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11.07.09 / Die Mär vom Militärputsch / Honduras’ Führung vereitelte Verfassungsbruch − Zelaya folgte strikt den Spuren von Hugo Chávez

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-09 vom 11. Juli 2009

Die Mär vom Militärputsch
Honduras’ Führung vereitelte Verfassungsbruch − Zelaya folgte strikt den Spuren von Hugo Chávez

In Honduras wurde der Vormarsch des Hugo Chávez (zunächst?) gestoppt. Die internationalen Reaktionen zeigen jedoch, wie stark der Venezolaner schon geworden ist, und wie konzeptlos sich die USA in ihrem einstigen „Hinterhof“ bewegen.

Einen Vorwurf können selbst diejenigen, die Verständnis für sein Vorgehen aufbringen möchten, dem honduranischen Interimspräsidenten Roberto Micheletti nicht ersparen: Den gestürzten Staatschef Manuel Zelaya von Militärs, angeblich mit vorghaltener Pistole, bei Nacht und Nebel außer Landes bugsieren zu lassen war vermutlich nicht seine beste Idee. Schnell war die Mär vom „Militärputsch“ geboren, und eine gut geölte Propagandamaschinerie setzte sich in Bewegung.

Egal, wie das mittelamerikanische Drama ausgeht: Venezuelas Machthaber Hugo Chávez kann einen beträchtlichen Propagandasieg feiern in seinem Kampf gegen die USA und für ein sozialistisches Lateinamerika unter seiner Führung. Daß Washington dem Rauswurf von Honduras aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zähneknirschend zustimmte, erscheint wie eine Demütigung der Supermacht.

Das offizielle Argument, die neuen Herrscher in Honduras hätten ja die Verfassung gebrochen und damit die Demokratie verhöhnt, wirkt mehr als kurios, nachdem erst am 3. Juni die Wiederaufnahme des zweifelsfrei diktatorischen Kuba unter Zustimmung der Vereinigten Staaten beschlossen worden war. Tagungsort der OAS war übrigens die honduranische Hauptstadt Tegucigalpa. Dennoch gelang es Chávez und seinen Gefolgsleuten, US-Präsident Barack Obama so sehr unter Zugzwang zu setzen, daß er tat, was sie wollten. Wer Chávez, den selbsternannten Anführer der „Bolivarianischen Revolution gegen das Imperium“ (USA) vor Jahren noch belächelt haben mag, müßte spätestens jetzt das wahre Ausmaß der Herausforderung erkennen, der Washington in seinem einstigen „Hinterhof“ ausgesetzt ist.

Ein Land nach dem anderen reiht sich ein in Chávez’ Front: Bolivien, Nicaragua, Ecuador und Paraguay sind von treuen Bewunderern des Venezolaners beherrscht, Argentiniens Präsidenttenpaar Cristina Fernández-Kirchner und Néstor Kirchner wurden in ihren Wahlkämpfen finanziell aus Caracas unterstützt und sind Chávez ebenfalls herzlich zugetan. Die Mitte-Links-Regimes von Chile und Brasilien hüten sich zwar vor dem „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“, den Chávez propagiert, unterhalten aber dennoch freundschaftliche Beziehungen zu Venezuela.

Chávez’ Strategie ist einfach: Sie besteht aus Geld und Öl. Mit billigem Petroleum und Geldgeschenken macht er sich die Regierungen und oft auch breite Teile der Bevölkerung der beinahe durch die Bank von Armut geplagten lateinamerikanischen Länder gefügig. So auch im Falle von Honduras, dem er Öl für 40 Prozent des Weltmarktpreises verkaufte. Da die Regierung den Kraftstoff zu normalen Preisen ans Volk weiterverkaufte, blieben ihr 60 Prozent zur freien Verfügung in einem Land, in dem Steuereinnahmen nur spärlich anfallen: Honduras erwirtschaftet mit seinen 7,5 Millionen Einwohnern gerade einmal fünf Milliarden Euro Bruttoinlandsprodukt pro Jahr, das entspricht dem Maltas. Diese Großzügigkeit setzte bei Präsident Zelaya vor rund zwei Jahren eine wundersame Wandlung in Gang. Eigentlich Mitglied der Liberalen Partei wie Micheletti, entdeckte er plötzlich den Sozialismus. Und ganz wie sein Vorblid Chávez schickte er sich zum Schluß an, die Verfassung dahingehend zu ändern, daß er im November hätte wiederkandidieren können. Nach leidvollen Erfahrungen mit Präsidenten, die ihre langen Amtszeiten für den Aufbau einer Diktatur mißbrauchten, darf seit der Rück­kehr der Demokratie nach Honduras 1982 jeder Präsident nur eine Periode von vier Jahren bleiben. Ein Gebot, daß wegen der Geschichte des Landes einen äußerst hohen Stellenwert genießt.

Um nun doch weitermachen zu können, wollte Zelaya den Passus per Volksabstimmung abschaffen. Die Urnen waren Beobachtern zufolge schon aus Venezuela unterwegs. Auch sonst wäre Chávez seinem neuen Günstling gewiß gern behilflich gewesen. Sowohl er als auch die Sandinisten im benachbarten Nicaragua haben gründlich bewiesen, daß ihnen zur Erlangung des „richtigen“ Ergebnisses allerhand Mittel recht sind. Ein so armes Volk mit kaum dauerhafter demokratischer Tradition wie das honduranische hätte ein leichtes Opfer für Stimmenkauf, Einschüchterung und andere Manipulationen der Abstimmung werden können.

Daß Chávez sich nicht nur auf Zucker (Geld, Öl), sondern auch auf Peitsche versteht, wenn er seinen Einfluß ausdehnen will, bekommen jene Nachbarn zu spüren, die sich seinem Zugriff zu entziehen trachten. In Kolumbien unterstützt das Regime in Caracas die berüchtigten Farc-Terroristen. Eine marxistische Guerillatruppe, die vor allem durch Mord, Menschenraub und Drogenhandel auf sich aufmerksam gemacht hat. Bei einem Kommando-Unternehmen im ecuadorianischen Grenzgebiet stellten kolumbianischen Soldaten einen Rechner der Farc sicher, auf dem Daten über Geldtransfers aus Caracas gespeichert waren. In Peru stachelt Venezuelas Führung derweil Indio-Unruhen an.

Die Interimsregierung von Honduras will dem internationalen Druck, der Wasser auf Chávez’ Mühlen lenkt, widerstehen: eine Herkulesaufgabe für das kleine Land. So bald wie möglich sollen Neuwahlen stattfinden, die den Druck von dem Land wieder nehmen, so die Hoffnung in Tegucigalpa.                      Hans Heckel

Foto: Freunde: Hugo Chávez (l.) unterstützt den gestürzten Staatschef Manuel Zelaya.


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