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23.05.09 / Persönlicher, informativer, moderner / Der neue Chef des Ostpreußischen Landesmuseums will neue Zielgruppen ansprechen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-09 vom 23. Mai 2009

Persönlicher, informativer, moderner
Der neue Chef des Ostpreußischen Landesmuseums will neue Zielgruppen ansprechen

Wenn es um das Ostpreußische Landesmuseum (OL) geht, herrscht seit dem 1. April Ruhe in der Regionalpresse in und um Lüneburg. Das ist in soweit verwunderlich, als diese sich seit der Entlassung des vorherigen OL-Direktors Ronny Kabus im Jahr 2005 intensiv, aber selten sachlich mit der Personalfrage beschäftigt hat.

Doch kaum ist der neue OL-Direktor Dr. Joachim Mähnert im Amt, ist plötzlich alle Polemik gegen das OL und die mit ihm indirekt verbundene Landsmannschaft Ostpreußen in der Berichterstattung verschwunden. Das ist weitgehend dem neuem Museumschef zu verdanken. Die ruhige, ausgleichende Art des 42jährigen strahlt gleichermaßen auf Gegner wie Freunde des Museums aus, so daß er sich eine hervorragende Basis geschaffen hat, um Veränderungen durchzusetzen.

Daß das OL nicht einfach so weitermachen kann wie bisher, ist der Ostpreußischen Kulturstiftung  − in der Vertreter der Ostpreußen, des Bundes sowie der Länder Bayern und Niedersachsen sitzen − als Trägerin durchaus bewußt. Auch der Bund und das Land Niedersachsen, die den Museumsbetrieb auf Grundlage des Paragraphen 96 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) finanzieren, sehen Handlungsbedarf. Das Ziel der 1991 gegründeten Ostpreußischen Kulturstiftung ist es, das ostpreußische kulturelle Erbe zu erhalten und es für Forschung und Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Doch das wird, so wie das OL jetzt konzipiert ist, immer schwerer.

So lange es genügend gebürtige Ostpreußen gab, konnte das OL sich stets über viele interessierte Besucher freuen, doch die Zahl der von Geburt her an dem Museum Interessierten nimmt altersbedingt ab. „Die Busse mit den Ostpreußen werden immer weniger“, stellt Jo-achim Mähnert nüchtern fest. Zwar habe das OL hinsichtlich seiner Museumspädagogik weit über die Grenzen Lüneburgs hinweg einen ausgezeichneten Ruf, so daß auch viele Schulklassen das Museum besuchen würden, doch das ändere nichts daran, daß zwischen den Schülern und den immer älter werdenden Ostpreußen eine Alters-Lücke klafft. „Der klassische, kulturbeflissene Museumsbesucher, der vor allem der kunsthistorischen Sammlung wegen kommt, findet zu selten den Weg ins Haus“, so der ehemalige stellvertretende Leiter des Berliner Freilichtmuseums Domäne Dahlem. In Dahlem konnte Mähnert jährlich 300000 Besucher begrüßen, in Lüneburg sind es nur knapp 25000 − und es werden weniger. Aber es sollen wieder mehr werden. Dafür muß sich die Ausstellung dem Besucher besser erschließen: „Wir müssen die ostpreußische Geschichte kontextualisieren, da viele schon die europäische Kulturgeschichte nicht mehr kennen.“

Das Thema Ostpreußen sei ungeheuer spannend, beteuert Mähnert. Drei seiner vier Großelternteile stammten aus Ostpreußen. Früh habe er ihren Geschichten gelauscht, gehört, wie die Großfamilie mit rund 20 Kindern „im Gepäck“ in letzter Minute mit dem Geschützlärm sowjetischer Panzer im Rücken geflohen ist. Während seines Studiums habe er sich der osteuropäischen Geschichte zugewandt, so daß er das Umfeld des historischen Ostdeutschlands gut kenne. Aber auch die Lüneburger Region ist dem Zugezogenen nicht neu. Da die Großeltern mütterlicherseits nach der Flucht dort Wurzeln geschlagen haben, ist ihm vieles aus Besuchen vertraut.

Diese eigenen Erfahrungen will Mähnert auch in das neue Museumskonzept einbringen. Mehr persönliche Geschichte durch Emotionen weckende, biographische Beispiele sind vorgesehen und mehr Inhalte über Lüneburg und sein Umland, denn hier siedelten sich nach 1945 viele Vertriebene an. Die jetzige Ausstellung ende aber 1945, so der Museumsleiter, gehe also nicht darauf ein, wie die Vertriebenen angekommen sind und was sie seitdem getan haben. „Man muß den Lüneburgern erklären, was Ostpreußen mit ihrer Region zu tun hat.“ Auch will Mähnert darauf eingehen, was von der ostdeutschen Kultur auf dem Boden der Vertreibungsgebiete in Rußland, der Polen und Litauen heute noch zu finden ist.

Zudem befriedige ihn die noch vor dem Mauerfall konzipierte Dauer-Ausstellung nicht. Heute sei aufgrund einer neuen, gefälligeren Museumsdidaktik die Sprache und auch die Aufbereitung der Informationen anders strukturiert.

Erfolgreiche Museen, die viele Besucher aufweisen, werden eher von Bund und Ländern mit finanziellen Zuwendungen bedacht. Dem OL hingegen wurden aber, obwohl es personell auf relativ hohem Niveau arbeitet, im Laufe der Jahre die öffentlichen Mittel stark reduziert. Private Sponsoren sind schwer zu finden, da das Museum auch wegen verzerrter Berichte in der Presse zu Unrecht in den Geruch geraten ist, eine rückwärtsgewandte Einrichtung zu sein.

„Als Landesmuseum fahren wir nicht an erster Stelle“, bedauert Mähnert und will noch vor der Bundestagswahl den staatlichen Geldgebern ein neues Konzept vorlegen, „schließlich gäbe es vor der Bundestagswahl noch Geschenke, danach nur saure Zitronen“. Um die Attraktivität des Landesmuseums national und auch international zu erhöhen, soll die alte Idee einer dem Landesmuseum angeschlossenen Deutsch-Baltischen Abteilung umgesetzt werden. Hierfür müssen der Bund und das Land Niedersachsen noch die in Aussicht gestellten gut vier Millionen Euro bereitstellen. In Lüneburg hat das Deutsch-Baltische Kulturwerk, die Carl-Schirren-Gesellschaft e. V., seinen Sitz. Das ist ein Anknüpfungspunkt mit der Region, neben der Tatsache, daß Lüneburg als Hansestadt alte Kontakte in den Ostseeraum hat.

Der neue OL-Direktor will sichtlich viel bewegen. Daß man das in Lüneburg kann, davon ist er trotz der alten Querelen – hinter denen vermutlich nur eine Handvoll eingefleischter politischer Gegner der Ostpreußen standen – überzeugt. Er will den Menschen Ostpreußen, das so viele Facetten von Kultur, Geschichte, Volkskunde, Agrargeschichte bis zu Flucht, Vertreibung und Integration bietet, vermitteln.

Mähnert will erst eine „Corporate Identity“ des Museums konzipieren, bevor er der Internetseite und den Informationsmaterialen des Hauses auch äußerlich mehr Frische und Dynamik verleihen will – ein durchaus unternehmerischer Ansatz. Daß sich bei dem Mitglied eines Arbeitskreises „Museums-Management“ Geschäftssinn und Herz für die Geschichte einander die Waage halten, wird er nun beweisen können.     R. Bellano

Foto: Findet Ostpreußen ungeheuer spannend: Der neue Museumsdirektor Joachim Mähnert


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