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15.08.09 / Angriff auf Karlsruhe / Nach dem Lissabon-Urteil: Juristen wollen Bundesverfassungsgericht stutzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-09 vom 15. August 2009

Angriff auf Karlsruhe
Nach dem Lissabon-Urteil: Juristen wollen Bundesverfassungsgericht stutzen

Anfang der Woche erschien in einigen Medien eine unscheinbare Meldung, die erst auf den zweiten Blick ihre politische Dimension entfaltete. 30 hochrangige Juristen fordern den Gesetzgeber auf, künftig das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) dazu zu verpflichten, Verfahren, die europarechtliche Fragen betreffen, zuerst dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorzulegen.

Die Professoren und Richter begründen ihr Anliegen damit, Justizkonflikte zwischen den beiden Häusern vermeiden zu wollen. Denn sollte das BVerfG gegen EU-Rechtsakte entscheiden, könnte die EU-Kommission Deutschland mit Strafgeldern belegen. Diese müssten dann dauerhaft bezahlt werden, da der Gesetzgeber Urteile des BVerfG nicht rückgängig machen könne.

Was wie echte Sorge klingt, hat jedoch einen Haken. Denn das BVerfG entscheidet ja nicht willkürlich gegen eine EU-Richtlinie. Wenn Karlsruhe ein Urteil fällt, dann, weil das EU-Recht nicht mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar ist. Wer also verlangt, dass das BVerfG in bestimmten Fragen durch das EuGH ersetzt wird, fordert nichts anderes als eine einseitige Unterwerfung von Karlsruhe gen Luxemburg. Doch selbst, wenn der Gesetzgeber diese beschließen sollte, so dürfte das BVerfG sich dem nicht fügen. Es ist nämlich dazu verpflichtet, die Verfassung zu wahren sowie dem Bundestag und dem Bundesrat die verfassungsmäßigen Grenzen aufzuzeigen. Diese Grenzen würden mit einer Bevorzugung des EuGH eindeutig überschritten werden.

Die Antragssteller würden aus einer „politischen Motivation heraus versuchen, die Autorität des BVerfG zu untergraben“, so Thomas Silberhorn, Sprecher der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag für Angelegenheiten der EU.

Nachdem Silberhorns CSU-Parteikollege Peter Gauweiler mühevoll eine Überarbeitung des Begleitgesetzes zum Lissabon-Vertrag in Karlsruhe erstritten hat, ist der aktuelle Antrag ein Aufbegehren seiner Kontrahenten. Zu den Unterzeichnern der Forderung zählen auch die Juraprofessoren und Bevollmächtigten des Bundestages im Lissabon-Verfahren Ingolf Pernice und Franz Mayer. Beide sind offenbar nicht bereit, das Urteil zum Begleitgesetz zu akzeptieren und wollen zumindest künftige Querschüsse aus Karlsruhe − denn das ist das Urteil offenbar in ihren Augen − vermeiden, indem sie die Verfassungsrichter in EU-Fragen entmachten. Pernice hatte schon Gauweilers Klage nicht nachvollziehen können. Für ihn war die Aufregung um Lissabon unnötig, handelte es sich doch nur um ein „paar neue Kompetenzen“ für die EU.         Rebecca Bellano


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