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© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-09 vom 23. Mai 2009
»Imperium – Konflikt – Mythos« Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in Kalkriese die dreiteilige Ausstellung „Imperium – Konflikt – Mythos. 2000 Jahre Varusschlacht“ eröffnet. Weitere Ausstellungsorte sind das Römermuseum in Haltern und das Lippische Landesmuseum in Detmold. Die Bundeskanzlerin, die gemeinsam mit den Ministerpräsidenten Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens, in deren Bundesländern die Ausstellungsorte liegen, sowie dem Präsidenten des EU-Parlamentes die Schirmherrschaft ausübt, war am 15. Mai bei der Eröffnung von „Imperium – Konflikt – Mythos“ in Kalkriese dabei. In ihrer Eröffnungsrede ging sie auf die Dreiteiligkeit der Ausstellung mit ihren drei Ausstellungsorten und deren unterschiedlicher Schwerpunktsetzung ein: „Sie ist außergewöhnlich, zum einen, weil sie aus drei Teilen an drei verschiedenen Orten besteht – Haltern, Kalkriese und Detmold –, und zum anderen, weil sie nicht, wie wir das in diesen Tagen oft tun, an 60 Jahre Bundesrepublik oder sogar nur an 20 Jahre Mauerfall erinnert, sondern weil das Ereignis, an das wir denken, 2000 Jahre zurückliegt. Aber je länger es zurückliegt, umso größer ist vielleicht die Faszination eines solchen Ereignisses wie die Varusschlacht. Sie ist Gegenstand wissenschaftlicher Forschung, von Bildung und von Identität. Das Wunderschöne ist …, daß sie die Gedanken der Menschen in einem umfassenden Ausmaß beschäftigt. Deshalb ist es so schön, daß es gelungen ist, diese Kooperation ,Imperium – Konflikt –Mythos. 2000 Jahre Varusschlacht‘ ins Leben zu rufen“, so Angela Merkel. Den chronologischen Anfang der Trias mache die Ausstellung „Imperium“, die in Westfalen-Lippe, in Haltern am See, ihren Platz gefunden habe. Dort werde die Entwicklung Roms aufgezeigt – von den mythologischen Anfängen des Dorfes auf den sieben Hügeln bis zu der kulturellen und politischen Blütezeit unter Kaiser Augustus. Von diesem sogenannten „Goldenen Zeitalter“ zeugten zahlreiche Meisterwerke. Viele davon würden in dieser „Imperium“-Ausstellung zum allerersten Mal in Deutschland gezeigt. Die Ausstellung in Haltern durchziehe als roter Faden der Lebensweg des Varus, des Namensgebers dieser Schlacht, betonte die Kanzlerin. „Welche Bedeutung die Schlacht hatte, verdeutlicht hier in Kalkriese die Sonderausstellung ,Konflikt‘. Nach der Niederlage zog sich das Römische Reich zurück, so daß der Einfluß der römischen Hochkultur auf die Germanen östlich des Rheins endgültig erstarb. Die Ausstellung geht der Frage nach, warum bei den Germanen, die eigentlich die Sieger waren, keine Ruhe einkehrte, warum sie weiterhin permanent Krieg führten. So spannt die Ausstellung einen Bogen bis ins 5. Jahrhundert und versucht auszuloten, welche Bedeutung das Thema Konflikt und Krieg in den germanischen Gesellschaften hatte“, stellte Angela Merkel die Besonderheit der Sonderausstellung „Konflikt“ heraus. „In diesem Zusammenhang kommen wir dann auch zur Ausstellung ,Mythos‘ des Lippischen Landesmuseums Detmold, das als dritter Partner der Kooperation im Spiel ist.“ Unweit des Hermannsdenkmals, das 1875 errichtet worden sei, illustriere sie die unterschiedlichen Deutungen der Varusschlacht, die Suche nach der nationalen Identität sowie die Gefahr, wie leicht die Geschichte auch instrumentalisiert werden könne. Damit schließe die Ausstellung in Detmold den Themenbogen von „Imperium – Konflikt – Mythos“, beendete die Politikerin die Vorstellung des Ausstellungsprogramms. Der im „Lippischen Landesmuseum“ in Detmold bis zum 25. Oktober zu sehende Ausstellungsteil zeigt unter dem Titel „Hermann – Mythos und Denkmal“ auch zahlreiche Exponate aus England und Italien, darunter auch eine Kopie der lebensgroßen Statue der Thusnelda, die den toten Arminius betrauert. Die „Annalen“ von Tacitus und Schriften des römischen Politikers und Historikers Cassius Dio sowie archäologische Funde bilden die Grundlage für den sich in späteren Jahrhunderten entwickelnden Mythos um Arminius und seine Mannen. Hermann – Mann des Heeres – wurde schließlich von Martin Luther und Ulrich von Hutten zum Urvater der sich bildenden deutschen Nation erklärt. „Unsere Kenntnisse vom Leben der Germanen unter römischer Herrschaft und dem Sieg des Arminius über Varus verdanken wir ausschließlich den schriftlichen Zeugnissen von Tacitus und Cassius Dio, die erst 100 Jahre nach der römischen Niederlage veröffentlicht wurden“, sagt Katrin Winter vom Landesmuseum. „Die Germanen hatten zu jener Zeit ja noch keine Schrift.“ Rund um die Legendenbildung wird eine Fülle von Veranstaltungen angeboten. Zwei richten sich gleichermaßen an Kinder und jung gebliebene Erwachsene: „Komm, wir lassen Mythen platzen“ und „Welch ein Barbarenleben“ nehmen den Mythos rund um die Schlacht sowie die Lebensgewohnheiten der vermeintlichen „Barbaren des Nordens“ unter die Lupe. Während das „Lippischen Landesmuseum“ in Detmold sich dem Mythos widmet, beleuchtet die „Varusschlacht im Osnabrücker Land – Museum und Park Kalkriese“ nördlich von Osnabrück den Konflikt, der zwischen Germanen und Römern ausgetragen wurde. Experten glauben, daß hier eine gewaltige kriegerische Auseinandersetzung, wenn nicht gar die Hauptschlacht, stattgefunden habe. 1987 fand der britische Major und Hobbyarchäologe Tony Clunn einen Münzschatz, der auf die Zeit rund um das Jahr 9 datiert wird und die Fachwelt auch heute noch entzückt. Später wurden Schleuderbleie, Gefäße, weitere Münzen, Speerspitzen, Werkzeuge und eine Reihe von Gebrauchsgegenständen aus dem Erdreich geborgen. 4500 Objekte wurden im Laufe der Jahre gefunden, die meisten aber sehr unscheinbar, da die Sieger das Schlachtfeld gründlich geplündert hatten. Eine der wenigen Ausnahmen und zugleich das Prunkstück von „Museum und Park Kalkriese“ ist die versilberte Maske des sogenannten Gesichtshelmes, wie ihn römische Reiteroffiziere trugen. Dritter im Ausstellungs-Bunde ist der „Landschaftsverband Westfalen-Lippe Römermuseum“ in Haltern am See im südlichen Münsterland. An dieser Stelle am heutigen Stausee der bei Haltern in die Lippe mündenden Stever befand sich vor 2000 Jahren ein römisches Militärlager und Verwaltungszentrum. „Imperium“ heißt der Ausstellungsteil, der bis zum 11. Oktober hochkarätige Exponate aus Roms „goldenem Zeitalter“ zeigt und darstellt, wie Rom, das Dorf auf sieben Hügeln, sich allmählich zur Weltmacht mauserte und auf dem Gipfel seiner Macht schließlich in Germanien scheiterte. Eine Sonderabteilung widmet sich dem Leben der Legionäre fernab der Heimat. Kostbare Funde wie fein ziselierte Silberbecher, Schwerter, Münzen und das Relief eines römischen Kriegsschiffes vermitteln Eindrücke von der Prachtentfaltung der Eroberer. Uta Buhr / M. Ruoff Nähere Informationen zu den drei Ausstellungen bietet die Internetseite www.imperium-konflikt-mythos.de Foto: Wendepunkt der Geschichte: Die Bundeskanzlerin bei der Eröffnung der Varusschlacht-Ausstellung in Kalkriese |
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