25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
25.07.09 / Holocaust als Geschäft / Jüdin übt beißende Kritik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-09 vom 25. Juli 2009

Holocaust als Geschäft
Jüdin übt beißende Kritik

Mit Handygesprächen und Zen-Meditationen in den Gaskammern von Ausschwitz schockiert die amerikanische Autorin Tova Reich in ihrem vierten Roman „Mein Holocaust“ die Leser. Dass es sich hierbei um eine übersteigerte Satire handelt, wird schnell deutlich. An der heiklen Frage, ob Satire und Holocaust überhaupt miteinander zu vereinbaren sind, scheiden sich insbesondere in Deutschland die Geister.

Tova Reich, selber Jüdin und Ehefrau von Walter Reich, der vier Jahre das Holocaust Museum in Washington geleitet hat, ist die Form der Satire durchaus gestattet. Sie macht sich über diejenigen lustig, die aus dem Holocaust Profit ziehen.

Dazu erzählt sie die Story über das Familienunternehmen Holocaust Connections Inc. Dieses Beratungsunternehmen wird von Maurice Messer, Direktor des prestigeträchtigen US-amerikanischen Holocaust Memorial Center, und seinem Sohn Norman geleitet. Maurice Messer hat sich angeblich im Zweiten Weltkrieg als Partisanenkämpfer einen Namen gemacht. Nach dem Verkauf seines Damenunterwäscheunternehmens setzt er gemeinsam mit seinem Sohn Norman voll auf das Produkt „Holocaust“, „da dieser noch mehr in Mode ist als verstärkte Büstenhalter und Lycra-Miederhosen“. Nun hat die einzige Enkelin Nechama, die im Roman den Titel „Holocaust Prinzessin“ trägt, den guten Ruf der Familie in den Schmutz gezogen: Sie ist als Schwester Consolatia dem katholischen Orden der Karmeliterinnen beigetreten, der sich quasi Tür an Tür zu dem Lager Ausschwitz befindet. Mit ihrer öffentlich geäußerten Meinung, dass nicht nur Juden, sondern auch Christen Opfer sind, schadet sie nicht nur dem Ansehen ihrer Familie, sondern auch dem Geschäft. Norman ist mit seinem Vater nach Ausschwitz geflogen, mit dem dringenden Auftrag seiner Ehefrau, die Tochter aus der „Gewalt“ der Karmeliterinnen zu befreien. Ganz nebenbei will sein Vater Maurice die schwerreiche Millionärin Gloria Bacon Lieb zu einer Spende für das Holocaust Memorial Denkmal bewegen.

Reich erschafft im Laufe des Romans eine Menge skurriler Figuren. Indem Reich den Holocaust in satirischer Form banalisiert, will sie diejenigen treffen, die ihn für ihre Zwecke missbrauchen und ihn dadurch verharmlosen. Die Autorin macht mit ihrer Kritik jedoch auch vor der Profitgier Angehöriger anderer Religionen nicht halt. So werden auch Buddhisten und Christen aufs Korn genommen. Wie Norman Messer herausfindet, besitzt der so bettelarme Karmeliterinnenorden Computer und „mischt technisch ganz vorn mit“.

Obwohl es sich bei „Mein Holocaust“ um einen unterhaltsamen Text handelt, ist die Handlung etwas dünn. Der Roman wirkt an einigen Stellen künstlich aufgeblasen und der Leser fragt sich, ob die Kritik Reichs nicht effektiver gewesen wäre, wenn sie auf den letzten Teil verzichtet hätte.             Vittoria Finzi

Tova Reich: „Mein Holocaust“, DVA, München 2008, gebunden, 331 Seiten, 21,95 Euro


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren