25.04.2024

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20.06.09 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-09 vom 20. Juni 2009

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

der Suchwunsch, den wir heute mit Bild veröffentlichen, wird wohl alle Leserinnen und Leser besonders berühren, denn er hebt sich von den Fragen nach Herkunft und Familie, die wir bisher veröffentlicht haben, deutlich ab. Er kommt aus Allenstein und ist der Hilferuf eines Mannes mit polnischem Namen, der erst vor einigen Jahren erfahren hat, daß er aber deutscher Abstammung ist. Wieslaw-Anton Tusinski weiß weder seinen richtigen Namen noch sein genaues Alter, er hat auch nie danach geforscht, denn er glaubte, das Kind seiner polnischen Eltern zu sein – 60 Jahre lang! Im Jahr 2001 verstarb seine Mutter, vier Jahre später der Vater. Erst da erfuhr der Mann, daß sie seine Pflegeeltern waren. So ging er auf die Suche nach seiner Herkunft, die ihm die Erkenntnis erbrachte, daß seine Mutter eine Deutsche gewesen war. Sie starb während der Entbindung im Krankenhaus an der Frauenstraße (jetzt Wyspianskistraße), das sich im noch heute bestehenden Franziskanerkloster befand. Die Geburt muß Ende 1948 / Anfang 1949 stattgefunden haben, das genaue Datum steht nicht fest. Alle Nachforschungen nach der leiblichen Mutter und damit seiner deutschen Herkunft blieben bisher erfolglos. Aber da gibt es ein Foto, das Herr Tusinksi in einem Album seiner Pflegeeltern fand. Er ist überzeugt, daß es seine leibliche Mutter zeigt. Vielleicht aufgrund einer von ihm festgestellten Ähnlichkeit oder rein intuitiv, er teilt uns jedenfalls keine Hinweise mit. Herr Tusinski hofft nun, daß sich durch eine Veröffentlichung in unserer Zeitung jemand findet, der die abgebildete Frau erkennt oder zu erkennen glaubt, so daß weiter nachgeforscht werden kann. Sie muß also noch nach Kriegsende in oder bei Allenstein gelebt haben, ob sie auch aus der Gegend stammt, ist ungewiß. Es sind ja viele Flüchtlinge aus anderen Teilen Ostpreußens dort von den Russen eingeholt worden, als die Fluchtwege abgeschnitten waren. Gefragt sind also nicht nur vermutliche Familienangehörige der abgebildeten Frau, sondern auch Zeitzeugen, die in den Jahren 1948/49 in Allenstein lebten und eventuell mit ihr zusammen waren, vielleicht sogar zur Zeit der Geburt des Sohnes. Jeder noch so kleine Hinweis ist wichtig, denn Wieslaw-Anton Tusinski möchte endlich wissen, wer seine leibliche Mutter ist, aus welcher Familie er stammt. Für ihn steht jedenfalls fest: Meine Mutter war eine echte Deutsche aus Ostpreußen. Vielleicht bekommt er eine Bestätigung durch unsere Leserschaft, wir sind seine letzte Hoffnung! Zuschriften an Wieslaw-Anton Tusinski, ul. Dozynkowa 84 in 10-858 Olsztyn, Telefon 48608697183, oder auch an uns.

Wir werden mit Sicherheit noch mehr hören – so hatte ich in Folge 17 geschrieben, als ich über die ersten Reaktionen berichtete, die Frau Herta Rudau aus Bad Berka auf ihre Frage nach dem ungeklärten Schicksal ihres Vaters Fritz Rudau erhielt. Dieser sollte im Herbst 1944 zur Partisanenbekämpfung in Griechenland eingesetzt werden. Es hatte sich herausgestellt, daß die angegebene Feldpostnummer nicht richtig war, außerdem gab es den Ort Wicken im Samland nicht, an den der Vater die letzte Feldpostkarte richtete, weil die in Königsberg ausgebombte Familie dorthin evakuiert worden war. Ein Leser aus München hatte sich der Sache angenommen und – nun hören wir von ihm. Unser Königsberger Landsmann Hans-Gerd Meyer ist geradezu akribisch vorgegangen, hat nicht nur die Feldpostnummer richtiggestellt, sondern auch anhand dieser und weiterer, sehr aufwendiger Recherchen herausgefunden, daß Fritz Rudau mit großer Wahrscheinlichkeit seit Oktober 1944 bei Kämpfen in Jugoslawien eingesetzt worden war. Herr Meyer hat nun Frau Rudau den Rat gegeben, sich aufgrund seiner Erkenntnisse und mit dem in der PAZ veröffentlichten Foto an den DRK-Suchdienst zu wenden. Er selber will in dem ihm zur Verfügung stehenden Quellenmaterial weiter forschen. Eines hat Herr Meyer mit Sicherheit herausgefunden: Bei dem auf der Karte angegebenen Ort im Samland handelte es sich um Wiekau, Post Drugehnen. Vielleicht melden sich jetzt Angehörige der Familie Morsek, bei denen Frau Rudau mit ihren Kindern im Spätsommer 1944 Aufnahme fand. Daß Irrtümer immer wieder möglich sind, hat Herr Meyer sozusagen am eigenen Leib erfahren: Er ist laut amtsgerichtlichem Totenschein am 24. April 1945 den Heldentod gestorben! Für einen Astralleib scheint aber unser so agiler Landsmann doch sehr lebendig zu sein!

Ja, ein paar heitere Momente tun unserer Ostpreußischen Familie gut, denn die vielen schweren Schicksale, die uns gerade in letzter Zeit bewegten, lassen uns nicht unbeeindruckt. Und da muß ich sagen, daß die „Fleischmaschine“ mir zu netten Briefen und Anrufen verholfen hat, denn viele Erinnerungen tauchten auf an dieses einst so wichtige Utensil, das in keinem Haushalt fehlen durfte. Ein Anruf aus Grainau hat mich besonders erheitert, denn da listete meine Gesprächspartnerin alles auf, was durch das „Maschinchen“ gedreht wurde – vor allem in den mageren Kriegs- und Nachkriegsjahren. Das reichte von gerösteten Eicheln bis zu gestoppelten Körnern aller Art. Klopse konnte man auch aus den unmöglichsten Zutaten machen, da waren ostpreußische Hausfrauen erfinderisch. Und geschmeckt hat’s auch!

Nach längerer Zeit hat sich wieder Frau Renate Nieswand aus Solingen gemeldet, die sich im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Arbeit auf dem keramischen Gebiet für ostpreußische Töpfereien und andere kunstgewerbliche Werkstätten interessierte. Da die erste Veröffentlichung keinen Erfolg brachte, faßten wir noch einmal nach, und siehe da: Es meldeten sich drei aussagekräftige Leserinnen. „Es geht voran, wenn auch mühselig“, schreibt Frau Nieswand, „das ist bei alten Vorgängen auch nicht verwunderlich. Traurig ist nur, daß sich noch kaum jemand an die in den Töpfereien oder Porzellanmalereien verwendeten Kennzeichen erinnert. Manchmal ist man doch auf den Kommissar Zufall angewiesen.“ Und der liest mitunter ja auch die PAZ/Das Ostpreußenblatt und damit unsere Ostpreußische Familie!

Aber unsere Abonnenten lesen sie immer, jede Folge in jeder Woche und dazu akribisch genau. Eine wahre Fundgrube für Familiengeschichte, so bezeichnet Herr Dr. Karl Kowalewski aus Lüchow unsere Kolumne und hofft, daß er auch in Bezug auf seine eigene Familiengeschichte fündig wird. Nach langjährigen Forschungen ist er nun auf dem von allen Genealogen gefürchteten „toten Punkt“ angelangt, weil die Quellen der Kirchenbücher versiegen. Das heißt, wir müssen in diesem Fall weit zurückgehen, nämlich bis zu dem – bisherigen - Stammvater Adam Kowalewski aus Leegen, Kreis Lyck, der im Jahre 1791 Lovisa Czerniczanka heiratete. Aus dieser Ehe gingen nachweisbar sechs Kinder hervor: Ludwig, * 8. Oktober 1792, Jan, * 11. Juni 1796, Lovisa, * 21. Februar 1798, Daniel, * 1801, Catharina, * 17. April 1804, und Friedrich, * 4. Juli 1807. Dieser jüngste Sohn ist der Urururgroßvater von Herrn Dr. Kowalewski, der nun Nachkommen der genannten Geschwister von Friedrich sucht. Er hofft, daß sich durch diese – falls sie eigene Forschungen betrieben haben – die bisher nicht ermittelnden Eltern von Stammvater Adam finden lassen, und würde den bisher unbekannten Blutsverwandten mit seinen umfangreichen Ergebnissen behilflich sein. Obgleich Herr Dr. Kowalewski nicht in Ostpreußen geboren wurde, hat er doch von Kindesbeinen an ein sehr inniges Verhältnis zu Masuren gehabt, bewirkt durch die unzähligen Erinnerungen seiner Großeltern Karl und Mariechen Kowalewski geborene Stiebert. Leider hat er die Heimat seiner Vorfahren nur noch in ihrem heutigen Zustand kennengelernt, und es waren schmerzliche Begegnungen. (Dr. Karl Kowalewski, Oberstudienrat i. R., Weimarer Straße 3 in 29439 Lüchow, Telefon 05841 / 2131.)

Auch Frau Brigitte Krenz aus Geesthacht hegt liebevolle Erinnerungen an ihre Großeltern, für sie waren die neun Jahre, die sie in deren Haus verbrachte, die schönsten ihres Lebens. Als ihre Mutter Käthe Mertens geborene Witkowski 1928 bei der Geburt der Tochter in Marienburg verstarb, nahmen der Postmeister Rudolf Witkowski, * 23. März 1876 in Bischofswerder, und seine Frau das Enkelkind zu sich. Bis 1933 lebte die Familie in Tolkmit am Frischen Haff, dann kurze Zeit in Elbing. Mit seiner Enkelin zog das Ehepaar Witkowski 1935 nach Königsberg. Dann heiratete Brigittes Vater und nahm die Tochter zu sich. Nach dem Tod seiner Frau 1941 wohnte Rudolf Witkowski bis zur Ausbombung im August 1944 im Nachtigallensteig Nr. 8. Es ist noch bekannt, daß er in einen Ort im Samland evakuiert wurde, ab Januar 1945 fehlt dann jede Spur von dem damals fast 70jährigen. Alle Bemühungen von Frau Krenz, etwas über das Schicksal ihres Großvaters zu erfahren, blieben bisher ohne Erfolg. Ein letztes Fünkchen Hoffnung bleibt: daß ihm noch jemand vor seinem Tod begegnet ist und etwas über sein Schicksal sagen kann. Rudolf Witkowski dürfte in der Heimat geblieben sein, aber wo und wie? Vielleicht meldet sich jemand aus der samländischen Familie, bei der er nach der Ausbombung gewohnt hat? (Brigitte Krenz, Keil 36 in 21502 Geesthacht, Telefon 04152 / 4313.)

Eigentlich wollte Herr Otto Meitza aus Meerbusch mir nur sein Einsegnungsfoto übersenden, weil er ebenfalls wie ich an einem Palmsonntag konfirmiert wurde, aber dann schloß er doch noch eine Suchbitte an, und auf diese wollen wir zuerst eingehen. Unser Landsmann stammt aus dem Oberland, aus dem Dorf Kallisten, Kreis Mohrungen. Als Ende Januar der Russe durchbrach, verließ die Familie Meitza ihren Heimatort mit einem Fuhrwerk. Nicht nur die Eltern und zwei Brüder waren auf dem Fluchtwagen, sondern auch die ältere Schwester mit einem Kleinkind und die Schwägerin mit zwei kleinen Kindern. In Mühlhausen wurde der Treck von den Russen eingeholt. Das Fuhrwerk wurde von einem Panzer beschossen, wobei die Mutter und einer der Brüder verletzt wurden, ebenso ein Pferd. Als die Familie sich dann zu Fuß auf den Heimweg machte, wurden der Vater und ein älterer Bruder von den Russen eingeholt und zum „Viehtreiben gen Osten eingezogen“, wie Herr Meitza schreibt. Von da an fehlt jede Spur von Gustav Meitza, * 31. März 1886, und seinem Sohn Ernst Meitza, * 26. Juli 1927. Die Familie hat schon früh nach den Vermißten gesucht, aber ohne Erfolg, auch eine Suchanzeige im Ostpreußenblatt in den 50er Jahren erbrachte keinen Hinweis. Es bleibt bis heute ein Rätsel, ob Vater und Sohn in Ostpreußen umkamen oder in einem Arbeitslager landeten – es gibt nicht die geringste Spur. Spät, sehr spät gehen wir auf die Suche, aber vielleicht kommt doch ein Hinweis von einem noch lebenden Zeitzeugen.

Eure Ruth Geede

Foto: Die Mutter von Wieslaw-Anton Tusinski? Wer etwas über diese Frau weiß, wende sich an Wieslaw-Anton Tusinski, ul. Dozynkowa 84 in 10-858 Olsztyn, Telefon 48608697183.


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