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04.07.09 / Gemeinsam Geschichte sticken / Handarbeitswerkwoche in Allenstein war für Uta Lüttich, die Bundesvorsitzende der ostpreußischen Frauenkreise, ein Erfolg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-09 vom 04. Juli 2009

Gemeinsam Geschichte sticken
Handarbeitswerkwoche in Allenstein war für Uta Lüttich, die Bundesvorsitzende der ostpreußischen Frauenkreise, ein Erfolg

Wer weiß heute noch, wie man Handschuhe stri­ckt, Jostenbänder webt oder Tischdecken bestickt?

25 Frauen der deutschen Volksgruppe in Ermland und in Masuren hatten unlängst die Gelegenheit, es zu lernen und eine gesellige Woche in Allenstein zu verbringen: im dortigen Kopernikushaus – dem Sitz der Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit (AGDM) wie auch des Dachverbandes der Deutschen Minderheit – fand eine Werkwoche statt, in der den Teilnehmerinnen Handarbeitstechniken und Muster nahegebracht wurden, die in Ostpreußen ausgeübt und verwendet wurden. Früher weit verbreitet, droht diese Volkskunst heute auszusterben. Deswegen hat es sich die Landsmannschaft Ostpreußen zur Aufgabe gemacht, das traditionelle Handwerk durch fachkundige Lehrerinnen in regelmäßig wiederkehrenden Schulungen an Interessierte und Lernwillige weiterzugeben.

Aus der Bundesrepublik angereist waren die Bundesvorsitzende der ostpreußischen Frauenkreise, Uta Lüttich, welche die Veranstaltung leitete, und die drei Werkmeisterinnen Gudrun Breuer, Dagmar Adomeit und Liesa Rudel. Unter ihrer ambitionierten Anleitung übten sich die fleißigen Schülerinnen im Weben und Sticken und anfänglich auch in Geduld. Denn wie zielorientiert man auch arbeiten mag, die Jostenbandweberei, die Weiß- oder Kreuzstickerei führen nur dann zu befriedigenden Ergebnissen, wenn man sorgfältig und sauber arbeitet, und dies erfordert eben seine Zeit.

„Am Anfang habe ich gedacht, daß ich auf diesem Stück Stoff nie etwas Gescheites zustande bringe“, erzählt lächelnd Helena Samsel, Vorstandmitglied der Gesellschaft der deutschen Volksgruppe in Ortelsburg. „Mein Kreuzmuster muß nämlich auf der Rückseite genauso saubere Stiche hinterlassen wie auf der Vorderseite, und das wollte mir anfangs nicht gelingen.“ Ja, da sind die Werklehrerinnen streng. Nur wenn man von Anfang an genau arbeitet, erzielt man das gewünschte Ergebnis. Helena Samsel hat es denn auch nach beständigen Bemühungen geschafft und lächelt zufrieden über ihr mit einem Blumen-Vogelmuster besticktes Deckchen.

Blumen und Vögel seien ein ganz beliebtes Motiv der ostpreußischen Stickerei, ebenso wie andere Tiere, Motive aus der Landwirtschaft oder Schiffe, erklärt die Bundesvorsitzende. „Man kann eine ganze Geschichte auf ein Stück Leinen sticken: Wie die ersten Siedler kommen, Häuser bauen, Landwirtschaft betreiben“, erzählt sie engagiert, während Lehrerin Dagmar Breuer verschiedene Leinenstücke mit minutiös gearbeiteten Szenen zeigt.

Die Schülerinnen sitzen währenddessen einträchtig konzentriert über ihren Handarbeiten. Kein Zweifel: Die heilsame Entspannung, die der eine im Angeln, der andere in der Meditation suchen mag, findet so mancher auch in dieser stillen Form des Handwerks.

„Diese Woche ist wie richtiger Erholungsurlaub“, schwärmt Berta Ćwiek, Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft der deutschen Volksgruppe in Sensburg. Sie, wie alle anderen Teilnehmerinnen, die aus verschiedenen Ortschaften der Region zur Werkwoche nach Allenstein angereist waren, kam für die Dauer der Veranstaltung bei Mitgliedern der Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit unter. Damit ließen sie für diese eine Woche auch ihren Alltagsstreß hinter sich.

Jeden Morgen kamen die Handarbeitsbegeisterten im Kopernikushaus zusammen und eröffneten ihren Web-, Strick- oder Stick­tag mit Gesang. Die Damen hatten sichtlichen Spaß an ihrer Fortbildung. Am vorletzten Tag wurden dann ihre hingebungsvoll gearbeiteten Handschuhe, Mützen, Tischdecken, Topflappen und so weiter in einer Ausstellung einem größeren Publikum vorgeführt.

Die Werkwoche wird alle zwei Jahre veranstaltet und fand nun zum zehnten Mal in Ostpreußen und zum fünften Mal im Kopernikushaus in Allenstein statt. Finanziell gefördert wurde sie durch das Kulturreferat des Ostpreußischen Landesmuseums in Lüneburg. Ihren Erfolg kann man an den Ergebnissen der entstandenen Werkstücke und ihrer gemeinschaftsbildenden Wirkung auf die Teilnehmerinnen sehen. Bliebe nur, sie für die jüngere Generation noch attraktiver zu machen.    kri

Foto: Handarbeit ist keine „tote“ Kunst, sondern wird lebendig gestaltet.


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