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15.08.09 / Schweinegrippe: Angstmacher sind unter uns

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-09 vom 15. August 2009

Moment mal!
Schweinegrippe: Angstmacher sind unter uns
von Klaus Rainer Röhl

Haben Sie auch letzte Woche den mit fünf Sternen ausgezeichneten Film „Aviator“ über diesen amerikanischen Geschäftemacher mit dem Flugzeugtick gesehen? Der schnappte am Ende über und wusch sich ständig die Hände. Aus Angst vor Bakterien. Eine Störung. Die Psychiater nennen das Waschzwang. Seit kurzem wollen uns die Zeitungen und das Fernsehen in einen kollektiven Waschzwang hineintreiben. Die neue Angstkampagne heißt Schweinegrippe. Alle sollen sich immer, wenn sie jemand angefaßt haben, waschen und möglichst bald impfen lassen. Allerdings erst ab Herbst, vorher ist der Impfstoff nicht fertig.

Mit Angst kann man Geld verdienen, das weiß jeder Puppenspieler. In meiner Studienzeit bin ich mit einem Kasperle-Theater über die Dörfer gezogen. Wir spielten meistens in Schulklassen. Künstlerisch wertvoll war unser Stück, bescheinigte uns der Schulrat des Landkreises Stade. Anderthalb Stunden Spieldauer mit lyrischen Einlagen. Aber am größten war die Aufmerksamkeit des Publikums, wenn Kasperle in Gefahr war, wenn der Zauberer ihn in eine Maus verwandeln oder die Hexe ihn vergiften wollte, mit einem Zaubertrank. „Kasperle!!“ schrien 200 Kinder wie am Spieß, „Paß auf, die Hexe will dich vergiften!“ Da hatten alle Angst.

Zum Glück gab der Kasper am Ende den Bösewichtern unter dem Jubel des Publikums eins mit seiner Keule. Mit der Latte auf die Platte! Zehn Pfennig kostete der Eintritt und deshalb ließen wir die Kinder ein bisschen Angst haben. Wir brauchten ja das Geld für unser Studium.

Die Kasperle-Spieler von heute sind die Zeitungen und die Fernsehmagazine. Die brauchen das Geld ebenfalls, und deshalb versetzen sie ihr Publikum täglich in Ängste, eine immer gruseliger als die andere.

Wir haben damals bei unserem spannenden Kasperle-Spiel natürlich selber keine Angst gehabt. Wir glaubten ja nicht an den Zauberer und die Hexe mit dem giftigen Zaubertrank. Aber die Generation, die heute Fernseh-Magazine moderiert und Zeitungen vollschreibt, glaubt wirklich an den „Atomtod“ und die Klimakatastrophe und die vergiftete Schokolade aus „genverseuchten“ Sojabohnen, „genmanipuliert“, wie bei Dr. Frankenstein.

Die Generation der heutigen Journalisten, diese von 68er Lehrern und Hochschullehrern gewaltfrei, angstfrei, repressionsfrei, oft auch lernstofffrei erzogenen, unheimlich coolen Kids, aufgewachsen ohne den schwarzen Mann oder Weih-nachtsmann, Struwwelpeter und Bleisoldaten, tut nicht nur so, als ob wir alle Angst haben müssten. Die steckt selber voller Ängste.

Es ist eine Generation, die ständig in Angst lebt. Und sie bestimmt, was in die Medien kommt – in „Bild“, „taz“ und „FAZ“ und in den vielen anderen Zeitungen, die heute fast einheitlich Angst verbreiten.

Alles ist schädlich. Der Strom, das Wasser, das Benzin im Tank, kein Gemüse mehr essbar. Dazu Aids, Überbevölkerung und Alzheimer. Auch schon mal Brille vergessen? Namen nicht behalten von einem SPD-Politiker? Auch Sie haben Alzheimer! Wenn nicht mit 80, dann eben mit 90. Haben Sie mal ruhig Angst. Alle haben sie.

Wenn man darauf angewiesen wäre, an diesen schönen Sommerabenden in seiner Wohnung zu sitzen und sich nur durch die Tageszeitung am Morgen und das Fernsehen am Abend zu informieren, wäre man übel dran. Jedenfalls wäre man manchmal annähernd so falsch und einseitig informiert über die Zeit und das Land, als lebten wir noch bei Onkel Ul-bricht in seiner DDR oder in der Nazi-Zeit. Aber da gab es ja wenigstens die „Feindsender“, BBC London oder den amerikanischen Soldatensender „Calais“ oder Radio Moskau. Irgendwie war man schon auf dem laufenden. Aber in unserer Zeit, im Sommer 2009, gibt es keinen „Feindsender“, und die vielen örtlichen Tageszeitungen und die 40 und mehr Fernsehsender, die wir über Kabel oder Satellit empfangen können, blasen eine einheitliche Melodie: Unglücksmeldungen, düstere Prognosen. Katastrophen, Überschwemmungen, Dürren, Erdbeben, Waldbrände, Meeresbeben mit Tsunami. Und alles, oder doch fast alles, sind Ka-tastrophen, an denen wir selber schuld sind. Selbstmord-Attentate in Afghanistan und im Irak mit durchschnittlich 20 Toten täglich. Nitrat im der Wurst, Salmonellen im Hühnerei, Rinderwahn im Steak, radioaktive Pilze, Grippevirus in der Gans, Schweinegrippe! Schuld daran sind immer die Kapitalisten, allen voran die USA – immer noch, trotz Obama. Der kann ja auch nicht überall sein und den Impfstoff für 200 Millionen Amerikaner aus dem Boden stampfen. Inzwischen rast das Unglück über die Welt.

Schmeckt dir dein Grillsteak noch, wo so viele kleine Babys in Darfur und Uganda hungern? Können wir seelenruhig unsere Frau lieben, während Menschen in Afrika an Aids sterben, weil sie keine Medikamente bezahlen können und wegen ihrer „Andersartigkeit“ keine Kondome mögen? Wir feiern hier Feste – und die hungern! Gut, dass wir da die Zeitungen, den Funk und das Fernsehen haben, die ständig auf der Hut sind, dass wir womöglich doch noch unbeschwerte Sommerferien genießen. Womöglich mit dem Flugzeug in den Süden reisen, bei dem Kohlendioxyd-Ausstoß.

Da passen die jungen, meist linken Redakteure und Redakteurinnen (=„RedakteurInnen“) höllisch auf. Wehret den Anfängen. Überall, hämmern uns die Genossen Journalisten ein, lauert der Tod: Waldsterben. Walsterben. Robbensterben. Seehundsterben. Schildkrötensterben. Igelsterben. Elefantensterben. Regenwald: fast gestorben. Artenvielfalt: gestorben. Klimaerwärmung: Polkappen schmelzen, Gletscher kommen ins Rutschen. 1990 noch Klimaabkühlung. Neue Eiszeit. Kältekatastrophe. (Noch 2008 toller Film: „New York im Eis“. Vergessen?). Danach wieder Klimakatastrophe. Wasserspiegel steigt (zwei Zentimeter bis zum Jahr 2030). Bildung von Hochfluten. Flußüberschwemmungen. Ausbleiben von Flußüberschwemmungen. Flüsse trocknen aus. Wasserspiegel sinkt (Baikalsee). Bildung von Wüsten. Berg schlägt zurück. Falsches Sitzen. Falsche Stühle. Falsche Tische. Falsche Betten. Falsch stehende Betten (Wünschelrute). Falsche Schuhe. Falsche Kleidung. Überall Gift.

Vorsicht, Kasperle, die Hexe will dich vergiften!

Ich würde sagen, keine Panik! Die Schweinegrippe gibt es, sie ist keine Erfindung. Aber die Schweinegrippe ist eine eher milde verlaufende Grippe. Lesen Sie im letzten „Spiegel“ „Das Geschäft mit der Spritze“. Kostet nur 3,70 Euro, das Heft, aber das Geld ist diesmal gut angelegt. Lesen Sie nach oder glauben Sie mir: Bei dem gegenwärtigen Presserummel wegen Schweinegrippe geht es hauptsächlich um Geschäfte und um Geld. Und um die Auflage der Zeitungen, die Einschalt-Quoten der Fernsehsender. Angst verkauft sich gut.

Aber waschen Sie sich getrost einmal mehr die Hände. Kostet ja nichts. Auch die kommende Impfung schadet sicher nichts. Und zahlen tut sie, dank Bismarck, immer noch die Krankenkasse. Aber nützen tut sie hauptsächlichen den Herstellern. Und den Verbreitern der Angst.


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