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25.07.09 / Momentaufnahmen des Lebens / Eine Ausstellung mit Werken von Edward Hopper begeistert – Über 100 000 Besucher erwartet 

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-09 vom 25. Juli 2009

Momentaufnahmen des Lebens
Eine Ausstellung mit Werken von Edward Hopper begeistert – Über 100 000 Besucher erwartet 

Eine aktuelle Ausstellung mit Werken des Amerikaners Edward Hopper (1882–1967) im Hamburger Bucerius Kunst Forum lockt erstaunlich viele Besucher an. Hoppers Blick auf den Alltag fasziniert noch heute.

Die Malerei Edward Hoppers  zieht heute auf der ganzen Welt Menschen in ihren Bann. Seine Werke sind zum Inbegriff für die Melancholie des modernen Lebens geworden. Hoppers Blick auf das Alltägliche fasziniert den Betrachter durch eine Reduktion auf wenige Andeutungen, durch einen unterkühlten Realismus, der in gewisser Weise zeitlos wirkt. Die Stadt und mit ihr die Insignien der Moderne – Wolkenkratzer, Fabriken, Bahngleise, Autos und Schornsteine – prägen die Künstler der amerikanischen Moderne am Anfang des 20. Jahrhunderts.

Zum ersten Mal werden im Bucerius Kunst Forum Hamburg Hoppers Werke in den Rahmen anderer zeitgenössischer, amerikanischer Künstler und ihre Zeit gestellt. Für die Ausstellungsmacher durchaus ein Wagnis, denn die Werke Hoppers gelten als populär; die zeitgenössischen Kollegen des amerikanischen Malers dagegen sind hierzulande nahezu unbekannt. Doch der Erfolg gibt den Initiatoren aus New York, Hamburg und Rotterdam Recht. Seit dem Ausstellungsbeginn Anfang Mai besuchten bereits über 50000 Besucher die Ausstellung „Modern Life. Edward Hopper und seine Zeit“. Andreas Hoffmann, Geschäftsführer des Bucerius Kunst Forums, rechnet bis zum Ausstellungsende am 30. August mit über 100000 Besuchern.

Die Schau zeigt zwölf exemplarische Arbeiten Hoppers aus dem Whitney Museum of American Art (New York), die zusammen mit 84 weiteren Meisterwerken aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ausgestellt sind. Darunter Ikonen der amerikanischen Moderne wie Hoppers „Railroad Sunset“, Georgia O’Keeffes „Summer Days“ oder Max Webers „Chinese Restaurant“. Kritiker bemängelten an der Konzeption, dass berühmte Werke Hoppers (wie „Die Tankstelle“ oder „Die Bar an der Ecke“) fehlen würden; es stünde nur „Hopper drauf und wäre kaum Hopper drin“, krittelte ein Feuilletonist. Diese Anwürfe weist Hoffmann zurück, denn gerade darin liege die Stärke dieser Ausstellung. In Amerika seien Künstler wie Guy Père du Bois (1884–1958), Max Weber (1881–1961) oder Thomas Hart Benton (1889–1975) ebenso berühmt und anerkannt wie Hopper selbst. Die Stars der Ausstellung sind jedoch Hoppers Arbeiten. Sie entwickeln einen ganz eigenen Zauber, da sie auf berührende Weise die Melancholie des modernen Menschen darstellen. Die Erfahrung von Einsamkeit und Entfremdung, die der Mensch im industrialisierten Zeitalter der Maschinen macht, die Unfähigkeit, mit anderen in Kontakt zu treten, trifft auf ein Lebensgefühl, das keinen Ausweg aus dem Gefängnis der Moderne zu kennen scheint. So auch Hoppers Bild „South Carolina Morning“ (1955), das durch seine komponierten Gegensätze wirkt. Es zeigt eine junge Frau in rotem Kleid, ausstaffiert wie eine Hollywood-Diva, am Eingang eines baufälligen Farmhauses, das auf einem modernen Betonsockel ruht. Vor ihr ein kaum erkennbares Weizenfeld.

Aktuelle Fragen der Industrialisierung des frühen 20. Jahrhunderts, der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre setzt Hopper subtil in kühl wirkende Bilder um. Die Kontraste einer nicht verarbeiteten modernen Zeit machen seine Bilder zu Inszenierungen menschlicher Dramen. Über seine Weggefährten John Sloan und Charles Burchfield schrieb Hopper in einer seiner wenigen schriftlichen Äusserungen, die zugleich aber auch die eigenen Bilder charakterisieren könnten: „Der Anblick einer Asphaltstrasse in der brennenden Mittagssonne, Autos und Lokomotiven, die auf irgendwelchen gottverlassenen Abstellplätzen herumstehen, der dampfende Sommerregen, der in uns ein Gefühl hoffnungsloser Langeweile auslösen kann, die nackten Betonmauern und die Stahlkonstruktionen der modernen Industrie, hochsommerliche Straßen mit dem Giftgrün frisch gemähter Rasenflächen, verstaubte Fords und vergoldete Kinos – das drückend schwüle, schäbige Leben der amerikanischen Kleinstadt und hinter allem die triste Ödnis unserer Vorstadtlandschaften.“

Diese Gefühls- beziehungsweise Perspektivlage prägt die Bilder Hoppers und seiner Zeitgenossen. Motive der Sehnsucht oder Hoffnung, überhaupt religiöse Themen, fehlen daher fast ganz in den Bildern der Ausstellung. Es sind Momentaufnahmen des modernen Lebens. Die Bilder sind wie Fotografien, doch wirken sie als gemalte Bilder ungleich intensiver als Fotografien.         Hinrich E. Bues

Die Ausstellung im Bucerius Kunst Forum, Rathausmarkt, Hamburg, ist noch bis zum 30. August täglich von 11 bis 19 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr zu sehen. Anschließend wird sie vom 26. September 2009 bis 17. Januar 2010 in der Kunsthal Rotterdam gezeigt.

Foto: Edward Hopper: Seven A.M. (Sieben Uhr morgens)


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