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06.06.09 / »Lebendig, vital und tapfer« / 30000 Sudetendeutsche applaudieren Seehofer und Steinbach – Karlspreis für Günther Beckstein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-09 vom 06. Juni 2009

»Lebendig, vital und tapfer«
30000 Sudetendeutsche applaudieren Seehofer und Steinbach – Karlspreis für Günther Beckstein

Bereits zum 60. Mal trafen sich die Sudetendeutschen zu ihrem traditionellen Pfingsttreffen. Obwohl für die großen Anliegen der Volksgruppe keine Lösung in Sicht ist, war die Stimmung gut. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) feierte einen gelungenen Einstand als Schirmherr der Sudetendeutschen.

In den letzten Jahren wurde der Sudetendeutsche Tag immer mehr zum großen Familientreffen und auch zum Kulturereignis. In diesem Jahr trat jedoch die politische Dimension wieder stärker hervor: Eine Woche vor der Europawahl bot der nunmehr 60. Sudetendeutsche Tag eine attraktive Plattform für prominente Redner und Wahlkämpfer, entsprechend hochrangig war die Politik vertreten. Vor knapp 30000 Teilnehmern erinnerten Ministerpräsident Horst Seehofer, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und der gastgebende Augsburger Bischof Walter Mixa an das Unrecht der Vertreibung und warben für ein versöhntes Europa.

Seehofer fand bei seinem Premierenauftritt als Schirmherr der Volksgruppe offenbar die richtigen Worte, als er unter Beifallsstürmen bei der Hauptkundgebung in der Schwabenhalle aus-rief: Die Sudetendeutschen „sind lebendig, sie sind tapfer, sie sind vital, sie sind ein Schmuckstück für uns in Bayern“. Seehofer lobte die „faszinierende Aufbauleistung“ der Sudetendeutschen nach dem Krieg, würdigte die „Lebendigkeit und Geschlossenheit“ der Volksgruppe und zeigte sich beeindruckt von dem Pfingsttreffen: „So etwas möchte ich einmal bei meinem eigenen Parteitag erleben.“ Gleichzeitig versprach er, sich für die Belange der Vertriebenen einzusetzen und nicht ohne die Sudetendeutschen zu einem offiziellen Besuch nach Prag zu fahren.

Der Sprecher der Sudetendeut-schen Volksgruppe, Bernd Posselt, der für die CSU im Europaparlament sitzt, nutzte das Pfingsttreffen für einen Hinweis auf die bevorstehende Wahl. „Nur durch eine hohe Wahlbeteiligung unserer Volksgruppe können wir erreichen, daß das Schirmland Bayern und auch die gewählte Repräsentanz der Volksgruppe im künftigen Europa Sitz und Stimme haben.“ Die SPD habe zusammen mit polnischen Politikern die Besetzung eines Sitzes im Stiftungsrat für das geplante Vertriebenenzentrum verhindert. Die Vertriebenen würden auf ihrem demokratischen Recht, „über unsere Repräsentanten selbst zu entscheiden“ beharren und sich „diese nicht von der Berliner SPD aufdiktieren zu lassen“, rief Posselt und erntete begeisterten Applaus.

Derweil saß die damit gemeinte Vorsitzende des Bundes der Ver-triebenen, die CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach, in der ersten Reihe und genoß die Solidaritätsbekundungen von Rednern und Publikum. Jedes Mal, wenn ihr Name fiel, brandete Beifall auf. So auch, als der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft Franz Pany sie zur „Jeanne d’Arc“ der Heimatvertriebenen erklärte.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte bei der festlichen Eröffnung des Treffens am Sonnabend entsprechend dem Motto des Pfingsttreffens „Der Geschichte verpflichtet – Zukunft gestalten“ die Tschechische Republik zu einem fairen Dialog über die Vergangenheit auf. Zwar wisse man um „die unvorstellbaren Verbrechen der Nationalsozialisten“, deswegen dürfe man aber nicht das Leid der Vertriebenen vergessen. Man müsse im vereinten Europa das Ziel der Aussöhnung im Auge behalten. Anerkennung zollte der Innenminister den Sudetendeutschen für die über Jahrzehnte aufrecht erhaltenen Kontakte zu den in der alten Heimat verbliebenen Deutschen sowie für das Engagement zur Verständigung mit den tschechischen Nachbarn.

Ebenfalls bei der Eröffnungsfeier verlieh die Sudetendeutsche Landsmannschaft ihre höchste Auszeichnung, den nach Karl IV. benannten „Europäischen Karls-Preis“. Preisträger in diesem Jahr ist Günther Beckstein, der sich nicht nur als Ministerpräsident, sondern auch davor als bayerischer Innenminister enorme Verdienste um die Sudetendeutschen, die Ostpreußen und alle deutschen Vertriebenen erworben hat. Seine klare Aussprache, die bei aller Deutlichkeit nie verletztend ist, ist seit vielen Jahren „Balsam“ auf der Seele der Entrechteten, die die Phrasen vieler anderer Politiker nur mit Mühe ertragen können. Eine Kostprobe davon gab Beckstein wieder im Vorfeld des Pfingsttreffens: „Mir macht niemand weis, daß Folter, Vergewaltigung und Mord nur deswegen fromme Werke sind, weil sie am Ende des Krieges an Deutschen begangen wurden“, so der populäre Franke. Das habe er „in allen Jahren jedem Gesprächspartner gesagt“: „Wenn ich Gespräche in Prag geführt habe, habe ich immer darauf hingewiesen, daß die Vertreibung eine Wunde ist, die nicht verheilen kann, solange sich die Tschechen nicht auch zu ihrer Verantwortung bekennen“. Mit diesem Mut gewinnt man nicht unbedingt Mehrheiten unter Synodalen oder Freunde unter Journalisten, aber die Sympathien der Betroffenen, die sich nun erkenntlich gezeigt haben.

Auch der Bischof der gastgebenden Stadt, Walter Mixa, warnte beim Pfingstgottesdienst vor mehreren tausend Teilnehmern vor Geschichtsvergessenheit. Es sei allein dem gemeinsamen christlichen Glauben zu verdanken, daß es nach der Vertreibung nicht zu Auseinandersetzungen zwischen den vertriebenen Sudetendeutschen und der ansässigen Bevölkerung gekommen sei. Die „zutiefst christliche Idee“ der europäischen Einigung, die Völker und Volksgruppen in Europa zu einem geeinten „Vaterland der Vaterländer“ verbunden habe, sei der einzige Weg, den Frieden in Europa dauerhaft zu erhalten.      H.E.B./K.B.

Foto: Folklore und Politik in Augsburg: Eine Sudentendeutsche in typischer Wischauer Tracht begrüßt Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU).


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