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25.07.09 / »Angestrengt bemüht« / Nachlese zum Polen-Besuch von Bundespräsident Köhler

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-09 vom 25. Juli 2009

»Angestrengt bemüht«
Nachlese zum Polen-Besuch von Bundespräsident Köhler

Die skeptische Einschätzung dieser Zeitung über den Verlauf des Besuchs von Bundespräsident Horst Köhler bei seinem polnischen Amtskollegen Lech Kaczynski vor elf Tagen hat eine klare Bestätigung gefunden. Wie der in Posen erscheinende Internetdienst „Polskaweb“ berichtet, erklärte die Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) der Kaczyn-ski-Brüder nur Stunden nach Köhlers Abreise, sie wolle bald nach der Sommerpause einen Gesetzentwurf zum Schutze der Polen gegen die Forderungen deutscher Vertriebener vorlegen.

Das Projekt erscheint insofern absurd, weil deutsche Vertriebene nach polnischem Recht schon jetzt nicht den Hauch einer Chance auf Wiedergutmachung haben. Allein deutschen Aussiedlern, die noch die polnische Staatsbürgerschaft haben, ist es in Einzelfällen gelungen, die Rückgabe ihres Eigentums zu erstreiten. Obwohl auch über diese Gerichtsverfahren immer wieder Merkwürdigkeiten verlauten, wird damit dem Völkerrecht zumindest in Einzelfällen entsprochen.

Höchstwahrscheinlich auf diese Fälle bezieht sich das geplante PiS-Gesetz, zumal Polskaweb daran erinnert, dass diese Partei kürzlich „Prozesskostenübernahme“ und „finanziellen Ausgleich für die durch deutsche Vertriebene zurückgewonnenen Immobilien“ gefordert hatte. Dazu solle nach dem Willen der PiS sogar ein staatlicher Fonds eingerichtet werden.

Beobachter gehen indes davon aus, dass ein solches Gesetz leicht zu einem politischen Eigentor für Warschau werden könnte. Eine intensive Debatte um offene Eigentumsfragen würde geradezu vom Zaun gebrochen, das Unrecht an den seitens Polen ohne jeden Ausgleich gebliebenen rund 8,5 Millionen deutschen Vertriebenen aus heute polnischen Gebieten würde in Erinnerung gerufen. Das ist ein hoher politischer Preis für die angestrebte Erleichterung für eine doch sehr kleine Gruppe polnischer Bürger. Denn dass die Zahl der Betroffenen von solchen Eigentumsrückgaben nicht groß sein kann, liegt auf der Hand: Von den deutschen Aussiedlern aus Polen sind nur diejenigen Betroffen, die sowohl ihre polnische Staatsbürgerschaft behielten als auch Grundeigentum hatten und seit 1989/90 erfolgreich prozessiert haben − vermutlich kaum mehr als wenige tausend Fälle.

Wie Polskaweb berichtet, haben sich die beiden Präsidenten in Warschau „mehr beäugt denn geschätzt“, da Kaczynski „unzweifelhaft auf Köhler psychischen Druck ausüben wollte“. Sein Ziel sei es gewesen, „von Köhler wei-testgehende Aussagen zum Vertriebenenproblem ... zu erhalten“, zumal Polen durch neue geschichtliche Erkenntnisse (gemeint sind offenbar Massengrab-Funde wie in Marienburg und die jahrzehntelang viel zu hoch angegebene Zahl polnischer Opfer in der Zeit des Zweiten Weltkriegs) international unter Druck geraten sei. Der Bundespräsident habe „die bohrenden Fragen allerdings früh durchschaut und elegant die Themen gewechselt“. – Auch der Berliner „Tagespiegel“ sieht die Dinge sehr nüchtern: „Das war kein Besuch zwischen Freunden. Es war die förmliche Visite eines Präsidenten bei seinem Kollegen im Nachbarland, während derer beide Staatsoberhäupter angestrengt bemüht waren, sich keinen Fehltritt zu leisten.         K.B.


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