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11.07.09 / Zufriedene Senioren in Deutschland / Eine neue Allensbach-Studie zeigt große Unterschiede im Empfinden zwischen Medien und Betroffenen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-09 vom 11. Juli 2009

Zufriedene Senioren in Deutschland
Eine neue Allensbach-Studie zeigt große Unterschiede im Empfinden zwischen Medien und Betroffenen

Zwischen dem Bild, das die Medien von alten Menschen zeichnen und deren eigener Einstellung zu Alter und Älterwerden, liegen anscheinend Welten. Dies brachte eine vergleichende Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Robert-Bosch-Stiftung zutage.

Die Studie, die Mitte Juni in Berlin vorgestellt wurde, wollte herausfinden, welche Vorstellungen Journalisten vom Alter und vom Älterwerden haben und inwiefern diese Einschätzungen mit den Ansichten der Betroffenen übereinstimmen. Befragt wurden 232 Journalisten, vor allem von Tages- und Wochenzeitungen, und parallel dazu ein repräsentativer Bevölkerungsquerschnitt von 1773 Personen.

Die Ergebnisse sind erstaunlich. Die Älteren finden sich in dem von den Medien gezeichneten Bild der Senioren − ei-nerseits die „Silver-Ager“ auf Kreuzfahrten und andererseits die pflegebedürtigen Greise in Heimen − keinesfalls wieder. Das Selbstbewußtsein der Älteren hat in den letzten Jahren demnach deutlich zugenommen und, anders als oft vermutet, nur eine Minderheit der älteren Menschen fühlt sich von der Gesellschaft ausgegrenzt.

Nur eine kleine Minderheit der Bevölkerung (19 Prozent) hat überhaupt Angst vor dem Alter. Die Schwelle, ab der jemand als alt gilt, verschiebt sich mit der wachsenden Lebenserwartung immer mehr nach oben. Die spontanen Assoziationen der Bevölkerung zum Alter beziehen sich überwiegend auf die späte Altersphase, weit weniger auf die frühe Phase der „jungen Alten“ zwischen 60 und 69 Jahren. Hier, am Beginn des sogenannten Ruhestandes, herrscht bei den meisten Senioren eine große Zufriedenheit mit der eigenen Lebenssituation vor.

Dagegen geht die Mehrheit der befragten Journalisten (60 Prozent) davon aus, daß in der Bevölkerung das Alter zusammen mit Mühen und Beschwerden gesehen wird. Dabei stimmen die meisten Journalisten (63 Prozent) selbst nicht der Aussage zu, Alter sei wegen der zunehmenden körperlichen Gebrechen „vor allem eine Last“. Vier von fünf Journalisten (83 Prozent) meinen sogar, das Alter biete neue Chancen, weil man dann „mehr Zeit für Dinge hat, die einem wichtig sind“.

Da Journalisten allerdings die Berufsgruppe mit der kürzesten Lebenserwartung (von etwa 58 Jahren) sind, dürften viele die Schönheit oder die Beschwernis des Älterwerdens kaum selbst erleben.

Ein deutlicher Unterschied zwi-schen der Bevölkerung und den Journalisten zeigt sich bei der Fra-ge, ob ältere Menschen in der Gesellschaft ausgegrenzt werden. Fast jeder zweite Journalist bejahte in der Umfrage diese Frage. Die Alten selbst sehen das nicht so negativ: Zwei Drittel (65 Prozent) der 60- bis 69jährigen haben nicht den Eindruck, daß Ältere nicht mehr dazugehören oder keine Bedeutung mehr haben würden. Auch von den 70jährigen und Älteren bestätigte nur eine Minderheit diesen Eindruck.

Angesichts der vielen Widersprüche zwischen Journalisten und Bevölkerung halten 85 Prozent der befragten Medienleute  eine Änderung des aus ihrer Sicht dominanten Altersbildes für notwendig. Ihres Erachtens ist es besonders wichtig, ein differenzierteres Altersbild zu vermitteln: Der Lebensabend der meisten Menschen spielt sich weder in der heilen Werbe-Welt der agilen und vitalen Senioren noch in tristen Heimen von dahinsiechenden Greisen ab. Die Journalisten plädieren vor allem dafür, die Chancen und Potentiale des Alters wieder stärker zu betonen.

Folgt man dieser interessanten Studie, geht es für die Macher in Funk und Fernsehen darum, die Normalität und Attraktivität im Leben von Senioren darzustellen.  Viele der Älteren verstehen sich bespielsweise gut mit ihren Kindern und freuen sich auf gemeinsame Zeiten mit den Enkeln. Solche Bilder von Älteren findet man jedoch relativ selten in der öffentlichen Berichterstattung. Statt Ängste bei der Bevölkerung und / oder falsche Sehnsüchte bei den Senioren zu schüren, ginge es demnach eher darum, mehr über die Lebenserfahrung und die Lebensweisheit älterer Menschen zu berichten, wie das in vielen Kulturen üblich ist.

Diese Aufgabe erscheint auch daher als so wichtig, weil die Vergreisung Deutschlands deutlich zunimmt, wie jüngste Veröffentlichungen zeigen. So werden nach Schätzungen des „Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen“ im Jahre 2050 in Brandenburg 90 Prozent der Bewohner über 65 Jahre sein. Der Quotient der Betagten über 85 Jahre wird im Osten etwa 25 Prozent, im Westen Deutschlands im Durchschnitt „nur“ 15 Prozent betragen.

Weil zugleich die Zahl der Arbeitskräfte schrumpft, sieht der Rat für die Politik erhebliche Herausforderungen. „Wir müssen Lösungen finden, damit auch die steigende Zahl älterer Menschen medizinisch gut versorgt werden kann. Die Versorgung muß so ausgerichtet sein, daß die Älteren möglichst lange selbständig bleiben und Lebensqualität behalten“, sagte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) nach der Übergabe eines entsprechenden Gutachtens in Berlin. Die Sachverständigen erwarten, daß die Zahl der Pflegebedürftigen von jetzt 2,3 auf 4,3 Millionen im Jahre 2050 steigt. Das Gremium empfiehlt daher vor allem, durch eine verbesserte Prävention und Gesundheitsförderung die Zeit des „gesunden Alterns“ auszudehnen und die ambulante Versorgung auszuweiten. So würden sich Wege finden lassen, das Pflegeheim möglichst lange zu vermeiden.                          Hinrich E. Bues

Foto: Schwarzweißmalerei: Es gibt nicht nur glückliche „Silver-Ager“ und dahinsiechende Greise.


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