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30.05.09 / Alles andere als transparent / Am 7. Juni sind Europawahlen, doch kaum einer kennt die Aufgaben des Parlaments

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-09 vom 30. Mai 2009

Alles andere als transparent
Am 7. Juni sind Europawahlen, doch kaum einer kennt die Aufgaben des Parlaments

Das EU-Parlament darf bei vielen Gesetzen mitreden, doch kaum ein EU-Bürger weiß, bei welchen.

Eigentlich findet vom 4. bis 7. Juni etwas Bedeutendes statt: An diesen Tagen sind 375 Millionen Europäer in der größten multinationalen Wahl der Welt dazu aufgerufen, ihr Parlament zu wählen. Doch was sich nach einer lebendigen Demokratie anhört, läßt die meisten Bürger kalt. Die wenigsten wissen, was das EU-Parlament für sie bedeutet. Vor allem für die Älteren ist die einzig direkt gewählte Institution der Europäischen Union immer noch die beratende Versammlung, als die sie vor nunmehr 30 Jahren ins Leben gerufen wurde. An vielen ist vorbeigegangen, daß sich das EU-Parlament inzwischen zum annähernd gleichwertigen Mitgesetzgeber neben dem Ministerrat gemausert hat. Dieser setzt sich aus den jeweiligen Fachministern der 27 EU-Mitgliedsländer zusammen.

Derzeit haben die für die neue Legislaturperiode zu wählenden 736 Abgeordneten in den Bereichen Politik und Finanzen ein Mitentscheidungsrecht. Insgesamt entscheiden in zwei Dritteln der Fälle Ministerrat und Parlament gemeinsam. In den Bereichen Steuer-, Agrar- und Industriepolitik darf das Parlament jedoch nur Stellungnahmen abgeben. In Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik entscheiden die Staats- und Regierungschefs allerdings ohne das Parlament. Auch darf es keine eigenen Gesetzesvorschläge einbringen. Allerdings kann kein EU-Haushalt ohne Zustimmung des Parlamentes beschlossen werden. Auch haben die Abgeordneten die Pflicht zur parlamentarischen Kontrolle zweier anderer Hauptorgane der EU. Dies ist neben dem Ministerrat die Europäische Kommission. Diese besteht aus den 27 Kommissaren, von denen jedes Land einen entsenden darf. Für Deutschland ist das der Industriekommissar Günter Verheugen. Die Ernennung der Kommissare erfolgt für fünf Jahre mit qualifizierter Mehrheit durch den Europäischen Rat. Dieser ist wiederum das wichtigste Gremium in der EU und setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer, deren Außenministern sowie dem Präsidenten der Europäischen Kommission, derzeit José Manuel Barroso, zusammen.

Zwar bietet die EU im Internet Informationen an, doch das System, in dem die Grenzen von Legislative, Exekutive und Judikative verschwimmen, ist nur schwer zu durchschauen. Dies dürfte einer der Gründe sein, warum die rund 500 Millionen Bürger der EU sich nicht für sie begeistern können. Da es im EU-Parlament keine eindeutige Trennung zwischen Regierungskoalition und Opposition wie in den nationalen Parlamenten gibt, entscheiden hier die Fraktionen. So haben sich die etwa 160 Parteien zu sieben Fraktionen zusammengeschlossen. Das sind die Fraktion der Europäischen Volkspartei und Europäischer Demokraten (EVP), die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE), Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE), Union für ein Europa der Nationen (UEN), die Fraktion der Grünen (FEA), Vereinte Europäische Linke (GUE/NGL) und die Europakritiker der Unabhängigkeit und Demokratie (Ind/DEM).             Bel

 

Spitzenkandidaten

Martin Schulz – Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) sitzt seit 1994 für die SPD im EU-Parlament. Der streitlustige 53jährige strebt die Verbesserung der europäisch-russischen Beziehungen an. Am 18. Mai erhielt Martin Schulz hierfür die Ehrendoktorwürde der Königsberger Staatlichen Technischen Universität (KSTU).

Silvana Koch-Mehrin – Die 38jährige Volkswirtschaftlerin ist das Gesicht der FDP in Europa. Mit ihrem Mann, dem irischen Rechtsanwalt James Candon, hat sie drei Töchter. Mit ihr als Spitzenkandidatin, die in Frauenzeitschriften als Musterbeispiel der schönen, berufstätigen Mutter gefeiert wird, kehrte die FDP 2004 nach zehn Jahren ins EU-Parlament zurück.

Sahra Wagenknecht – Das bekannteste Gesicht der Partei „Die Linke“ im EU-Parlament bietet Verfassungsschützern immer wieder Stoff. Die 39jährige ist immer noch überzeugte und erklärte Kommunistin und bringt ihre radikalen Ansichten auch in Brüssel ein.

Rebecca Harms – Die gelernte Baumschul- und Landschaftsgärtnerin wurde von der Anti-Atomkraft-Bewegung politisch geprägt. Die Niedersächsin sitzt seit 2004 für die Grünen in Brüssel, durfte aber bereits 1984 als Mitarbeiterin der grünen Europaparlamentsabgeordneten Undine von Blottnitz EU-Luft schnuppern.

Hans-Gert Pöttering – Seit 30 Jahren sitzt der 63jährige nun für die CDU im EU-Parlament, doch Hans-Gert Pöttering denkt nicht an Rente. Auch 2009 geht er für seine Partei als Spitzenkandidat ins Rennen. Dabei hat er schon die höchsten Weihen erreicht. Von 1999 bis 2007 war er Vorsitzender der EVP-ED Fraktion. Dieses Amt gab er auf, als er 2007 mit 100 Stimmen über der absoluten Mehrheit zum Präsidenten des EU-Parlamentes gewählt wurde.

Markus Ferber – Der 44jährige Schwabe sitzt seit 1994 für die CSU in Straßburg. 2009 ist er erstmals auch Spitzenkandidat der Christlich-Sozialen. Der Diplomingenieur ist für eine enge Partnerschaft mit der Türkei, aber gegen eine Mitgliedschaft: „Das ist die einzige ehrliche Antwort auf die Türkeifrage“.


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