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08.08.09 / Ritual, Entrüstung, Verführung / Badefreuden aus zwei Jahrtausenden – Eine Ausstellung zeigt die wechselvolle Geschichte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-09 vom 8. August 2009

Ritual, Entrüstung, Verführung
Badefreuden aus zwei Jahrtausenden – Eine Ausstellung zeigt die wechselvolle Geschichte

Wasser ist ein Lebenselixier, das sowohl der Reinigung als auch der Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens dient. Eine Ausstellung in der Residenzgalerie Salzburg widmet sich Badeszenen in der Kunst.

Da sitzen sie, Bruder Franz und Bruder Fritz, zu zweit in einer Wanne. Der Übermut spricht ihnen aus den Gesichtern. Und natürlich – als das alte Hausmädchen Lene geht, nicht ohne ermahnende Worte – da geht’s auch schon los mit der Keilerei unter Brüdern, die schließlich in einer großen Sauerei endet. Lene kann nur noch „voll Würde und voll Schmerz“ sagen: „Die Reinlichkeit ist nicht zum Scherz!“ Wilhelm Busch (1832–1908), der Meister der Bildergeschichten, beendet seine Geschichte „Das Bad am Samstagabend“ mit dem sinnigen Fazit: „Und die Moral von der Geschicht’: Bad zwei in einer Wanne nicht!“ Es blieb ärmeren Familien früher jedoch nichts anderes übrig, als eine Wannenfüllung für die ganze Familie zu nutzen, denn heißes Wasser war eine Kostbarkeit. Es musste mühselig auf dem Feuer erhitzt und dann in den Badezuber gekippt werden.

Aus der Zeit Wilhelm Buschs stammen zwei Badewannen, die in einer Ausstellung der Residenzgalerie Salzburg zu sehen sind: eine Schaukel- oder Wellenwanne aus Zinkblech, mit der man genüsslich das Wasser über den ganzen Körper verteilen konnte, und eine Sitzbadewanne, die am Fußende einen Behälter für heiße Steine oder Kohle hat. Durch Strampeln wurde das warme Wasser in der Wanne verteilt. Die Wannen, die den an heutigen Luxus gewohnten Badbenutzer eher an Folterinstrumente erinnern, sind jedoch nur Anschauungsobjekte zum Thema Badekultur. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Kunstwerke, auf denen Badefreuden aus zwei Jahrtausenden zu sehen sind – von der Antike bis zur Gegenwart. Abgerundet wird die mehr als 110 Objekte umfassende Schau von antiken Utensilien bis hin zu historischer Bademode.

Schon in der Antike nutzte man Wasser zum Baden und zelebrierte den Vorgang geradezu. Wasser wurde als Quelle der physischen und metaphysischen Energie gefeiert. Badeanlagen versprachen körperliche sowie spirituelle Reinigung. Das gemeinsame Bad mit dem anderen Geschlecht, das sich im Mittelalter als lustvolle Entspannung vom rauen Alltag großer Beliebtheit erfreute, wurde erst in späteren Epochen als unsittlich verdammt. Badende Frauen waren ein beliebtes Motiv in der Kunst, boten Badeszenen der künstlerischen Fantasie doch ungeahnte Möglichkeiten, den nackten Körper darzustellen. Kaum ein See, Meeresstrand oder Tümpel, an dem nicht eine Göttin, Nymphe oder Hirtin ihren Körper benetzte. Bis ins 18. Jahrhundert bedient sich die Kunst der vielfältigen Möglichkeiten, die in der bildlichen Darstellung mythologischer Begebenheiten zur Verfügung stehen, um Diana, Venus und Nymphen beim Badegenuss zu zeigen. Auch Szenen des Alten Testaments boten sich an: Die bekanntesten Sujets sind wohl Susanna und Bathseba. Beim Betrachten der Bilder ist die wechselvolle Geschichte der Badekultur nachzuvollziehen. Sittenwächter gingen schließlich sogar so weit, das Baden als schädlich zu verdammen. Ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert wurde es zunehmend zu einem wesentlichen Freizeitvergnügen, bis im 20. Jahrhundert die Badefreude zur Wellnesswelle hochschwappte und zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor wurde.

Nicht zu vergessen die medizinischen Seiten des Badens, die schon im 18. und vor allem im 19. Jahrhundert gepflegt wurden. Wer etwas auf sich hielt, fuhr zur Kur in ein See- oder Thermalbad. Man legte auch wieder gesteigerten Wert auf Hygiene. Die Zeiten, da man Körpergeruch mit Puder und Parfüms zu übertünchen versuchte, waren vorbei. Der Adel verfügte über private Badezimmer bereits nach Lust und Bedarf in jeder Epoche, wenn sie auch nicht immer ausgiebig benutzt wurden. So erzählt man sich die Anekdote von Kaiser Wilhelm I., der sich aus dem Hotel de Rome eine Badewanne bringen ließ, da sein Schloß über einen solchen Luxus nicht verfügte. Heute ist Baden und Schwimmen längst zu einem Freizeitvergnügen geworden, das sich auch in der zeitgenössischen Kunst widerspiegelt. Das Bild, das Johanna Kandl vom Frainer Stausee in Südmähren gemalt hat, zeigt eine typische Szene mit fliegenden Händlern und Erholungssuchenden. Silke Osman

Die Ausstellung „Badeszenen – Ritual, Entrüstung und Verführung“ in der Residenzgalerie Salzburg, Residenzplatz 1, ist bis zum 1. November dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet, Eintritt 6/5 Euro, Katalog 15 Euro.

Foto: Johanna Kandl: Ohne Titel (Am Stausee), Eitempera auf Holz, 2002


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