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06.06.09 / Versuch einer Positionierung / Elke und Wolfgang Leonhard über den Flirt der SPD mit der Partei »Die Linke«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-09 vom 06. Juni 2009

Versuch einer Positionierung
Elke und Wolfgang Leonhard über den Flirt der SPD mit der Partei »Die Linke«

Sie würde gerne im Herbst wieder für die SPD in den Bundestag, in dem sie von 1990 bis 2005 als Abgeordnete saß, doch derzeit macht die 60jährige Elke Leonhard noch mit ihrem Buch „Die linke Versuchung – wohin steuert die SPD?“ von sich reden. Zusammen mit ihrem Mann Wolfgang Leonhard, dem Autor des Bestsellers „Die Revolution entläßt ihre Kinder“, hat sie die Haltung der SPD gegenüber der Partei „Die Linke“ analysiert. Dabei fragen die beiden Autoren gleich zu Beginn, warum die SPD solch eine Scheu davor hat, mit der Partei „Die Linke“ zusammenzuarbeiten. Während in anderen Ländern der Welt Sozialdemokraten mit Kommunisten koalieren, sei das für die SPD eine bisher ungelöste Frage. An dieser Stelle fragt man sich, warum das Ehepaar Leonhard so bedenkenlos die Linkspartei mit anderen sozialistischen und kommunistischen Parteien in Westeuropa vergleicht. Schließlich hat Wolfgang Leonhard, der einst Mitglied der Gruppe Ulbricht war und 1949 aus der sowjetisch besetzten Zone floh, durchaus markante Erlebnisse mit der SED gehabt. „Die Linke“ hat in ihren Reihen noch heute so manchen, der sich die DDR zurückwünscht. Von dem Unrecht, das die SED begangen hat, hat sich „Die Linke“ nie glaubwürdig distanziert. Daher ist der angeführte Vergleich mit den italienischen Kommunisten, die keine vergleichbare Vergangenheit haben, unpassend.

„Die deutsche Sozialdemokratie mußte sich von Anfang an immer wieder mit linken Strömungen innerhalb und außerhalb der Partei auseinandersetzen“, erinnern die Autoren an „den ,Revisionismusstreit‘ 1917, die Gründung der USPD 1917, die Konkurrenz durch die KPD seit 1919, die Zwangsver-einigung zur SED im Jahr 1946 oder eben an die aktuelle Frage nach einer Regierungsbildung mit oder ohne Linkspartei“. Der 1921 geborene Leonhard, der seine Jugend in Moskau verbracht hat, könnte bei der Schilderung des Geschichtsteiles einiges aus eigenem Erleben mitteilen. Seine Mutter Susanne, enge Freundin von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg und mit dem sowjetischen Botschafter in Wien, dem engen Vertrauten Lenins, Mieczysław Broski, verheiratet, fiel 1936 einer stalinistischen Säuberungsaktion zum Opfer. Während sie zwölf Jahre im Gulag verbrachte, wuchs ihr Sohn in sowjetischen Kinderheimen auf. Angesichts dieser Erfahrungen ist es eigentlich verwunderlich, daß der Geschichtsteil so blutleer ausfällt.

„In den frühen Phasen beherrschten kräftige soziale und gesellschaftliche Lager die Szene. Das gab den Parteien Fundament, Farbe, Ideen, Ethos und Antrieb. Heute stellen sich die Parteien freier, moderner und flexibler dar – aber das macht sie schlicht und einfach zu ,Allerweltsparteien‘.“ Und so klagen die Autoren, daß die Parteien zu Produkten von Marketingexperten verkommen sind, ohne daß sie jedoch selbst ein klares Profil für ihre eigene Partei anbieten.

Spannender wird es, wenn die Autoren sich zu den Modernisierungszielen von Schröders Agenda 2010 bekennen, aber: „Viel zu oft erkannte man das Richtige zu spät, setzte es dann unbeholfen um und vermittelte es schlecht.“ Auch scheinen die Leonhards das Fazit des Chefs des Meinungsforschungsinstitutes Forsa, Manfred Güllner, aus dem Jahr 2008 zu teilen: „Die SPD hat nicht Wähler nach links verloren, wie immer behauptet wird, sondern Wähler in der Mitte. Der Typus Wähler, der Helmut Schmidt gewählt hat und 1998 zu Schröder zurückgekehrt ist, der fehlt der SPD mittlerweile.“ Und plötzlich erfährt der Leser gegen Ende des Buches, daß die Leonhards gegen eine Annäherung der SPD an „Die Linke“ sind. Das überrascht dann doch, war doch die Eingangsfrage eher pro Linkspartei gestellt. Auch wurde im Geschichtsteil nicht klar herrausgestellt, daß die SED bürgerliche Freiheitsrechte massiv mit Füßen getreten hat, während die SPD für sie eintrat und wieder mehr eintreten sollte, so die Leonhards. Sie fordern Klarheit und eine offene Debatte in der SPD. Allerdings hätte ihrem Buch „Die linke Versuchung“ selbst mehr Klarheit und leidenschaftliche Positionierung gut getan.          Bel

Elke Leonhard und Wolfgang Leonhard: „Die linke Versuchung – wohin steuert die SPD?“, edition q, Berlin 2009, geb., 207 Seiten, 19,90 Euro


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