19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
20.06.09 / Jetzt forcieren die Bischöfe den Streit / Die Kritik an Kapellen- und Priesterweihen der Pius-Bruderschaft hat wenig Substanz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-09 vom 20. Juni 2009

Jetzt forcieren die Bischöfe den Streit
Die Kritik an Kapellen- und Priesterweihen der Pius-Bruderschaft hat wenig Substanz

Durch immer neue Nadelstiche versuchen katholische Bischöfe in Deutschland den Streit um die Pius-Bruderschaft neu zu entfachen. Ging es Anfang des Jahres vor allem um die antisemitischen Äußerungen des Bischofs Williamson, so beschweren sich nun namentlich der Regensburger und der Fuldaer Bischof beim Vatikan über die Aktivitäten der Pius-Bruderschaft in Deutschland. Bei der Bevölkerung stößt das Vorgehen der Bischöfe auf Ablehnung.

Schwere Geschütze fährt der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen auf. Von einem „Affront gegen die Einheit der Kirche“ und dem „Bruch des Kirchenrechts“ ist die Rede. Doch was ist passiert? Die Bruderschaft hat in der Nähe Fuldas kürzlich eine kleine Kapelle für Gottesdienste in der traditionelle Liturgie geweiht, weil sich der Bischof weigerte, eine der vielen Kirchen Fuldas für diesen Zweck zur Verfügung zu stellen. Auch Gesprächsangebote seitens der Bruderschaft sowie eine Einladung zum Feiern von Gottesdiensten in der neu geweihten Kapelle lehnte der Bischof brüsk ab.

Dieser Kurs kommt bei der mehrheitlich katholischen Bevölkerung der Gegend nicht gut an. Ein Kommentator in der „Fuldaer Zeitung“ merkte an, daß erstaunlich viele Leserbriefe die Pius-Brüder in Schutz nehmen und „mit dem Fuldaer Bischof hart ins Gericht“ gehen würden. Dem Fuldaer Oberhirten wird von seiner kirchlichen Basis vorgeworfen, daß er Priester rücksichtslos versetze, wenn sie seinen umstrittenen Reformprozeß nicht „himmelhochjauchzend“ gutheißen würden. Jetzt aber sei er wehleidig, wenn eine kleine Gruppe „sich ein Kirchlein errichten möchte“. Andere Leser äußerten ihr Unverständnis, darüber, daß der Bischof die eigenen Glaubensgenossen unter fadenscheinigen Gründen angreife und stellten fest: „Dieser Bischof hat Fulda kein Glück gebracht.“

Ungeachtet der Kritik an der eigenen Basis zeigte Algermissen den Vorgang der Kapellenweihe beim Apostolischen Nuntius Erzbischof Jean-Claude Perisset an, damit der Papst informiert werde, wie auf „seinen barmherzigen Akt“ der Rücknahme der Ex-Kommunikation reagiert werde. Ein solches Ansinnen wird von kirchlichen Beobachtern als völlig abwegig angesehen, da der Papst über die Vorgänge in seiner deutschen Heimat als außergewöhnlich gut informiert gilt. Zudem hat Rom Kapellen- oder Priesterweihen nicht offiziell untersagt. Vielmehr wird offenbar stillschweigend von der Kirchenzentrale akzeptiert, daß die Piusbruderschaft mit ihren 500 Priestern und mehr als 600000 Mitgliedern ihr gemeindliches Leben nicht einfach zum Stillstand bringen kann, bis die eventuell jahrelangen theologischen Klärungen abgeschlossen sind. Die Weihen gelten kirchenrechtlich zwar als nicht erlaubt, aber dennoch als gültig, da sie von geweihten Bischöfen vollzogen wurden oder werden.

Daher muten die Proteste des Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller gegen die für den 27. Juni angesetzten Priesterweihen im Seminar der Piusbruderschaft im bayrischen Zaitzkofen ebenso seltsam an. Bereits im Frühjahr hatte Müller den Vatikan schriftlich um Anweisung gebeten, wie er mit den Pius-Brüdern verfahren solle, und keine Antwort erhalten. Nun muß er eingestehen, daß „es allein dem Vatikan vorbehalten sei“, wie mit der Piusbruderschaft umzugehen sei. Über seinen Sprecher läßt Müller dennoch dem Papst den Rat zukommen, er solle über mögliche Sanktionsmaßnahmen nachdenken, wie etwa die erneute Exkommunikation des weihenden Bischofs.

Ob solche Argumente den Papst beeindrucken werden, dürfte fraglich sein. Papst Benedikt XVI. klagte in seinem Brief vom 12. März an alle katholischen Bischöfe der Welt über die „sprungbereite Feindseligkeit“ kirchlicher Kreise anläßlich der Aufhebung der Ex-Kommunikation der vier Pius-Bischöfe. Damit dürften wohl auch deutsche Bischöfe gemeint gewesen sein, deren Vorsitzender Erzbischof Robert Zollitsch Anfang März lauthals die Rücknahme der Ex-Kommunikationsaufhebung gefordert hatte. Am Ende der Bischofskonferenz in Hamburg mußte Zollitsch allerdings kleinlaut eingestehen, daß eine solche Entscheidung allein in Rom erörtert und gefällt werden kann. Das hinderte Zollitsch aber nicht daran, jetzt erneut an Rom zu appellieren, daß die „Provokation“ der Priesterweihe eine klare Antwort finden müsse.

Mit solchen Forderungen überschätzen freilich die deutschen Bischöfe, die mit 1,4 Prozent nur einen verschwindend kleinen Teil des Weltepiskopats bilden, immer wieder ihre Bedeutung und Rolle. Nicht in Fulda oder Regensburg wird über die Einheit der katholi-schen Kirche entschieden, sondern in Rom.

Aus Rom ist bekannt, daß mit der Piusbruderschaft in Kürze ein theologischer Dialog begonnen werden wird. Die Zuständigkeit dafür ist der Glaubenskongregation zugesprochen worden, die der Papst − vor seiner Wahl zum Kirchenoberhaupt − über mehr als zwei Jahrzehnte lang geleitet hatte.

Die Piusbruderschaft läßt sich derweil von den bischöflichen Querschüssen nicht beirren. Wie am letzten Wochen-ende bekannt wurde, soll die Priesterweihe mit großem Aufwand und mit einer Messe unter freiem Himmel zelebriert werden. Bischof Bernard Fellay, der oberste Leiter der Pius-Bruderschaft, wird dazu anreisen, um die Weihe der drei Neupriester vorzunehmen. Weit über 1000 Besucher werden zum Gottesdienst erwartet.

Angriffslustig gibt sich derweil der Leiter des Priesterseminars in Zaitzkofen, Pater Stefan Frey, in einer Erklärung zur anstehenden Priesterweihe. Es gehe bei der gegenwärtigen Auseinandersetzung zwischen konservativen und liberalen Kräften in der Kirche um Sein oder Nichtsein des Christentums in Europa. Die Zahl der sonntäglichen Gottesdienstbesucher in der katholischen Kirche Deutschlands sei in den letzten 50 Jahren von 13 auf drei Millionen zurückgegangen und 2008 wären erstmals unter 100 Neupriester geweiht worden. Man müsse sich fragen, woran das liege.          Hinrich E. Bues

Foto: Dem Fuldaer Bischof ein Dorn im Auge: Die Weihe der neuen Kapelle „Muttergottes von der immerwaehrenden Hilfe“ der traditionalistischen Pius-Bruderschaft


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren