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11.07.09 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-09 vom 11. Juli 2009

Die Nanny kommt / Warum deutsche Politiker die deutsche Politik loswerden wollten, was in der SPD los ist, und wie der Gabriel resozialisiert werden soll
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Welch ein Glück, daß es in unseren von düsteren Aussichten getrübten Tagen noch Dinge gibt, die immer glattgehen, ganz egal, wie sie ausgehen. Peter Gauweiler konnte sich kaum retten vor allerbesten Freunden, die ihm öffentlich zu seinem erfolgreichen Zug nach Karlsruhe gratulierten. Ja, das war ein guter Tag für Deutschland und ein guter Tag für Europa, scholl es aus allen Mündern. Alle waren glücklich und wir zudem sehr beeindruckt, wie unsere Politiker so schöne Sätze intonieren können – und das mit fest zusammengebissenen Zähnen.

Viele hatten dem Urteil mit großer Spannung entgegengefiebert. Wir nicht, denn, wie eingangs erwähnt, wir wußten ja von Anfang an, daß es sowieso nur Sieger geben würde. Denn was hätten wir wohl gehört, wenn der einsame bayerische Recke mit seiner Rettungsattacke für die Rechte unserer Volksvertreter im Graben gelandet wäre? Genau das Gleiche: „Ein guter Tag für Deutschland und ein guter Tag für Europa. Wer ist Peter ... wie?“

Also: Ob die deutschen Volksvertreter das letzte Wort haben bei der Übernahme von EU-Verordnungen, oder ob sie bloß zu gehorchen haben, oder in Hamburg fällt’n Spaten um. CDU und SPD ist es angeblich schnurzpiepe. Sagen sie zumindest, womit wir nochmal auf die erwähnten Zähne zu sprechen kommen. Diese Gleichgültigkeit ist geheuchelt, wie jeder weiß. In Wahrheit hassen sie den Gauweiler jetzt noch mehr als vorher. Am liebsten wäre es ihnen gewesen, die Richter hätten sie mit der Selbstentmachtung von Bundestag und Bundesrat durchkommen lassen.

Wobei wir nicht umhin kommen, dreimal trocken zu schlucken: Welcher Film lief da eigentlich? Aus dem Geschichtsunterricht haben wir noch allerhand Bilder im Kopf: Freiheitskriege, Urburschenschaft, Wartburgfest, Hambach, der Mann mit der schwarzrotgoldenen Fahne auf der Barrikade im verqualmten Berlin 1848, die Paulskirche, die freien, gleichen und geheimen Wahlen (für Männer) ab 1871, Nationalversammlung und Frauenwahlrecht 1919, Parlamentarischer Rat, Bundestag, Revolution in der DDR – bald 200 Jahren alt ist das Ringen für das Recht des deutschen Volkes, daß nur seine frei gewählten Vertreter die Gesetze des Landes erlassen dürfen. Dafür sind unzählige Deutsche gestorben oder haben sich ein Leben lang verkämpft, sind verfolgt, verraten und eingesperrt worden.

Und nun sollte dieses Recht ganz beiläufig in einem europäischen Gremienpfuhl versenkt werden, dessen Wege dem Normalbürger so präsent sind wie eine weit entfernte Galaxie. Mach’s gut, Volkssouveränität, war ’ne spannende Zeit mit dir, aber irgendwann muß jeder mal abtreten. Kriegst ’ne Vitrine im Museum, und wer dich da wieder rausholen will, der ist ab morgen ewiggestrig. Tja, genauso   war’s geplant!

Viel haben wir von der beklagenswerten Politikmüdigkeit der Bürger gehört. Nach der schlappen Beteiligung an den Europawahlen mußten wir uns sogar beschimpfen lassen für die Gleichgültigkeit, mit der wir angeblich die Demokratie behandeln. Da wurde offenbar das falsche Feld beackert. Nicht das Volk ist politikmüde, die Politiker sind es selbst. Deshalb wollten die meisten von ihnen die aufreibende Last der Entscheidungen nur noch loswerden.

Für die politikmüde Politik wäre eine wunderbare Zeit angebrochen. Entschieden wird in Brüssel oder Straßburg von wem auch immer, dann wird das fertige Edikt in Berlin kurz hochgehalten, wonach man zum gemütlichen Teil übergehen könnte. Zu lautstarken Pöbeldebatten etwa oder zu Feierstunden, Preisverleihungen und anderen Festveranstaltungen mit weihevollen Reden, vorzugsweise zum Thema „Das hohe Gut der Demokratie“. Wenn das Volk unzufrieden wird, streckt man den Finger gen Brüssel aus und ist den Ärger los, der sich in dem ungreifbaren, weil konturenlosen Koloß EU totläuft.

Der Reichstag sollte sich demnach in ein großes Big-Brother-Haus verwandeln, in dem diesmal  erwachsene Abiturienten statt spätpubertierender Straßenprolls herumlungern sollten: So, wie das Big-Brother-Original wahres Leben vortäuscht, hätte der entmannte Reichstag wahre Politik simuliert. Alles bloß Schau für die Kameras, die aus dem „Hohen Hause“ die Bilder von spannenden Auseinandersetzungen übertragen hätten, die zu nichts weiter führen sollten als zur Berichterstattung über sie.

Aus der Frühverrentung des deutschen Parlamentarismus wurde aber nichts, weshalb den Bundestagswahlen weiterhin ungeschmälerte Bedeutung zukommt. Diese Nachricht trifft niemanden so hart wie die Sozialdemokraten. Die Umfragen bleiben mies. Der „Spiegel“ hat einen Insider aufgetan, der genüßlich von allerlei „Nickeligkeiten“ (hübsches Wort!) erzählt, die sich die Leithammel der Partei gegenseitig antun. Von der häßlichen kleinen Spitze bis zu gröbster Pampigkeit ist alles dabei. Zwischendurch piepst jemand einen haarsträubenden Vorschlag wie Entwick­lungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, die dem verzweifelten Kanzlerkandidaten als Wahlkampfschlager andient: „Frank, wie wäre es, wenn du die Vision einer atomwaffenfreien Welt betonen würdest?“ Steinmeiers Blick hätte ich wirklich gern gesehen.

Derweil sinkt das Niveau des Wahlkampfes immer weiter ab. Die einst kampagnengeschulte SPD hat es nicht mal vermocht, das fahrige Gefinger der Union in der Steuerfrage richtig aufs Korn zu nehmen.

Statt hier richtig aufzudrehen, überbieten die Sozen jeden schwarzen Ausrutscher mit einer noch kläglicheren Vorführung ihrerseits. Sigmar Gabriel fällt wie ein ausgehungerter Kojote über den Stromversorger Vattenfall her, und kläfft dabei ein Zeug zusammen, daß einem ganz anders wird: Im Kernkraftwerk Krümmel hat – mal wieder – ein Trafo schlappgemacht. Der steht außerhalb des Reaktors, ist also was Strahlung angeht so gefährlich wie eine Taschenlampe. Daraufhin fuhr sich der Reaktor sofort automatisch herunter, der Sicherheitsmechanismus hat also gegriffen. Doch jetzt kommt’s: Darin, daß der Sicherheitsmechanismus von Krümmel perfekt funktioniert hat, sieht der Umweltminister den Beweis dafür, daß der Sicherheitsmechanismus von Krümmel nicht funktioniert. Ja, ja, können Sie alles nachlesen.

Nebenbei legt Sigmar Gabriel ein Benehmen an den Tag, das eines 15jährigen Rüpels würdig wäre, der sich im Zenit seiner Flegeljahre sonnt. 50 Jahre Deutsches Atomforum seien „50 Jahre Lug und Trug“, keift der Minister. So beleidigend reden die mißratenen Rotzlöffel, die auf RTL von der „Super-Nanny“ zurück ins Gleis gebracht werden müssen, weil Mama resigniert hat.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil hat die Sendung gesehen und spontan neue Hoffnung geschöpft. Vielleicht gibt es ja doch noch eine Zukunft als sozial akzeptierte Mitglieder der Gesellschaft für die Problemfälle in der Parteispitze, durchzuckte es ihn. Am Ende sogar für den schreck­lichen Sigmar! Sofort griff er zum Hörer und siehe da: Super-Nanny Katharina Saalfrank ließ sich überreden, Heils Problemgenossen Manieren beizubringen.

Diesmal natürlich ohne Kameras. Muß ja nicht jeder sehen, den Haufen. Da in Berlin aber so gut wie nichts geheim bleibt, entwarf Heil vorsichtshalber eine Legende für den Fall, daß einer fragt, wozu die Sozen die Nanny bemühen müssen. Also heißt es, Frau Saalfrank absolviere mit Heil acht Wahlkampfauftritte in Schulen und Kindergärten, weil sie die SPD so toll finde.

Na ja, sehr glaubwürdig klingt das nicht gerade: Daß Kindergartenkinder schon einmal eine Wahl entschieden hätten, ist jedenfalls nicht überliefert. Wir werden in jedem Falle genau beobachten, ob Gabriel in den nächsten Wochen Fortschritte macht in logischem Denken und salonfähiger Ausdrucksweise. Kopf hoch, Sigmar! Das haben schon ganz andere geschafft! Manchmal.


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