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30.05.09 / Mehr als nur ein großes Fest / Der 32. Evangelische Kirchentag hat eine übermäßige Politisierung vermieden – »GeO« ist zufrieden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-09 vom 30. Mai 2009

Mehr als nur ein großes Fest
Der 32. Evangelische Kirchentag hat eine übermäßige Politisierung vermieden – »GeO« ist zufrieden

Der Kirchentag hatte mit der Weltwirtschaftskrise ein beherrschendes Thema, dennoch blieb eine übermäßige Politisierung des Treffens aus. Das Fest der rund 150000 Protestanten in Bremen machte darum weniger Schlagzeilen, doch dem christlichen Anliegen tat der Verzicht auf zuviel Politik gut. Auch Ostpreußen war auf dem bunten Treffen gut vertreten.

War es der weise Verzicht der Mitwirkenden oder war es doch eher Ratlosigkeit? Während frühere Kirchentage nicht zögerten, der Politik konkrete Ratschläge zu geben - vom Verzicht auf die Nachrüstung bis zum Boykott Südafrikas - blieben entsprechende Forderungen in diesem Jahr aus: Weder die schärfere Besteuerung der „Reichen“ noch Ratschläge zur Sanierung der Banken wurden der Öffentlichkeit als angeblich christlich geboten präsentiert. Der Glaubwürdigkeit des Kirchentages hat das gut getan, denn so eindeutig die Bibel Habgier brandmarkt und Solidarität mit den Armen einfordert, so wenig Handlungsanleitungen zur Sanierung zerrütteter Kreditinstitute lassen sich im Buch der Bücher finden. Da Christen über politische Fragen unterschiedlicher Meinung sein können, tragen politische Botschaften seitens der Kirchen(tage) oft den Keim des Konflikts in sich, sobald sie über das hinausgehen, was für Christen unverhandelbar ist.

Freilich besteht auch über diese einfache Überlegung kein Konsens in der Kirche, und so lobten Vertreter von SPD und Grünen am Bremer Kirchentag ausgerechnet, daß so viel über Politik gesprochen wurde. Die neue Präses der EKD-Synode, Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne), bezeichnete den Kirchentag als ein großes Fest, auf dem „Christinnen und Christen ihren Glauben und das Leben gefeiert“ hätten. Zugleich erwähnte sie lobend, daß die Teilnehmer von den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft in Sachen Klimaschutz und Finanzsystem „neue Weichenstellungen“ gefordert hätten, berichtet das evangelische Nachrichtenmagazin „ideaSpektrum“. Der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU, Thomas Rachel, erklärte, der Kirchentag habe aus politischer Sicht etwas im Schatten der Bundespräsidentenwahl gestanden: „Dennoch war er wieder eine wichtige Zeitansage des Protestantismus.“

Auch aus der Sicht der Kirchenbeauftragten der SPD-Bundestagsfraktion, der EKD-Synodalen Kerstin Griese, hat der Kirchentag viele politische Akzente gesetzt. Das Motto „Mensch, wo bist du?“ habe das „Lebensgefühl“ der Teilnehmer getroffen, die nach Antworten auf und Konsequenzen aus der Finanz- und Wirtschaftskrise fragten.
An dieser Stelle beginnen freilich die Einwände der konservativeren Beobachter. Denn das Kirchentagsmotto war schief übersetzt, die Bibelstelle lautet eigentlich „Adam, wo bist Du?“ und bezeichnet die Frage Gottes an den ersten Menschen, der sich nach dem Sündenfall im Paradies schämt und versteckt. Zwar bedeuet der hebräische Name „Adam“ auch „Mensch“, die Übersetzung ist dennoch fragwürdig, weil Gott an der zitierten Stelle eine konkrete Person sucht. Die Sache ist insofern notorisch, weil bereits vor vier Jahren das Motto des Kirchentags in Hannover schief übersetzt war („Wenn Dein Kind Dich morgen fragt“ statt „Wenn Dein Sohn dich morgen fragt“). In beiden Fällen ist der Einfluß der Gender-Mainstreaming-Eiferer und -Eiferinnen unübersehbar, die bei ihrem Drängen auf geschlechtsneutrale Formulierungen noch nicht einmal vor der Manipulation des Bibeltextes haltmachen – und damit bei den Verantwortlichen des Kirchentages durchdringen.

Die Stellungnahmen von konservativer Seite zum Bremer Kirchentag fallen dementsprechend gedämpfter aus, wie „idea“ berichtet. Der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbands, Christoph Morgner, begrüßte, daß viele Gruppen aus der Gemeinschaftsbewegung und ihrer Jugendarbeit mit profilierten Angeboten in Bremen präsent gewesen seien.

Zugleich bedauerte er, daß in Bremen auch Stimmen ein Forum gefunden hätten, die mit „evangelisch“ wenig zu tun hätten. Gerade in einer pluralistischen Gesellschaft sei Profil gefragt: „Wenn nur noch schwach zu erkennen ist, wofür evangelische Kirche eigentlich steht, müssen wir uns über eine schleichende Marginalisierung des Protestantismus nicht wundern.“

Ähnlich äußerte sich die Konferenz Bekennender Gemeinschaften in den evangelischen Kirchen Deutschlands. Ihr Vorsitzender, Pastor Ulrich Rüß, erklärte, der Kirchentag habe „ein Spiegelbild der evangelischen Kirche zwischen Heiligem Geist und Zeitgeist geboten“ und wünschte dem Protestantentreffen „mehr Konzentration auf ein eindeutiges, christuszentriertes Profil, mehr Mut zu christlich-bekenntnisorientierter Lehre, mehr Vermittlung elementarer Glaubensgrundlagen. So stelle sich die Frage: „Kirche, Kirchentag, wo bist Du?“

Der Vorsitzende der Evangelischen Allianz Bremen, Pastor Bernd Bierbaum, zog dagegen eine eine positive Bilanz: „Wir konnten Jesus und den Gemeindeaufbau bezeugen. Der Kirchentag hat uns den Raum gegeben, den wir brauchten.“ Nach Einschätzung des evangelisch-methodistischen Theologieprofessors Holger Eschmann ist der Kirchentag frömmer geworden. Er habe einen großen Hunger nach Spiritualität bei den Besuchern festgestellt, berichtet „idea“.
Übrigens war auch Ostpreußen auf dem Kirchentag gut vertreten. Die Gemeinschaft evangelischer Ostpreußen e. V. (GeO) verzeichnete an ihrem Stand reges Interesse – rund 1000 Stück eines neuen Informationablattes und 200 Exemplare dieser Zeitung fanden interessierte Leser. Über „viele gute Gespräche und viel Interesse gerade auch bei jungen Leuten“ berichtet der GeO-Vorsitzende Propst i. R. Erhard Wolfram. Auch der Konvent ehemaliger Ostkirchen war mit einem Stand vertreten, ebenso die „Evangelisch-lutherische Probstei Kaliningrad“. Sie war mit 68 Personen aus Königsberg angereist, darunter ein kompletter Kichenchor und Wolframs Nach-Nachfolger im Amt des Probstes, Jochen Löwer.             K. B.

Foto: Wo gibt es sonst evangelische Gottesdienste mit bis zu 100000 Teilnehmern? Auf dem Kirchentag in Bremen wurde auch der Glaube gefeiert.


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