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15.08.09 / Bitter-süßes Leben / Ausstellung würdigt Zuckerbäcker

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-09 vom 15. August 2009

Bitter-süßes Leben
Ausstellung würdigt Zuckerbäcker

Seit 25 Jahren gibt es in Zürich ein Museum, das sich vornehmlich mit den angenehmen Seiten des Lebens beschäftigt. Vor allem Kaffeeliebhaber kommen im Haus am Seefeldquai auf ihre Kosten, denn dort stellt die Jacobs-Foundation ihre exklusive Sammlung aus und gibt Einblicke in die faszinierende Welt des Kaffees. Richtig gefeiert wird erst Ende November mit besonderen Aktionen, doch schon jetzt lohnt ein Besuch des Johann-Jacobs-Museums.

Eine Ausstellung führt in das bitter-süße Leben der Bündner Zuckerbäcker. Noch bevor nämlich die Schweizer Schokolade ihren Siegeszug um die Welt antrat, galten die Zuckerbäcker aus Graubünden als Exportschlager. Die jungen Männer zog es in die Fremde, um der Armut in ihrer bäuerlich geprägten Heimat zu entgehen. Das Handwerk lernten sie dann meist in Italien. Von dort gelangten sie bis nach Russland oder gar nach Übersee. Sie galten als besonders fleißig, sparsam und sauber und gewöhnten sich schnell an fremde Sitten und Gepflogenheiten. Ihr Weg führte sie meist über Venedig. Nach 1766 jedoch, als die Republik Venedig in einem Handelsstreit mit Rätien lag, wurden sie der Stadt verwiesen und breiteten sich über ganz Europa aus. Mitte des 19. Jahrhunderts soll es in über 1000 Städten etwa 10000 Bündner Zuckerbäcker gegeben haben. Zuckerbäcker aus Graubünden waren es auch, die das Marzipan nach Ostpreußen brachten. Nicht alle waren schließlich glücklich mit ihrer Entscheidung, die Heimat verlassen zu haben. Viele kehrten beizeiten zurück, andere wieder starben fern der Heimat und wurden in fremder Erde begraben. Wie unterschiedlich die Schicksale einzelner Zuckerbäcker waren, das kann man in der Ausstellung nachvollziehen. Historische Dokumente wie Briefe, Reisespesenabrechnungen, Aufenthaltsurkunden und Fotografien belegen die Lebenswege der Männer. Martin Stiffler (1831–1895) zum Beispiel führt der Weg quer durch Europa. Von Berlin ging’s über Königsberg nach Bordeaux und dann nach Warschau, bis er schließlich in Kiew landete. Als reicher Mann kehrte er mit Frau und fünf Kindern in die Schweiz zurück und schrieb seine Erinnerungen. Christian Matthäus Andrea (1843–1900) verschlug es als 14-Jährigen nach Helsinki. Aus ihm wurde ein erfolgreicher Hotelier. Berühmte Cafés waren Graubündner Gründungen wie etwa das Berliner Café Josty, das Café Chinois am Newski-Prospekt in St. Petersburg oder das Caffè Florian in Venedig.          Silke Osman

Die Ausstellung im Johann Jacobs Museum, Seefeldquai 17, Zürich, ist bis zum 14. Februar 2010 freitags von 14 bis 19 Uhr, sonnabends von 14 bis 17 Uhr und sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet, Eintritt 3/2 Euro.


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