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27.06.09 / Russki-Deutsch (23): Babuschka

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-09 vom 27. Juni 2009

Russki-Deutsch (23):
Babuschka
von Wolf Oschlies

Das Wort ist einfach und schön: „Babuschka“ bezeichnet die russische Großmutter. Zu Sowjetzeiten behaupteten Korrespondentenberichte, die Babuschki seien die heimlichen Erzieher ganzer Sowjetgenerationen, denen sie einen Rest von Menschenachtung und Religiosität mitgäben. Das traf mitunter zu, doch waren die primären Funktionen der Babuschki handfester: Weil sie auf die Kinder aufpaßten, konnten beide Eltern arbeiten und verdienen. Babuschki schützten Kinder vor ideologisierter Staatserziehung und vor den Mißhelligkeiten, die aus überhohen sowjetischen Scheidungsraten resultierten. Und Babuschki waren Hüterinnen und Pflegerinnen des unendlichen russischen Märchenschatzes, den sie an das kindliche Auditorium weitergaben. Internetseiten Wolga-Deutscher ist zu entnehmen, daß (slawisch benannte) Babuschki lebende Wörterbücher halb vergessener rußlanddeutscher Mundarten sind.  

„Babuschka“ ist der Diminutiv von „baba“, was in nahezu allen slawischen Sprachen Großmutter, alte Frau, Schwiegermutter etc. bedeute. Immer bezeichnet es eine liebe, gutmütige Frau, der man nichts nachsagen kann und nichts übel nehmen darf. Sowjetisches Pendant der in Westeuropa so beliebten „Radio Jerewan-Witze“ waren in den 1970er Jahren die „OBS-Witze“. Wobei OBS für „odna baba skasala“ (eine alte Frau hat gesagt) stand, die stereotype Einleitungsformel dieser Witze, die alle in besten Pointen endeten.

Daß eine alte und schwache Baba auch als Synonym für fehlende Kraft und mangelnden Mut herhalten muß – „baba“ gleich Schwächling oder Feigling –, ist nicht gerade fair, aber irgendwo nachvollziehbar. Daß aber „Babuschka“ seit einigen Jahren als Bezeichnung für Homosexuelle umläuft, muß etwas mit dem altrussischen Ganovenwort für Geld, „babki“, zu tun haben – oder welche Etymologien da sonst noch im Spiel sein mögen.

Bleiben wir bei der alten „Babuschka“, die schon durch ihren kindersprachlichen Klang Vertrauen einflößt. Das findet seit November 2000 auch „Babuschka – Allukrainische Zeitschrift für Heilwesen“ (in russischer Sprache), die alle „Geheimnisse der Volksmedizin“ entschlüsseln will. Wenn „Babuschka“ das schafft, wird alle Welt Russisch lernen.


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