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20.06.09 / Los statt Leistung / Berlin will Plätze an Gymnasien per Lotterie verstreuen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-09 vom 20. Juni 2009

Los statt Leistung
Berlin will Plätze an Gymnasien per Lotterie verstreuen

Schüler Siegfried darf aufs Gymnasium X, aber seine Klassenkameradin Sieglinde trotz gleicher Noten nicht. Denn Siegfried wurde ausgelost für einen Platz auf dem begehrten Gymnasium. Sieht so Gerechtigkeit aus?

Der Berliner Senat hat eine neue Schulreform beschlossen. Haupt- und Realschulen werden zu Sekundarschulen zusammengelegt, bilden also eine Art neue Gesamtschule. Dort kann nach 13 Jahren das Abitur abgelegt werden, an „normalen“ Gymnasien schon nach zwölf Jahren.

Ein Kernbestandteil der Reform ist die Regelung beim Übergang von der Grundschule aufs Gymnasium: Die Gymnasien sollen sich 60 Prozent ihrer Schüler selbst aussuchen dürfen. Zehn Prozent sind für Härtefälle vorgesehen (Behinderte, Geschwister auf der Schule). Die restlichen 30 Prozent aller Plätze sollen künftig per Los verstreut werden.

Vorausgegangen war ein senatsinterner Streit um das Losverfahren. Die Linke und der zuständige SPD-Senator Jürgen Zöllner wollten zunächst sogar jeden zweiten Platz auf dem Gymnasium per

Losentscheid vergeben. Dann hagelte es massive Proteste gegen die „Schul-Lotterie“. Der Senat verringerte die Quote der Los-Plätze von 50 auf 30 Prozent.

Darum geht es bei dem Streit: Für die Befürworter stellt das Losverfahren ein Stück Klassenkampf dar. Sie wollen möglichst viele unterschiedlich begabte Kinder zusammenbringen, koste es, was es wolle. Dafür ist das Losverfahren geeignet. Es sichert eine „soziale Durchmischung“.

Die Gegner der Reform sehen es als bewußte Perversion des mehrgliedrigen Schulsystems, wenn nicht mehr die Leistung zählt, sondern das Losglück. Das sei ein „verheerendes Signal an die junge Generation“, so die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in einer Stellungnahme.

Schon jetzt gehen die meisten Schüler an den weiterführenden Schulen Berlins auf Gymnasien: 79000. Gesamt, Real- und Hauptschulen kommen zusammen auf 73000 Schüler.

Das auffälligste Merkmal der Berliner Schulpolitik ist, daß sie niemals zur Ruhe kommt. 2003 wurde die Zahl der Schuljahre zum Abitur von 13 auf zwölf heruntergesetzt. 2004/05 führten die Berliner Schulpolitiker zudem das jahrgangsübergreifende Lernen (JÜL) für die Sechs- bis Neunjährigen ein. 2007/08 nahmen Gemeinschaftsschulen (gemeinsames Lernen bis 10. Klasse) die Arbeit auf.      Patrick O’Brian


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