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08.08.09 / Theorie und Praxis, Tür an Tür / Adlershof: Berliner Technologiepark hat sich zum zukunftsträchtigen Standort gemausert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-09 vom 8. August 2009

Theorie und Praxis, Tür an Tür
Adlershof: Berliner Technologiepark hat sich zum zukunftsträchtigen Standort gemausert

Adlershof im Südosten Berlins ist ein Magnet für Hochtechnologie-Firmen und Forschungsinstitute. Ein Lichtblick für die gebeutelte Wirtschaft der deutschen Hauptstadt.

Am Mittwoch eröffnet die Firma Sulfurcell ihr neues Fertigungswerk in Berlin-Adlershof. Der Hersteller von Solarzellen ist eines von gut 800 Unternehmen, die sich hier niedergelassen haben, einem „Gewerbegebiet de Luxe“ mitten in Berlin.

Wenn er auf Adlershof angesprochen wird, dann bessert sich die sonst so mürrische Miene von Harald Wolf (Linke), Berlins Wirtschaftssenator sofort auf. Vergessen ist die Tatsache, dass die Hauptstadt nach der Revolution Hunderte von Industriebetrieben verloren hat und dass die Zahl der Beschäftigten dort seit 1991 von einer Viertelmillion auf weniger als 100000 gesunken ist. Adlershof ist das Stichwort, das in keiner Politikerrede fehlen darf, wenn es um den Wissenschaftsstandort Berlin geht. Um Pioniergeist, Zukunft, Hoffnung, Arbeitsplätze. So betont Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gerne, dass Adlershof beispielhaft dafür sei, was die „Schaffung neuer und zukunftssicherer Arbeitsplätze“ angehe.

Es haben sich immer mehr Unternehmen und Institutionen dort angesiedelt, auch ausländische Investoren. Oder deutsche Firmen wie Jenoptik und die Telekom. Die Idealvorstellung für Adlershof ist: Berlins Universitäten bilden ihren naturwissenschaftlichen Nachwuchs aus, und wenn die Jungakademiker ihren Abschluss in der Tasche haben, dann wechseln sie nur die Straßenseite – und sind bereits bei ihrem Hochtechnologie-Arbeitgeber. Wirtschaft und Forschung, Praxis und Theorie, alles an einem Ort.

Indes leben bislang viele der Unternehmen vor allem von öffentlichen Fördermitteln. Es muss sich erst noch zeigen, ob sie mittelfristig auch ohne Staatsgelder auskommen. An der eingangs erwähnten Sulfurcell zum Beispiel ist Berlin selbst über die IBB Beteiligungsgesellschaft beteiligt. Das Unternehmen, das besonders dünne und kostengünstige Solarzellen herstellt, profitiert zudem von der grünen Energiepolitik, die Solarstrom stark fördert. Auch die wissenschaftlichen Einrichtungen wie das Max-Born-Institut (für nichtlineare Optik) werden vom Staat bezahlt.

Auf der anderen Seite wird der Umsatz in Adlershof von mehr als einer Milliarde beileibe nicht nur von supermodernen Forschungsfirmen erwirtschaftet, sondern auch von herkömmlichen Betrieben. Darunter finden sich Fliesenleger, Finanzberater, Zahnärzte oder eine Musikschule. Im Grunde sind es genauso wertvolle Unternehmen wie High-Tech-Firmen, aber sie entsprechen nicht dem zukunftsorientierten Wunschbild, das der Senat immer wieder zeichnet.

Der Stadtteil ist im Grunde so alt wie das Berliner Zentrum selbst. Die ältesten Wurzeln reichen zurück ins 12. Jahrhundert. 1754 wurden im Zuge der „Peuplierung“ Preußens durch Friedrich den Großen neue Einwohner ins Land gebracht. Deswegen wurde später 1754 als das Jahr der Gründung von Adlershof angesehen.

Seinen Anfang als moderner Wissenschaftsstandort nahm Adlershof vor genau 100 Jahren. 1909 wurde hier der erste deutsche Motorflugplatz eröffnet. Um ihn herum bildete sich schnell ein Zentrum von Fabriken, Flugschulen und anderen Unternehmungen. 1912 wurde die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt, der Vorläufer des heutigen Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), gegründet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelte die DDR hier die Akademie der Wissenschaften (AdW) und das Ost-Fernsehen an. Außerdem war das 12000 Mann starke Stasi-Wachregiment Feliks Dzierzynski hier kaserniert. Damals, als auch Angela Merkel noch hier gearbeitet hat, war Adlershof eingezäunt und für die Öffentlichkeit unzugänglich.

1990 schlug für Adlershof die Stunde Null. Nach der Vereinigung wurden die Ost-Institute abgewickelt. Bedauerlich, aber unvermeidlich. Der wissenschaftliche Entwicklungsstand war in der jahrelangen Isolierung der DDR stark zurückgefallen. Viele Fachkräfte gingen in den Westen.

Der Senat machte aus der Not eine Tugend und bot die nun freistehenden Gebäude Hochtechnologie-Firmen an. So wurde zwischen 1993 und 1997 ein „Elektronenspeicherring“ (Bessy II) errichtet. Immer neue Firmen und Institute, zum Beispiel aus den Bereichen Kommunikation, Medien, Optik, Solarenergie, Mathematik und Informatik siedelten sich nun an, sorgten dafür, dass der neue Wissenschaftsstandort ausgebaut werden musste. 14000 Beschäftigte tummeln sich hier bereits.

Heute ist das Gelände frei zugänglich. Der 100. Geburtstag des Standorts wird gefeiert. Am 7. und 8. September laden die Humboldt-Universität und andere Wissenschaftseinrichtungen zu einem Symposium unter dem Motto „Licht, Materialien, Modelle“. Und vom 18. bis zum 20. September gibt es eine Veranstaltung mit dem Titel „Schauplatz Adlershof: 20 Jahre Mauerfall, Berlin im Wandel.“             Markus Schleusener

Weitere Informationen im Internet unter www.adlershof-innovationen.de

Foto: Einst war hier auch das Stasi-Wachregiment stationiert: Junge Firmen in Berlin-Adlershof


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