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16.05.09 / Im Gespräch mit der Natur / In der Sächsischen Schweiz den Spuren des Malers Caspar David Friedrich gefolgt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-09 vom 16. Mai 2009

Im Gespräch mit der Natur
In der Sächsischen Schweiz den Spuren des Malers Caspar David Friedrich gefolgt

Caspar David Friedrich, 1774 in Greifswald geboren, wird heute weltweit als einer der bedeutendsten deutschen Maler geschätzt. Seine Bilder, die in großen Museen zu finden sind, gelten als Inbegriff der Romantik.

Friedrich zog 1798 nach Dresden, ließ sich dort nieder und schrieb sich an der Akademie ein. Den Unterricht besuchte er jedoch nicht, sondern zog es vor, durch die Natur zu wandern – Skizzen zeugen von diesen Wanderungen, auf denen der Künstler „Material“ sammelte für seine Landschaften. Reisen gaben ebenfalls Grundlagen für neue Eindrücke, neue Motive. Doch während es andere Künstler in den Süden, meist nach Italien, zog, blieb der Pommer mit schlesischen Vorfahren in seiner engeren Heimat. Er reiste nach Neubrandenburg, besuchte Greifswald, die Insel Rügen, wanderte durch das Riesengebirge, den Harz und das Elbsandsteingebirge.

„Ich muß allein bleiben und wissen, daß ich allein bin, um die Natur vollständig zu schauen und zu fühlen“, schrieb Friedrich in einem Brief an den befreundeten Dichter und Staatsrat Schukowski, als dieser ihn zu einer Reise einlud. „Ich muß mich dem hingeben, was mich umgibt, mich vereinigen mit meinen Wolken und Felsen, um das zu sein, was ich bin. Die Einsamkeit brauche ich für das Gespräch mit der Natur. Einmal wohnte ich eine ganze Woche im Uttewalder Grund zwischen Felsen und Tannen, und in dieser ganzen Zeit traf ich keinen einzigen lebenden Menschen. Es ist wahr, diese Methode rate ich niemandem – auch für mich war das schon zuviel: Unwillkürlich tritt Düsterkeit in die Seele.“ Und so finden sich in Friedrichs Werke viele Ruinen, verlassene Klöster – Zeugnisse des Verfalls, des Niedergangs. Bilder wie „Kreuz im Gebirge“ („Tetschener Altar“) sind überhaupt erst möglich geworden durch die intensiven Naturstudien, die Friedrich in der Sächsischen Schweiz unternahm.

Frank Richter ist den Spuren des Malers gefolgt und hat die Motive in der Sächsischen Schweiz aufgesucht. In vielen Fällen ist es ihm gelungen, den genauen Standort des Malers im Gelände zu lokalisieren. In seinem neuen Buch „Caspar David Friedrich – Spurensuche im Dresdner Umland und in der Sächsischen Schweiz“ (Verlag der Kunst, Husum 2009, 144 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen, broschiert, 16,95 Euro) stellt er den Werken Friedrichs Vergleichsfotografien von heute gegen-über und schafft so nicht nur interessante Einblicke in die Veränderungen der Landschaft, sondern auch in die Arbeitsweise des Malers. So ist etwa die Klosterruine Heiligenkreuz weitgehend noch so erhalten und gesichert, wie sie Friedrich vor mehr als 200 Jahren vorfand und im sogenannten „Kleinen Mannheimer Skizzenbuch“ festhielt. Die Landschaft des Prebischtorgebietes, die Friedrich etwa in dem Gemälde „Gebirgslandschaft mit Regenbogen“ (heute im Essener Folkwang Museum) festhielt, ist für Wanderer allerdings nicht mehr zugänglich. Die entsprechenden Stellen liegen in der streng geschützten Naturzone des Nationalparks Böhmische Schweiz und sind gesperrt. Das Buch von Frank Richter, das sich durchaus als Reiseführer eignet, bietet dem Kunstfreund auch Texte zu Leben und Werk des Malers, den Wilhelm von Kügelgen in seinen „Jugenderinnerungen eines alten Mannes“ den „Einundeinzigsten in seiner Art“ nannte. Fried-richs Bilder wurden vom Publikum angenommen, selbst das preußische Königshaus sammelte bald seine Gemälde. Erste große Erfolge stellten sich 1805 ein, als er zwei Sepiazeichnungen auf der Weimarer Kunstausstellung zeigen durfte. 1810 wurde Friedrich zum Mitglied der Berliner Akademie ernannt, 1816 zum Mitglied der Dresdener Akademie; eine Professur allerdings wurde ihm verwehrt. Es war dies die Zeit der napoleonischen Besetzung und der Befreiungskriege. Vielleicht galt Friedrich, der 1813 mit seinem Landsmann Ernst Moritz Arndt zusammengetroffen war und sich „gegen Fürstenknechtschaft und für Volkssouveränität“ in einem Brief an Arndt bekannt hatte, damals als politisch unzuverlässig. Friedrichs Stern am Kunsthimmel begann zu verblassen. Eine neue Zeit war angebrochen, zudem machten ihm Krankheiten und zwei Schlaganfälle (1835 und 1837) sehr zu schaffen. Mißverstanden und vereinsamt starb er am 7. Mai 1840 in Dresden und wurde am 10. Mai auf dem Trinitatisfriedhof in Dresden-Johannstadt beigesetzt.

Auf den Selbstbildnissen sieht der Betrachter meist einen in sich gekehrten Mann. Daß Friedrich auch ausgelassen sein konnte, erfährt man aus Berichten seiner Freunde wie Gotthilf Heinrich von Schubert. „Überall, wohin er kam, brachte er, wenn ihm der Kreis gefiel, Heiterkeit mit sich ... Wenn er im tiefen Ernst versunken bei seiner Arbeit saß, und es kamen Kinder aus der Nachbarschaft zu ihm, da plauderte er und scherzte er mit diesen selber wie ein Kind.“ Wenn es allerdings darum ging, „Luft zu malen“, durfte man den Meister nicht ansprechen, wußte seine Frau Christiane zu erzählen. Die „Luft“ schien ihm auch meisterhaft zu gelingen. Schon Johanna Schopenhauer, Schriftstellerin und Mutter des Philosophen Arthur Schopenhauer, notierte: „Friedrichs Arbeiten unterscheiden sich besonders durch die Wahl der Gegenstände auffallend von denen aller andern Landschaftsmaler. Die Luft, die er meisterhaft zu behandeln weiß, nimmt bei den meisten seiner Gemälde weit über die Hälfte des Raumes ein …“ Wie wichtig ihm die „Luft“ und damit auch die Wolken waren, zeigt eine Episode, von der die befreundete Malerin Luise Seidler berichtet. Die von ihr übermittelte Bitte Goethes um Wolkenstudien lehnte Friedrich schroff ab, da er seine „leichten, freien Wolken“ nicht in ein Korsett gezwängt sehen wollte.

Der Kunstbegriff, den Friedrich kompromißlos propagierte, war hoch: „Schließe dein leibliches Auge, damit du mit dem geistigen Auge zuerst siehst dein Bild. Dann fördere zutage, was du im Dunkeln gesehen, daß es zurückwirke auf andere, von außen nach innen. Der Maler soll nicht bloß malen, was er vor sich sieht, sondern auch, was er in sich sieht. Sieht er aber nichts in sich, so unterlasse er auch zu malen, was er vor sich sieht.“Silke Osman

Foto: Caspar David Friedrich: Wanderer am Meilenstein (Selbstbildnis) 


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