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11.07.09 / Glaube als Deckmantel / Die Sekte »Kinder Gottes«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-09 vom 11. Juli 2009

Glaube als Deckmantel
Die Sekte »Kinder Gottes«

In „Nicht ohne meine Schwestern – Gefangen und mißbraucht in einer Sekte – unsere wahre Geschichte“ berichten die drei Schwestern Celeste und Kristina Jones sowie Juliana Buhring über ihre schockierende Kindheit in den Fängen der Sekte „Kinder Gottes“. Unter dem heuchlerischen Deckmantel des Glaubens und der höheren Erleuchtung vergingen sich die Erwachsenen der Sekte an den ihnen hilflos ausgelieferten Kindern. Gewalt, Mißbrauch, alles war mit entsprechender Rechtfertigung innerhalb der „Familie“ erlaubt und sogar erwünscht.

Denn auch der Glaubensvater David Berg, genannt Mo, der die Sekte 1968 gründete und sich selbst zum Führer und gottgleichen Idol der Sekte erhoben hatte, bekannte in seinen Rundschreiben, den sogenannten Mo-Letters, daß Sex mit Kindern gebilligt werde, solange dies „in Liebe“ geschehe. Für viele der Sektenmitglieder war dies quasi ein Freibrief zum Kindesmißbrauch, denn wo kein Kläger, da kein Richter.

Zweifel und Ungehorsam seitens der Kinder zogen nach Juliana Buhrings Erzählung sofortige Sanktionen nach sich, so daß die Kinder schnell lernten, sich möglichst unauffällig und folgsam zu verhalten.

Doch bedurfte die Grausamkeit der Erwachsenen auch nicht immer eines Grundes, „sonst setzte es Hiebe“ mit der „weißen Gerte“. „Wenn wir unaufgefordert redeten, widersprachen oder etwas ,Liebloses‘ oder ,Sündiges‘ sagten, wurde uns der Mund mit Seife ausgewaschen … Manche Erwachsene rammten mir ein Stück in den Hals, bei anderen mußte ich mir damit die Zähne putzen, aber die grausamsten zwangen mich dazu, die Seife zu kauen und zu schlucken.“

Schon nach den ersten Seiten erscheint es dem Leser, als sei diese „Glaubensgemeinschaft“ lediglich ein Club übelster Sadisten gewesen, die unter dem Vorwand des Glaubens ihre Vorliebe zu Gewalt, Inzest und Pädophilie verschleierten. Medikamente, Impfungen und auch die Pille galten als verpönt, alles sollte in Gottes Hand liegen.

Die „Familie“ lebte in sogenannten Camps. Diese befanden sich zum Beispiel auf Sri Lanka, auf den Philippinnen sowie in etlichen anderen Ländern, wo das Auge des Gesetzes nicht zu sehr auf die Einhaltung von Gesetz und Ordnung achtete. Hier konnten die erwachsenen Anhänger der Sekte die Kinder ungestört physisch, psychisch, emotional und sexuell mißbrauchen.

Nach David Bergs Tod 1994 löste sich die Sekte 1999 offiziell auf. Ende der 1990er Jahre soll die „Familie“ insgesamt rund 9000 Mitglieder gehabt haben, darunter 6000 Minderjährige.

Am Ende der Erzählung „Nicht ohne meine Schwestern“ grenzt es für den Leser an ein kleines Wunder, daß die drei es geschafft haben, sich aus den Fängen der Sekte zu befreien und heute ein weitgehend normales Leben zu führen. Ihre Schwester Davida hingegen hat es nicht geschafft. Davida verstarb 2005 im Alter von 23 Jahren an einer Überdosis Drogen. Große Verwunderung vermag diese traurige Tatsache jedoch nicht auszulösen. Lediglich Trauer und Mitgefühl.  A. Ney

Celeste Jones, Kristina Jones, Juliana Buhring: „Nicht ohne meine Schwestern – Gefangen und mißbraucht in einer Sekte – unsere wahre Geschichte“, Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 2009, broschiert, 429 Seiten, 8,95 Euro


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