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11.07.09 / Keineswegs nur Zustimmung / Die Wahrnehmung des Irans in anderen muslimischen Staaten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-09 vom 11. Juli 2009

Keineswegs nur Zustimmung
Die Wahrnehmung des Irans in anderen muslimischen Staaten

Westliche Politiker halten es für ihre demokratische Pflicht, das Vorgehen der Machthaber im Iran aufs schärfste zu verurteilen. Im Verein mit der „veröffentlichten Meinung“ und mangels besseren Wissens machen sie den unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Mussawi auch gleich zum „Reformer“ und „Oppositionsführer“. US-Präsident Barack Obama hatte sich zwar zunächst zurückgehalten, um nicht seine neue Iran-Linie zu präjudizieren, doch schlägt nun auch er andere Töne an.

Wie aber wird die Entwicklung von den Nachbarn des Irans und vor allem von den Arabern erlebt? Pakistan und Afghanistan sind schnell abgehandelt: Man hat andere Sorgen.

Auch mit der Türkei ist es einfach: Erdogan und Co. kritisieren keinen „Gottesstatt“, die Kemalisten kein „hartes Durchgreifen“, und die Linken keinen Ahmadinedschad mit seinen „sozialistischen“ Ansätzen.

Die Türkei und der Iran akzeptieren seit vielen Jahrzehnten die Herrschaftsverhältnisse beim Nachbarn jeweils so, wie sie sind. Und in dem Ziel, einen Kurdenstaat zu verhindern, sind sich Regierungen und Mehrheitsbevölkerungen beider Länder ebenfalls einig.

Im Norden, in den ehemaligen Sowjet-Republiken mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit, und in arabischen Ländern ist es komplizierter: Wo autoritär regiert wird – das ist bei den meisten mehr oder weniger ausgeprägt der Fall –, haben die Machthaber Angst vor der Beispielwirkung, und daher wurden die Unruhen im Iran von offizieller Seite praktisch totgeschwiegen.

Einzige Ausnahme war Marokko, das sogar die diplomatischen Beziehungen zum Iran abbrach. Doch König Mohammed VI. tut sich leicht: Er ist weit ab vom Schuß, er ist geistliches Oberhaupt des Landes, und er signalisiert mit seinem Protest den Untertanen, daß es ihnen viel besser geht.

Wenngleich die lokalen Medien „Rücksicht“ nehmen müssen, sind die Menschen dank Satelliten-TV und Internet gut informiert. Vor allem die Kanäle von Al-Dschasira (Katar) und von dessen wichtigstem Konkurrenten Al-Arabiya (Dubai) berichten offen, ohne polemisch zu sein. So offen, wie man es in Mitteleuropa bei manchen Themen vermißt – und zu offen für manche, denn das Teheraner Büro von Al-Arabiya mußte schließen.

Die Breitenwirkung der Iran-Berichte ist sehr unterschiedlich. In Ägypten, wo die halbamtliche Tageszeitung „Al-Ahram“ massiv gegen die iranischen Machthaber schießt, hat man es zunehmend auch mit einer aufmüpfigen und kaum kontrollierbaren Blogger-Szene zu tun, in der vereinzelt sogar dazu aufgerufen wird, sich an den vermeintlichen „Reformern“ im Iran ein Beispiel zu nehmen.

Höchst irritierend ist die Entwicklung für das saudische Regime, das „Demokratie“ nicht einmal pro forma zuläßt und es mit Scharia und Sittenpolizei auch nicht anders hält als der Iran. Die Schiiten, die bis zu 15 Prozent der Bevölkerung stellen, werden mit Mißtrauen behandelt, ja von strenggläubigen Wahhabiten sogar als Nicht-Muslime angesehen. Und zunehmende Verarmung läßt sogar Sunniten neidvoll auf soziale, wenngleich populistische Maßnahmen Ahmadinedschads blicken. Die Warnung vor einer „iranischen Vorherrschaft“ ist also eher Angst vor dem eigenen Machtverlust.        R. G. Kerschhofer


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