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11.07.09 / Der Architekt der Weltkirche / Rückblick auf das Paulus-Jahr: Feiern, Symposien, Begegnungen und ein sensationeller Fund

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-09 vom 11. Juli 2009

Der Architekt der Weltkirche
Rückblick auf das Paulus-Jahr: Feiern, Symposien, Begegnungen und ein sensationeller Fund

Mit einer sensationellen Bekanntmachung beendete Papst Benedikt XVI. das von ihm ausgerufene Paulus-Jahr, das den vor genau 2000 Jahren geborenen Völkerapostel ehren sollte. Damit ging ein Jahr der kirchlichen Feiern, wissenschaftlichen Symposien und Begegnungen zwischen den Konfessionen zu Ende, das die enorme Bedeutung des Apostels Paulus herausstrich.

Im vor drei Jahren unter dem Hauptaltar der Pauluskathedrale in Rom entdeckten Sarkopharg mit der Aufschrift „Apostel Paulus Mart.“ lagern tatsächlich die sterblichen Überreste und die Kleidung eines Menschen aus dem 1. Jahrhundert. Mit Hilfe einer Sonde wurde der Sarkophag des Apostels in Rom untersucht. Im Inneren fand man Spuren von kostbarem purpurfarbenen Leinen, besetzt mit Blattgold, und von einem blauen Textil mit Leinenfasern; außerdem rote Weihrauchkörner, eiweiß- und kalkhaltige Substanzen und winzige Knochenfragmente, deren C-14-Untersuchung durch Experten (denen die Herkunft der Objekte nicht mitgeteilt worden war) ergab, daß sie einer Person gehörten, die im 1. oder 2. Jahrhundert gelebt hat.

Zwar sind sogleich die Zweifler unter den Archäologen zur Stelle, die darauf hinweisen, wie schwer es sei, eine endgültige Gewißheit über die begrabene Person zu gewinnen. Dazu würden gentechnische Untersuchung und ein Vergleich mit eventuellen Verwandten des Völkerapostels fehlen, erklären die Fachleute. Solche Vergleiche sind naturgemäß nicht mehr möglich. Auch die Bergung des schweren Marmorsarges stellt die Verantwortlichen der Kathedrale vor nahezu unlösbare Probleme, da dazu der Hauptaltar abgebaut werden müßte. So bewegt man sich hier weiter im Bereich der Wahrscheinlichkeiten. Die Überlieferung, die seit den frühesten Zeiten der Urkirche besteht, daß es sich hier wirklich um das Apostelgrab handelt, erhält aber durch die neuen Entdeckungen Auftrieb und begeistert Christen aus aller Welt.

Das christliche Rom wurde unter Kaiser Konstantin im 4. Jahrhundert quasi über den Apostelgräbern neu gegründet und errichtet. Die Barockkuppel des Petersdoms über dem Grab des Apostelfürsten Petrus gibt der Stadt der Päpste darum bis heute ihr unvergleichliches Profil. Paulus wurde im 4. Jahrhundert umgebettet und dabei wie ein König begraben. Seine Verehrung machte den Umbau der kleinen Gedenkstätte (auf einem antiken römischen Friedhof an der Via Ostiense) in eine große Basilika unumgänglich.

Das Paulus-Jahr, das nun zu Ende gegangen ist, hat wieder einmal die Bedeutung dieses Mannes unterstrichen. Seine Sprachgewalt erklingt noch heute aus seinen Briefen des Neuen Testamentes und fesselt Gläubige wie Nichtgläubige. Juden und Christen trafen sich in diesem Jahr in wissenschaftlichen Symposien, um die jüdisch-christlichen Wurzeln zu erörtern. Auch die Stellung des ehelos lebenden Paulus zur Ehe und zur Sexualität war Gegenstand von Kongressen. Orthodoxe und evangelische Kirchenvertreter, die den Apostel Paulus als großen Theologen und Kirchengründer verehren, debattierten über das Nebeneinander von Petrus- und Paulusamt. Bekanntlich kam es zwischen den beiden großen Aposteln schon zu Lebzeiten zu heftigen Auseinandersetzungen über die Heiden- und die Judenmission. Paulus sah sich hinausgesandt zu allen Völkern der Welt. Petrus als Leiter und erster Papst der Urkirche wollte die Einheit der Kirche bewahren. Schließlich führte sie der Tod – am selben Tag – unfreiwillig wieder zusammen.      

Hinrich E. Bues

 

Wer war Paulus?

Paulus gilt als der Architekt der christlichen Weltkirche und zugleich als ihr größter Missionar. Doch zunächst wies der Lebenslauf von Saulus, wie er vor seiner Bekehrung hieß, in eine völlig andere Richtung. Geboren im Jahr 9 nach Christus wuchs Saulus als Jude in Tarsus, einer Provinz-Hauptstadt im Südosten der heutigen Türkei, auf. Wie sein Vater schloß er sich der strengen Richtung der Pharisäer an, die eine Art Laienorden waren, die überaus eifrig den Vorschriften des mosaischen Gesetzes zu folgen versuchten. Intelligente und begabte Mitglieder wie Saulus hatten den Ehrgeiz, nahezu die Hälfte des Alten Testamentes auswendig zu lernen. Streng war Saulus auch als Verfolger der jüdischen Sekte der Christen, wie man die Jesus-Anhänger anfangs einschätzte. Bei der Steinigung des ersten christlichen Märtyrers Stephanus war er persönlich zugegen.

Sprichwörtlich wandelte sich das Leben des Apostels − vom Saulus zum Paulus − als er auf einem Ritt von Jerusalem nach Damaskus eine Erscheinung des auferstandenen Jesus Christus hatte, der ihn fragte: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“ Danach widmete er seine ganze Energie dem Dienst als Apostel der Christenheit. Seine missionarischen Reisen durch das Römische Reich legten schließlich den Grundstein für die christliche Kirche. Fast die Hälfte des Neuen Testaments gehen mittelbar oder unmittelbar auf ihn zurück.

Zusammen mit dem Apostel Petrus erlitt Paulus während der ersten großen Christenverfolgung unter Kaiser Nero am 29. Juni (Fest Peter und Paul) um 67 n. Chr. den Märtyrer-Tod. Während Petrus an der Stelle, wo heute der Hauptaltar des Petersdomes steht, gekreuzigt wurde, köpfte man Paulus genau dort, wo heute die „Paulus-Kathedrale vor den Mauern“ steht.                                    H.E.B.

Foto: St. Paulus-Kathedrale vor den Mauern in Rom: Unter dem Altar liegt höchstwahrscheinlich der Apostel Paulus begraben.


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