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16.05.09 / Forderung nach »Weckruf« wird laut / US-Finanzminister unterstützt Schönfärberei bei den Banken − Geldwertstabilität weiter gefährdet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-09 vom 16. Mai 2009

Forderung nach »Weckruf« wird laut
US-Finanzminister unterstützt Schönfärberei bei den Banken − Geldwertstabilität weiter gefährdet

Wer nicht hören will, muß fühlen, so die Chefin des US-Einlagensicherungsfonds, Sheila Bair. Ginge es nach ihr, würde jede Bank, die ihre Hausaufgaben nicht macht, unter Zwangsverwaltung gestellt. Sie kann dabei bereits auf Erfolge verweisen.

Angeblich war es das Ziel von US-Finanzminister Timothy Geithner, Klarheit zu schaffen: Mit seinem „Streßtest“ sollte offengelegt werden, ob und wie die 19 größten Banken der USA, mit jeweils mehr als 100 Milliarden Dollar Bilanzsumme, eine weitere Verschlechterung der Wirtschaftslage verkraften würden. Das Resultat sei positiv, gab Geithner bekannt: Neun Banken benötigten kein zusätzliches Kapital, und die zehn, die frisches Geld aufnehmen müßten, könnten sich dies aus eigener Kraft (ohne Staatshilfen) am Kapitalmarkt besorgen.

Also alles in bester Ordnung? Da sind viele in den USA ganz anderer Meinung: Schon im Vorfeld der Veröffentlichung der Testergebnisse schlug Barack Obamas Mann fürs Geld scharfes Mißtrauen entgegen. Nicht um Klarheit, sondern um Beschönigung sei es ihm gegangen, bemängelten renommierte Wirtschaftswirtschaftler. So sei für 2009 eine Arbeitslosenrate von 7,9 Prozent zugrundegelegt worden, dabei habe die schon im ersten Quartal bei 8,1 Prozent gelegen. Die für nächstes Jahr als schlimmster Fall angenommene Quote von 10,3 Prozent werde nach derzeitigem Ermessen ebenfalls leicht übersprungen.

Als Bestätigung für ihre Kritik sehen Geithners Opponenten das Fernbleiben der Chefin des Einlagensicherungsfonds, Sheila Bair, von der Pressekonferenz, auf der der Finanzminister und der US-Notenbankchef Ben Bernanke die Testergebnisse bekanntgaben. Bair hat genug von der Rettung jedweder Bank. Das Konzept „too big to fail“ gehöre in die Mülltonne, schimpfte sie Anfang Mai. „Too big to fail“, zu deutsch: zu groß, um zu scheitern bedeutet, daß der Staat keine Großbank untergehen läßt, die er als wichtig für das gesamte Finanzsystem erachtet. Bair ergänzte, der Einlagensicherungsfonds stehe bereit, um auch Großbanken abzuwickeln. Ihr Wort hat Gewicht in den USA, denn dem Fonds ist es gelungen, eine Reihe kleiner und mittlerer Geldinstitute derart abzuwickeln, daß deren Kunden keinen Schaden nahmen.

Geithers Glaubwürdigkeit leidet insbesondere darunter, daß das Testergebnis sich seine Grundlagen gewissermaßen selbst schafft: Die Banken, die noch Geld benötigen, können sich dies nur auf dem freien Markt (etwa mit Anleihen) besorgen, wenn es dort Vertrauen in ihre Zukunft gibt. Dieses Vertrauen aber nährt sich ganz wesentlich von den Resultaten des „Streßtests“, sprich: Das (erwünschte) Untersuchungsergebnis ist eine der Rahmenbedingungen des amerikanischen Ban-kensektors und der US-Wirtschaft. Letztlich also konnte der Geithner-Test über die Solvenz amerikanischer Großbanken niemals „neutral“ ausfallen, da das bekanntgegebene Ergebnis viel zu sehr auf die „gefühlte“ Wirtschaftslage durchschlagen mußte und daher nicht allzu negativ ausfallen durfte.

Geithner muß jetzt hoffen, daß sein Dreh funktioniert, daß die Märkte also tatsächlich wieder Vertrauen fassen in die untersuchten Banken. Im staatlichen Rettungsfonds „Tarp“ sind von ursprünglichen 700 Milliarden Dollar nämlich nur noch 110 Milliarden übrig. Sollten strauchelnde Institute nach weiteren Milliardenhilfen vom Staat rufen, könnte Geithner bald gezwungen sein, im Parlament erneut um mehr Geld zu betteln. Das dürfte ein politisches Erdbeben auslösen und könnte ihm politisch das Genick brechen.

Sheila Bair zeiht ihn ohnehin der Schönfärberei, die nur dazu führe, daß sich die Geldinstitute weiterhin um ihre dringenden Hausaufgaben herumdrückten. Man solle ruhig einmal eines der großen Häuser kurzfristig unter Zwangsverwaltung nehmen, fordert Bair. Das wirke wie ein „Weck­ruf“ auf alle anderen, endlich eine Lösung für ihre maroden Wertpapiere zu finden. Trotz prominenter Unterstützung durch weltbekannte Ökonomen wie Nouriel Roubini, Kenneth Rogoff oder Paul Krugman steht Sheila Bair jedoch zunehmend isoliert da. Geithner und Bernanke fahren unbeirrt fort in ihrer Politik, welche von ihren Gegnern als der sichere Weg in eine ernsthafte Erschütterung der Geldwertstabilität angesehen wird.

Ein wenig Rückenwind erhielt die Obama-Regierung indes von jüngsten Konjunkturdaten. So stieg der Einkaufsmanager-Index ISM im April auf 43,7 Punkte nach 40,8 im März. Experten hatten einen Anstieg auf lediglich 42 Zähler erwartet. Von Euphorie ist allerdings wenig zu spüren. Beobachter sprechen lediglich davon, daß nun zumindest der freie Fall aufgehalten worden sei, wobei bis auf weiteres offen bleibe, ob es sich hier nur um eine kurze Verschnaufpause vor dem nächsten Einbruch handelt oder ob nunmehr endlich die Talsohle erreicht sei. Wie auch immer: Wirtschaftswachstum zeigt der ISM erst ab 50 Punkten an, wo er zuletzt im Spätsommer 2008 stand. Zudem müßten sich erst reale Daten wie Produktion und Auftragseingänge wieder nach oben bewegen, bevor von einem Aufschwung die Rede sein könne, heißt es in Beobachterkreisen. Und die müßten mindestens über mehrere Monate positiv sein, bevor es wirklich aufwärts geht. Hans Heckel

Foto: Es reicht: Sheila Bair, die Chefin des Einlagensicherungsfonds, will Timothy Geithners (Mitte) Politik nicht weiter stützen.


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