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25.07.09 / Des Königs erste Wahl / Vor 250 Jahren starb Akademiepräsident Pierre-Louis Moreau de Maupertuis – Polemik mit Voltaire

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-09 vom 25. Juli 2009

Des Königs erste Wahl
Vor 250 Jahren starb Akademiepräsident Pierre-Louis Moreau de Maupertuis – Polemik mit Voltaire

Preußens Akademie der Wissenschaften erlebte während der Regierungszeit Friedrichs des Großen eine Blüte. Dem König gelang es Pierre-Louis Moreau de Maupertuis für die Präsidentschaft zu gewinnen. Der französische Mathematiker, Astronom und Philosoph blieb der einzige Akademiepräsident in der Ära Friedrichs II.

Gründungen von Akademien waren im 17. und 18. Jahrhundert üblich. Sie dienten der wissenschaftlichen Forschung und der Bearbeitung technisch-gewerblicher Probleme und standen so im Dienste des Staates. In Brandenburg-Preußen wurde die Akademie am 10. Juli 1700 durch den Kurfürsten Friedrich III. (1657–1713) in Berlin gegründet. Gottfried Wilhelm Leibniz hatte dazu die Pläne entworfen und wurde auch der erste Präsident. Seit 1701 hieß sie „Königlich-Preußische Akademie der Wissenschaften“. Da zunächst das Observatorium, in dem die Akademie untergebracht werden sollte, gebaut werden musste, erhielt die Akademie erst 1710 ihr Statut und wurde dann am 19. Januar 1711 offiziell eröffnet. Finanziert wurde die Akademie aus dem Monopol auf die Herstellung und den Verkauf von Kalendern und aus den (sehr geringen) Einnahmen einer in Köpenick neu angelegten Plantage von Maulbeerbäumen. Unter König Friedrich Wilhelm I. hatte die Akademie ein recht trauriges Schicksal und blieb nur dadurch bestehen, dass sie das ihr angegliederte „Theatrum Anatomicum“ der Ausbildung von Feldscherern (Feldärzten) für die Soldaten widmete.

Friedrich der Große, der sich für den Fortschritt der Wissenschaften interessierte, wollte die Akademie nach seiner Thronbesteigung wiederbeleben, musste allerdings eine ernsthafte Beschäftigung mit der Materie wegen des Ersten Schlesischen Krieges zunächst verschieben. Dann ließ der König ein neues Statut entwerfen, das am 24. Januar 1744 in Kraft trat. Es sah vier Klassen vor: die „Physikalische Klasse“, die „Mathematische Klasse“, die „Philosophische Klasse“ und die Klasse der „Belles-Lettres“. Außerdem gewann der König den damals international bekannten und angesehenen Wissenschaftler Pierre-Louis Moreau de Maupertuis für den Präsidentenposten.

Maupertuis wurde am 7. Juli 1698 in Saint-Malo geboren. Er war zunächst Soldat in einem Kavallerie-Regiment. Nebenher studierte er Mathematik und machte sich mit der Gravitationstheorie von Isaac Newton (1643–1727) vertraut, die er in verschiedenen Schriften öffentlich vertrat. Bereits 1723 wurde er in die „Académie des sciences“ in Paris aufgenommen. In ganz Europa bekannt wurde er durch eine von der „Académie“ und König Ludwig XV. (1710–1774) finanzierte Reise im Jahre 1736 nach Lapp­land, wo er die Länge eines Breitengrades vermessen sollte. Maupertuis Ergebnisse weichen von den heutigen Erkenntnissen nur um 2,249 Kilometer ab. Maupertuis, der durchaus eitel war, trug danach gern öffentlich die Tracht der Lappen.

Schon 1740 lud ihn Friedrich nach Berlin ein, obwohl das neue Statut noch nicht fertig war. Maupertuis begleitete den König in den Ersten Schlesischen Krieg, in dem er während der Schlacht bei Mollwitz vom 10. April 1741 in österreichische Gefangenschaft geriet und nach einem kurzen Aufenthalt in Wien wieder freigelassen wurde. Maupertuis, der in Paris wichtige Posten in der Wissenschaftsszene einnahm, gab schließlich dem Drängen Friedrichs nach und reiste Ende 1744 nach Berlin. Dort heiratete er am 25. August 1745 Eleonore von Borck.

Am 12. Mai 1746 wurde Maupertuis Präsident der Berliner Akademie. Friedrich mochte ihn sehr, trat in einen lebhaften Briefwechsel mit ihm, erwähnte seine Verdienste in seiner „Geschichte meiner Zeit“ und widmete ihm Oden und Episteln.

Maupertuis geriet 1752 mit dem in Den Haag lebenden auswärtigen Mitglied der Akademie Johann Samuel König (1712–1757) in Konflikt. Streitpunkt war die Frage, ob Leibniz oder Maupertuis das sogenannte „Prinzip der kleinsten Aktion“ als erstes erdacht hatte. Die gesamte mathematisch-wissenschaftliche Welt nahm Anteil. Auch Voltaire, der sich gerade in Potsdam aufhielt und Maupertuis nicht leiden konnte, mischte sich anonym ein und verfasste ein Pamphlet mit dem Titel „Diatribe du Docteur Akakia, Médicin du Pape“, in dem er in verletzender Form gegen den Akademiepräsidenten Stellung bezog.

Friedrich, der sich an die Seite seines Schützlings stellte, verbot Voltaire (1694–1778) die Veröffentlichung und ließ alle Exemplare der bereits in Berlin gedruckten Auflage konfiszieren. Der König verfasste sogar selbst eine direkt gegen Voltaire gerichtete gleichfalls anonyme Schrift „Lettre d’un académicien de Berlin à un académien de Paris“, in der der König den Präsidenten lebhaft verteidigte. Voltaire aber ließ in Leipzig eine andere Ausgabe drucken, von der König Friedrich in Berlin ein Exemplar am 25. Dezember 1752 öffentlich symbolisch durch den Henker verbrennen ließ.

In der Folge dieses Konfliktes verlor der König zwei Gesprächspartner, denn am 26. März 1753 musste Voltaire Potsdam verlassen, und wenige Monate später reiste auch Maupertuis aus Berlin ab. Sein Posten blieb während der Regentschaft Friedrichs unbesetzt. Maupertuis zog später nach Basel, wo er vor 250 Jahren, am 27. Juli 1759, im Hause eines anderen (auswärtigen) Mitglieds der Berliner Akademie, Johann II. Bernoulli (1710–1790), starb.  

Jürgen Ziechmann

Foto: Pierre-Louis Moreau de Maupertuis: Gemälde von Robert Levrac-Tournières


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