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01.08.09 / Keine Krise des Kapitalismus / ifo-Chef Hans-Werner Sinn erklärt die Weltwirtschaftskrise und ihre Folgen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-09 vom 01. August 2009

Keine Krise des Kapitalismus
ifo-Chef Hans-Werner Sinn erklärt die Weltwirtschaftskrise und ihre Folgen

Hans-Werner Sinn, Präsident des Wirtschaftsforschungsinstitutes ifo, zeichnet in „Kasino-Kapitalismus“ nach, wie es zur Finanzkrise kam, und gibt Ratschläge was jetzt zu tun ist. Seine durchaus fachkundigen Beiträge leiden jedoch an seinem etwas statischen Schreibstil. „Wie Abbildung 8,3 verdeutlicht“ oder „wie von Abbildung 7,4 abzulesen ist“ sind Formulierungen, die leider zu oft fallen. Zwar ist es schön, wenn er anhand von Graphiken das Gesagte belegt, doch leider stört das den Lesefluss. Und so richtig bahnbrechend sind die Aussagen des ifo-Chefs nicht. Wer im Laufe der letzten Monate nur ein paar „Spiegel“-Beiträge und Fernsehdokumentationen über die Wirtschaftskrise gelesen beziehungsweise gesehen hat, erfährt von Hans-Werner Sinn eigentlich nicht mehr viel Neues. Und um ehrlich zu sein, beispielsweise die „Subprime“-Krise und ihre Folgen hat der „Spiegel“ viel lebendiger geschildert, auch wenn Hans-Werner Sinn dafür nachdrücklicher auf den großen Fehler im US-System hinweist, dass dort die Immobilienkäufer nur mit dem Haus, nicht jedoch mit ihrem Vermögen im allgemeinen haften.

Bedrohlich wird es, wenn er aufzeigt, wie sehr die Eigenkapitalquote der Banken der verschiedenen Länder in den letzten Monaten zurückgegangen ist. Und wenn er vorrechnet, warum die Abwrackprämie alles andere als eine Umweltprämie ist, dann erscheint diese genauso abstrus wie so viele der dargestellten Finanzinstrumente, die erst zu der Krise geführt haben. So weist der Autor daraufhin, wie viel Energie und CO2 es kostet, ein Auto zu produzieren, obwohl die Neuwagen kaum weniger verbrauchen als ihre Vorgängermodelle von vor etwa zehn Jahren, die durchaus noch länger auf den deutschen Straßen hätten fahren können oder wenigstens als Gebrauchtwagen gewinnbringend ins Ausland exportiert hätten werden können. 5,6 Milliarden Euro wurden beispielsweise 2008 mit dem Export von Gebrauchtwagen umgesetzt. „Zum anderen ist es aus ökonomischer Sicht schon eine erhebliche Perversität, die Vernichtung ökonomischer Werte staatlich zu bezuschussen. Der Kasino-Kapitalismus wird mit dem Wegwerf-Kapitalismus bekämpft, welch abenteuerliche ökonomische Logik!“

Zwar erschienen Deutschlands Staatsschulden auch trotz Rettungspaketen angesichts der Staatsschulden mancher Nachbarländer immer noch im Rahmen, doch auch hier weist Sinn darauf hin, dass man die Verpflichtungen aus den Sozialsystemen hinzurechnen müsse, die in Deutschland besonders gut ausgebaut und somit teuer seien.

Sinns Fazit zur Krise und ihren Folgen: „Dabei geht es nicht um die Systemfrage an sich, wie manche meinen. Man sollte sich hüten, das Kind mit dem Bade auszuschütten, denn gegenüber dem wirtschaftlichen Chaos und der Gewaltherrschaft, die sozialistische Systeme mit sich gebracht haben, ist selbst die Finanzkrise mit ihren Auswirkungen ein kleines Problem. Die Finanzkrise ist keine Krise des Kapitalismus, sondern eine Krise des angelsächsischen Finanzsystems, das zum Kasino-Kapitalismus mutierte und leider auch in Europa immer mehr Nachahmer gefunden hat. Sie ist das Ergebnis der Unfähigkeit der internationalen Staatengemeinschaft, ein einheitliches Regulierungssystem für Banken und andere Finanzinstitute zu schaffen …“     Rebecca Bellano

Hans-Werner Sinn: „Kasino-Kapitalismus – Wie es zur Finanzkrise kam, und was jetzt zu tun ist“, Econ, Berlin 2009, gebunden, 359 Seiten, 22,90 Euro


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