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11.07.09 / Geist und Natur als ganzheitliches Prinzip gesehen / In Dresden wird eine umfangreiche Ausstellung über den Universalgelehrten Carl Gustav Carus gezeigt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-09 vom 11. Juli 2009

Geist und Natur als ganzheitliches Prinzip gesehen
In Dresden wird eine umfangreiche Ausstellung über den Universalgelehrten Carl Gustav Carus gezeigt

Was bildet denn Landschaftsmalerei als die große irdische uns umgebende Natur – und was ist erhabener als die Erfassung des geheimnisvollen Lebens dieser Natur? Und wird der Künstler, durchdrungen von der Erkenntnis der wunderbaren Wechselwirkungen von Erde und Feuer und Meer und Luft, nicht gewaltiger durch seine Darstellung zu uns reden?“ Carl Gustav Carus (1789–1869), von dem diese Zeilen stammen, war eine Persönlichkeit von universalem Zuschnitt und gehörte zu den herausragenden Exponenten des geistigen und wissenschaftlichen Lebens seiner Zeit. Der Arzt, Naturphilosoph, Literat, Maler und Zeichner aus Leipzig zählte Johann Wolfgang von Goethe, Caspar David Friedrich und den sächsischen König Johann, dessen Leibarzt er war, zu seinem Bekanntenkreis. „Ein Leben lang bewegte sich Carus mit staunenswerter Energie und unerschöpflicher Wißbegierde zwischen den Polen Kunst und Wissenschaft, zwischen dem ,romantischen‘ Versuch, Geist und Natur als ganzheitliches Prinzip zu denken, und dem Bestreben, sie positivistisch, in all ihren Facetten zu erkunden und darzustellen“, erläutern die Verantwortlichen der Ausstellung „Natur und Idee“, die derzeit in Dresden, wo Carus von 1814 bis zu seinem Tod lebte, gleich an zwei Orten zu sehen ist: in den Räumen der Gemäldegalerie Alte Meister im Semperbau am Zwinger und in den Ausstellungsräumen des Kupferstich-Kabinetts im Residenzschloß. Im Semperbau werden  Carus als Persönlichkeit und seine Tätigkeit als Mediziner gewürdigt sowie seine Lebenswelt in Dresden und Pillnitz, seine Reisen auf die Insel Rügen und nach Italien präsentiert. Im Kupferstichkabinett sind schließlich geognostische Landschaften, Naturstudien und späte Kohlezeichnungen, seine Arbeiten zur Zootomie, vergleichenden Anatomie und Physiologie sowie zur Cranioskopie (Schädelbetrachtung) und Konstitutionslehre zu sehen.

Kunstfreunde werden ihre besondere Freude an Hauptwerken aus dem Schaffen von Carus haben, die im Semperbau ausgestellt werden, etwa an dem Gemälde „Erinnerung an eine bewaldete Insel der Ostsee (Eichen am Meer)“ oder an dem Motiv „Balkon in Neapel“. Gezeigt werden aber auch Werke seiner Zeitgenossen wie „Mondaufgang am Meer“ von Caspar David Friedrich und „Blick auf Schloß Pillnitz“ von Johan Christian Dahl. Zu sehen sind rund 250 Gemälde und Zeichnungen von Carus selbst sowie 50 herausragende Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen seiner Zeitgenossen.

Grundlage des künstlerischen Teils der Ausstellung sind die Werke in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, dem bedeutendsten Carus-Bestand in öffentlichem Besitz. Das Kupferstich-Kabinett verwahrt mehr als 700 Zeichnungen und Druckgraphiken, die Galerie 22 Gemälde, darunter exemplarische Werke der Dresdner Romantik.

Landschaften von Carl Gustav Carus stehen auch im Mittelpunkt einer Neuerscheinung aus dem Verlag der Kunst. Frank Richter dokumentiert hier das künstlerische Schaffen des Leipzigers, die Emotionen, die er beim Anblick der Landschaften erlebte, und schildert die Faszination, welche gerade die Landschaft des Elbsandsteingebirges auf Carus ausübte. Aber auch die Ostsee sowie die Inseln Rügen und Vilm waren ein besonders Erlebnis für den Maler Carus, der sich 1819 von Caspar David Friedrich zu einer Reise hatte inspirieren lassen. „Ich habe kaum jemals wieder dies Gefühl so ganz reinen, schönen und einsamen Naturlebens gehabt wie damals auf diesem kleinen Eilande“, schrieb er in seinen Erinnerungen über Vilm. „... wie ungestört und ehrwürdig sind da Eichen und Buchen zu ungewöhnlichem Umfange gewachsen.“ Ausstellung wie auch die Publikationen rücken Carl Gustav Carus in den Mittelpunkt des Interesses, einen Mann der allzu lange im Schatten seiner Zeitgenossen Friedrich und Dahl gestanden hat.

Silke Osman

Die Ausstellung „Natur und Idee“ im Semperbau, Gemäldegalerie Alte Meister und Residenzschloß, Kupferstich-Kabinett, ist bis 20. September täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 10/7,50 Euro. Vom 9. Oktober 2009 bis 10. Januar 2010 ist die Ausstellung in der Alten Nationalgalerie Berlin zu sehen. Der Katalog und ein Essay-Band, erschienen im deutschen Kunstverlag, sind zum Paketpreis von 60 Euro erhältlich.

Frank Richter: „Carl Gustav Carus – Der Malerfreund Caspar David Friedrichs und seine Landschaften“, Verlag der Kunst, Husum 2009, 120 Seiten, zahlr. farbige Abbildungen, broschiert, 14,95 Euro

Foto: Carl Gustav Carus: Eichen am Meer (Öl, 1835; Gemäldegalerie Dresden)


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