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06.06.09 / Evangelische Schulen: Ruhepol im Bildungschaos / In Sachsen-Anhalt locken christliche Lehranstalten immer mehr Schüler an – weitere Neugründungen geplant

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-09 vom 06. Juni 2009

Evangelische Schulen: Ruhepol im Bildungschaos
In Sachsen-Anhalt locken christliche Lehranstalten immer mehr Schüler an – weitere Neugründungen geplant

Die größte Bewegung im Bildungssystem der neuen Bundesländer gab es nach der deutschen Vereinigung, so könnte man denken. Aber gerade jetzt, 20 Jahre nach der friedlichen Revolution, gibt es im Privatschulbereich so viel Bewegung wie noch nie. Aber nicht bei irgendwelchen Privatschulen, sondern bei konfessionellen Schulen.

Wenn Daniela-Dita Pannek aus Könnern in Sachsen-Anhalt von ihrem Projekt erzählt, gerät sie ins Schwärmen. „Unsere Schule soll Werte haben. Die haben die normalen Schulen nämlich meist verloren.“ „Unsere Schule“, das heißt das evangelische Gymnasium Könnern, das Frau Pannek zusammen mit ihrem Mann, dem Pastor, dem Bürgermeister und anderen engagierten Eltern gründen möchte.

Sie selber ist Mutter einer neunjährigen Tochter, die zum kommenden Schuljahr aufs Gymnasium wechseln wird. Da kennt Frau Pannek die Bildungslandschaft und deren Defizite allzu gut: Stunden, die ausfallen, überlastete Lehrer, große Klassen und oft auch kein Religionsunterricht. Letzterer ist der engagierten Christin aber wichtig. Und so hat die Mitvierzigerin selbst die Initiative ergriffen.

Seit einem Jahr plant und überlegt sie das Konzept der Schule. Nun steht es. Es soll ein Gymnasium in dem 8000 Einwohner zählendem Ort an der Saale werden, das auf folgenden Prinzipien beruht: dem Arbeiten und Leben im ländlichen Raum und der Reformpädagogik nach dem Jena-Plan. Dieser betont das selbständige und überfachliche Arbeiten in Gruppen. „Das wichtigste ist uns aber die Erziehung nach christlichen Werten“, sagt Daniela-Dita Pannek.

Damit ist sie nicht die einzige. In Sachsen-Anhalt gibt es allein für das Schuljahr 2009/2010 über vier Gründungsinitiativen für evangelische Schulen. Neben Könnern sollen in Zeitz und Burg je eine evangelische Grundschule und in Magdeburg eine evangelische Sekundarschule entstehen. Der Wille, der Bildungskrise mit eigenem elterlichen Engagement zu begegnen, ist so hoch wie noch nie. Aber warum gerade jetzt und nicht direkt nach der Vereinigung? Und das in einem atheistisch geprägten Bundesland.

Die Landesschulplanung für die nächsten Jahre in Sachsen-Anhalt ist beschlossene Sache, so daß die Lehrer und Direktoren nun wissen, ob ihre Schule geschlossen wird oder nicht. „Deshalb ist, wenn die Gefahr einer Schulschließung vorüber ist, die Luft und der Wille, sich anstrengen zu müssen, raus“, sagt Christian Frühwald. Er ist Vorstandsvorsitzender der Johannesschulstiftung, die zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) gehört. Die Eltern seien deshalb oft enttäuscht, wenn Lehrer und Lehrerinnen kein Engagement mehr für Erziehung und Wissensvermittlung an den Tag legten.

Auch wenn viele Eltern selbst nicht christlich geprägt sind, haben sie Vertrauen in die Institution Kirche und damit in deren Ansichten, Werte und den Religionsunterricht. Denn der ist an evangelischen Schulen Usus. Die konfessionslosen Eltern sehen den christlichen Rahmen nicht als negativ an. Vielmehr als eine Bereicherung für ihre Kinder, die ihnen als Eltern im sozialistischen DDR-Schulsystem verwehrt geblieben ist.

Ein anderer Grund für die vielen konfessionellen Schulgründungen ist auch in der Entstehung der Johannesschulstiftung zu sehen. Diese Stiftung unter dem Dach der EKM unterstützt die Schulgründungen ideell, aber auch mit dem nötigen finanziellen Grundstock, der durch die Johanniter und die damals noch bestehende Kirchenprovinz Sachsen gelegt wurde.

Der letzte große, aber nicht zu vernachlässigende Punkt ist das Erkennen von eigenen Fehlern innerhalb der evangelischen Kirche. In den Jahren nach der Wende wurden vor allen Dingen evangelische Gymnasien gegründet, so beispielsweise das Ökumenische Domgymnasium in Magdeburg. Engagierte Eltern, meist selber Akademiker, haben viel Mühe aufgebracht, um adäquate Schulen mit christlichen Werten zu gründen. Das waren aber eben hauptsächlich Gymnasien. Selten Grundschulen, noch seltener Sekundarschulen. „Wir haben erkannt, daß die Bildungsmisere nicht allein durch gute Gymnasien behoben werden kann, sondern auch Schüler im mittleren Niveau gefördert werden müssen“, sagt Christian Frühwald. Mit der Gründung der evangelischen Sekundarschule in Haldensleben hat sie im Schuljahr 2008/2009 den Anfang gemacht. 

Evangelische Schulen, die trotz ihrer staatlichen Anerkennung unabhängiger vom politischen Spielball „Bildungswesen“ erscheinen, sind ein hoffnungsvolles Modell mit Zukunft. Das zeigen die jetzt schon vorliegenden Schulgründungsinitiativen für die kommenden Jahre in Halberstadt, Hedersleben im Harz und Zerbst. Victoria von Gottberg


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