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16.05.09 / Irak als neues Vietnam? / Eine Analyse der beiden großen militärischen Desaster der USA

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-09 vom 16. Mai 2009

Irak als neues Vietnam?
Eine Analyse der beiden großen militärischen Desaster der USA

Eines der Hauptziele des neuen US-Präsidenten ist der Abzug der US-Truppen aus dem Irak. Derzeit wird überall diskutiert, wie dieser Abzug am besten vollzogen werden soll. Zeit für eine Analyse, was dort eigentlich schiefgelaufen ist, nimmt man sich im Tagesgeschehen wenig, da alle Energie der Frage, wie die USA halbwegs glimpflich das Irak-Desaster beenden können, gewidmet ist.

Der ungarische Journalist Dr. Joseph Pozsgai hat sich in seinem Buch „Vom Vietnam-Krieg zum Irak-Desaster – Fehlentscheidungen amerikanischer Politik“ mit den Hintergründen der beiden großen militärischen Niederlagen der USA in den letzten Jahrzehnten auseinandergesetzt.

Bereits im März 2003, als der Vormarsch der scheinbar übermächtigen US-Truppen im Sandsturm vor Bagdad einmal kurz ins Stocken geriet, schrieb der „Spiegel“: „Amerikas tiefste Ängste lassen sich in einem Wort zusammenfassen: Vietnam. Nun konfrontiert das Chaos im Irak die Supermacht mit ihrem Trauma. Viele US-Bürger fürchten bereits, daß ihr Land abermals im Sumpf eines Guerillakrieges versacken könnte.“ Vergleiche wie diese haben den auch für deutsche Tageszeitungen als Kommentator tätigen Journalisten Pozsgai veranlaßt, Gemeinsamkeiten zwischen dem Vietnam- und dem Irakkrieg zu suchen.

Für diesen Vergleich liefert der Autor eine überzeugende Analyse des Vietnamkrieges. Gleich zu Beginn verweist er darauf, daß die Protagonisten dieses Krieges keineswegs nur die USA und Südvietnam auf der einen Seite und Nordvietnam auf der anderen Seite gewesen seien, sondern Rußland und vor allem China bei der Unterstützung des kommunistischen Nordens Vietnams eine wichtige Rolle gespielt hätten. Doch hier seien bereits US-Präsident Kennedy und seinen Nachfolgern Johnson und Nixon die ersten Fehleinschätzungen unterlaufen. Während man in Washington dachte, Rußland sei im Rahmen des Kalten Krieges eine treibende Kraft bei der Unterstützung und Finanzierung nordvietnamesischer Anschläge auf südvietnamesische Territorium, habe man China völlig aus dem Blick verloren. Podzsgai führt detailliert an, warum Rußland gar kein Interesse an militärischen Einmischungen der USA in Südostasien hatte. Er schildert die Machtkämpfe der kommunistischen Großmächte China und Rußland untereinander und die Interessenlage der nordvietnamesischen Politclique in Hanoi um Ho Chi Minh. Aber auch auf die Fehleinschätzungen Washingtons der Machtverhältnisse im theoretisch demokratischen Saigon geht der Autor ein. Zudem fragt er, warum die USA sich auf einen Guerillakampf im Süden Vietnams mit den Vietcongs einließen, anstatt in den Norden einzumarschieren. Die Angst vor einer Intervention Rußlands sei nämlich laut dem Autor aufgrund anderer Probleme Moskaus unbegründet gewesen.

Die interessante, offen Position beziehende Analyse des Vietnamkrieges nimmt zwei Drittel des Buches ein. Diese starke Gewichtung zulasten des Irakkrieges irritiert. Auch wirken die Aussagen zum Irakkrieg weniger tiefgründig. Zwar wird auch hier deutlich, daß es unklar ist, wieso sich US-Präsident Bush im Rahmen des Terrorkampfes für den Irak als zweites Angriffsziel nach Afghanistan entschied, doch da das Thema Irakkrieg weit vielschichtiger ist, als der Autor es ihm zugesteht, fällt das Buch zum Ende hin ab.

Die Tatsache, daß der Autor sein Buch bereits 2008 verfaßt hat, aktuelle Entwicklungen also noch nicht verarbeitet sind, ist leicht zu verschmerzen, zumal er seinen Schwerpunkt sowieso auf den Vietnamkrieg der Jahre 1965 bis 1973 legt. Störend ist allerdings, daß er die Kriege nur strategisch behandelt, ohne auf die Grausamkeiten auf allen Seiten einzugehen, die wiederum die Art und Weise der Kriegsführung bestimmten.         Bel

Joseph Pozsgai: „Vom Vietnam-Krieg zum Irak-Desaster – Fehlentscheidungen amerikanischer Politik”, Olzog, München 2008, kartoniert, 320 Seiten, 24,90 Euro


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