und einer einheitlichen Verwaltung auf Grund der 1310 verabschiedeten Landesordnung. Sie war auch ein Kolonisationsprogramm für den Aufbau der Landwirtschaft. Geregelt wurden die Christianisierung der Prußen sowie Handel und Handwerk. Neue Regeln in der Siedlungs- und Wirtschaftspolitik folgten, alle Maße und Gewichte wurden vereinheitlicht. Das Kulmische Vierchen wurde als neue Münze eingeführt, an der Süd-, West- und Nordostgrenze wurden in Mewe, Schlochau und Bütow neue Burgen angelegt oder geplant.

Alle seine Pläne konnte Siegfried jedoch nicht mehr verwirklichen, da er am 3. Mai 1311 an den Folgen der „Roten Ruhr“ (Dick­darm­ent­zün­dung) starb. Er wurde in der Kathedralkirche zu Kulmsee beigesetzt. In die Geschichte ging Siegfried von Feuchtwangen als Staatsmann mit Weitblick ein, der eine eigene Vision des Ordensstaates hatte und dem Amt des Hochmeisters wieder die Autorität zurück gab.

„Wichtig ist, daß Europa von unten zusammenwächst“, erklärte Alexander Küßwetter als Vertreter des Bezirkstagspräsidenten von Mittelfranken bei der Ausstellungseröffnung. Der Bezirk Mittelfranken unterstütze gerne die geleistete Arbeit des Kulturzentrums Ostpreußen. Die Polen seien sich gerade in der Partnerregion, der Woiwodschaft Pommern, ihrer geschichtlichen Verantwortung bewußt. Sie erhielten und renovierten mit der Marienburg ein Bauwerk europäischen Ranges.

Der Direktor des Kulturzentrums Ostpreußen in Ellingen hatte eingangs zur Eröffnung der ersten Sonderschau des Jahres zahlreiche Ehrengäste begrüßt, darunter auch die Vorsitzende des Fördervereins des Kulturzentrums, Katharina Fürstin von Wrede, den Direktor der Bezirksverwaltung Bernhard Amend, die mittelfränkische Bezirksheimatpflegerin Dr. Andrea Kluxen sowie den Bürgermeister der Stadt Feuchtwangen Patrick Ruh. Musikalisch wurde die Vernissage von der Ellinger Deutschordenskapelle unter der Leitung von Philipp Sand umrahmt. Zahlreiche Leihgaben aus dem Besitz des Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz Berlin, der Deutschordensschatzkammer Wien, dem Schloßmuseum Marienburg, dem Westpreußischen Landesmuseum in Münster sowie von Privatpersonen bereichern die dreiteilig aufgebaute Ausstellung. Beschrieben werden die Gründung des Ordens und die Kreuzzüge, die Entstehung der jährlich von rund 600000 Personen besuchten Marienburg sowie weitere Facetten zur Geschichte des Deutschen Ordens. Als völlig problemlos bezeichnete der Museumsleiter die Zusammenarbeit an der Basis zwischen Deutschen und Polen. Man dürfe das Feld nicht den Extremisten überlassen, die sich in der Presse über das deutsch-polnische Verhältnis ausließen.      Manfred E. Fritsche

Die Ausstellung „Ein Franke zieht ins Preußenland“ im Kulturzentrum Ostpreußen im Deutschordensschloß Ellingen ist bis zum 29. November Dienstag bis Sonntag von 10 bis 12 und von 13 bis 17 Uhr geöffnet (ab Oktober von 10 bis 12 und von 14 bis 16 Uhr).

Foto: Siegfried von Feuchtwangen (3. von rechts): Im Kreise anderer Hochmeister in Marienburg


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