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18.07.09 / In Kaczynskis Partei gärt es / Ex-Justizminister Ziobro fordert nach Wahlerfolg im Juni die Führung der PiS heraus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-09 vom 18 Juli 2009

In Kaczynskis Partei gärt es
Ex-Justizminister Ziobro fordert nach Wahlerfolg im Juni die Führung der PiS heraus

Unerfreuliche Schlagzeilen für die Spitze der rechtskonservativen Oppositionspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) brachten die neuen Umfragen der größten Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“. Lech Kaczyn-ski, der amtierende Staatspräsident und PiS-Kandidat für die kommende Wahl im Herbst 2010, verliert nicht mehr nur gegenüber anderen Parteien, sondern auch gegenüber Parteifreunden.

Dagegen gewinnt der neue EU-Abgeordnete der PiS, Zbignew Ziobro, zunehmend an Popularität und könnte Kaczynski gefährlich werden. Nach einer Umfrage würden 39 Prozent der Polen ihn gern zum Präsidenten wählen, während nur 19 Prozent Kaczynski das Amt erneut zutrauen. Untermauert wird dieser Befund durch eine Umfrage der Zeitung „Rzeczpospolita“, bei der Ziobro im direkten Duell mit dem stärksten Kandidaten, Ministerpräsident Donald Tusk, immerhin 31 Prozent erreichen würde, während der derzeitige Präsident Kaczynski nur auf 26 Prozent kam.

Seit der Europawahl, bei der Zbigniew Ziobro, der ehemalige PiS-Vize, einen großen Erfolg feierte, brodelt es in der Spitze der PiS. Ein Machtwechsel zeichnet sich ab, denn mit Ziobro gibt es jemanden, der einen Lichtblick für die in das Umfragetief abgerutschte Partei bietet: In seinem Wahlkreis holte der frühere Justizminister knapp 38 Prozent und wurde damit bester Kandidat der PiS, die insgesamt 27 Prozent erreichte.

Die Stimmung wurde umso mehr angeheizt, als Ziobro kurz nach der EU-Wahl in einem Radiointerview erwähnte, daß die Kommunikation der PiS nach außen einer Neugestaltung mit möglichen personellen Konsequenzen bedürfe. Da keine Namen genannt wurden, gab dies viel Anlaß für Spekulationen und Mißstimmung. Einige Zeitungen berichteten gar von einer möglichen Spaltung der PiS falls der Konflikt eskalieren sollte.

Eine größere Konfrontation blieb dann aber doch aus, da Ziobro derzeit die Hoffnung der Partei verkörpert und viele Mitglieder hinter sich hat, wie die EU-Wahl bewiesen hat. PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski spielte den Vorgang eher herunter und erklärte, daß er Ziobros Aussagen bereits mit ihm geklärt hätte und diese aus dem Zusammenhang genommen worden seien. Allerdings meinte er auch, Ziobro solle weitere Einmischungen eher vermeiden und „lieber Fremdsprachen lernen, weil ihm alles andere nicht immer so gut gelingt“. Solche Interviews,  so der PiS-Chef sinngemäß, regten auch andere dazu an, Parteiinternes mit der Presse zu diskutieren. Dabei dachte er offenbar an den PiS-Abgeordneten Arkadiusz Mularczyk, der sich ebenfalls in den Medien über die schlechte Wahlkampagne beschwert hatte. Die ungeschickte PR hätte einigen Kandidaten der PiS ihr Mandat gekostet, auch er selbst blieb bei der Wahl erfolglos. Laut einem Internetmagazin sagte Mularczyk wörtlich: „Wir sorgen uns um die Zukunft der Partei. Wir wollen, daß sie stark ist. Es sorgt uns, daß bestimmte Personen nur auf ihren Vorteil bedacht sind.“ – Das war offene Kritik an den PR-Beratern der PiS und damit an engen Vertrauten der Kaczynski-Brüder, die bekannterweise gern das Zepter in der Hand behalten wollen.

Hier wird nichts anderes gefordert, als die absolute Macht der Zwillinge mit der Partei zu teilen, vielleicht auch auf die Macht zu verzichten. Entsprechend gereizt wirkte Lech Kaczynski, als er von der Presseagentur PAP gefragt wurde, ob Ziobro sein Amt übernehmen könne. „Es trägt ja jeder Soldat den Marshallstab in seinem Tornister, und könnte sich zu höchsten Aufgaben und Ämtern emporarbeiten“, erwiderte er ganz präsidial mit Napoleons Worten. Ein Wechsel sei allerdings nur möglich, wenn er, Kaczynski selbst abtreten wolle oder wenn der liebe Gott ihn zu sich rufe.          Anna Gaul

 

Das darf der polnische Präsident

Er ist das Staatsoberhaupt der Republik Polen und steht an der Spitze der Exekutive. Der auf fünf Jahre direkt vom Volk Gewählte vertritt Polens Interessen im Ausland, kann internationale Verträge ratifizieren und kündigen und Botschafter einsetzen.

Der Präsident nimmt direkten Einfluß auf die Gesetzgebung, wenn er von seinem Vetorecht Gebrauch macht. Der Sejm kann sein Veto zwar ablehnen, benötigt hierfür aber drei Fünftel aller Stimmen. Bevor der Präsident ein Gesetz unterschreibt, kann er sich auch an das Verfassungsgericht wenden. Der Präsident benennt den Ministerpräsidenten unabhängig. In der Praxis berücksichtigt er allerdings, daß der Kandidat über eine ausreichende parlamentarische Mehrheit verfügt. Der Präsident ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und kann Volksentscheide anordnen.             A. G.


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