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20.06.09 / Leben in der Endlosschleife / Roman über ermüdenden Alltag beim Sicherheitsdienst am Flughafen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-09 vom 20. Juni 2009

Leben in der Endlosschleife
Roman über ermüdenden Alltag beim Sicherheitsdienst am Flughafen

„Eine junge Koreanerin steht vor mir und streckt mir ihre zarten, weißen Arme mit makelloser Haut entgegen ... Ihre Jeans ist so eng, daß ich beim Abtasten vom Bund mir den Finger abklemme, und der Finger bleibt stecken und wird bläulich ... Seltsam. Nichts piept …“ Fluggäste abtasten, damit verdient die Romanfigur in „Fliegende Koffer“ ihr Geld. Sie arbeitet im Sicherheitsbereich am Frankfurter Flughafen und soll mit ihren Kollegen verhindern, daß potentielle Terroristen ihre tödliche Fracht mit an Bord eines Fliegers bringen.

Die Journalistin Annegret Held hat den Job ihrer Romanfigur Annette selbst einige Monate ausgeübt. Durch ihre eigenen Erfahrungen ist der Roman sehr authentisch. Sie beschreibt dabei nicht nur die zum Teil ermüdende und manchmal ans Absurde grenzende Aufgabe der Sicherheitsbediensteten, sondern wirft auch einen Blick auf die Angestellten selbst. Sie alle arbeiten für Kleinstlöhne, mühen sich in zermürbenden Schichtdiensten ab, ertragen den Unmut der Fluggäste und sehen keine Alternative zu ihrer Tätigkeit. Für die meisten ist der Job am Flughafen die einzige Chance, den Abstieg in Hartz IV zu vermeiden.

Sensibel nimmt sich Annegret Held der verschiedenen Schicksale der am Flughafen Gestrandeten an. Von der ehemaligen Entwick-lungshelferin über einen ehemaligen Optiker und einen entlassenen Angestellten bis hin zu der der Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern Entflohenen; sie alle eint ein von Routine durchsetzter Job. Um nicht in einer deprimierenden Milieustudie stecken zu bleiben, hat die Autorin ihrer Romanheldin noch eine Beziehung angedichtet: Annette trifft ihren ehemaligen Freund am Flughafen wieder. Schnell stellt sich jedoch heraus, daß sich Simon im Laufe der letzten zehn Jahre verändert hat. Statt Erholung vom Job wird der Versuch, die Beziehung wieder aufleben zu lassen, zu einer Marter. Und so sind es nachher die Kollegen, die trotz eigener Probleme Annette die Kraft geben, den privaten Schicksalsschlag zu meistern.             Bel

Annegret Held: „Fliegende Koffer“, Eichborn, Berlin 2009, geb., 293 Seiten, 19,95 Euro


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